Karl der Große im Norden. Elena Brandenburg
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СКАЧАТЬ kontextanalytische und transmissionszentriete Studien zu den einzelnen Texten aus dem Korpus der übersetzten riddarasögurriddarasögur sich zu einem der Schwerpunkte jüngerer Forschungen entwickelt haben.

      1.3.3. Altostnordistik: Tendenzen älterer und jüngerer Forschung

      Zu einer Marginalisierung der mittelalterlichen Literaturen Dänemarks und Schwedens innerhalb der älteren skandinavischen Literaturgeschichten trugen weniger sprachliche als vielmehr gattungsspezifische und überlieferungshistorische Aspekte bei: Die bereits oben erwähnten genuinen Hauptgattungen der westnordischen Literatur sind zwar – was ihre materielle Überlieferung betrifft – Zeugnisse einer hochmittelalterlichen, vom Christentum geprägten Kultur, ihr Ursprung liegt jedoch in der vorchristlichen, heidnischen Kultur des Nordens.1 Im Gegensatz dazu sind die altostnordischen Literaturen im Wesentlichen kontinental geprägt und beinhalten neben den religiösen Gattungen wie Legenden, Mirakel, Viten, Bibelübersetzungen und Psalmen auch weltliche, wie etwa Gesetze, Hagiographie, Chroniken, höfische Versromane und Balladen, die sich ebenfalls an christlich-ästhetischen Werten orientieren. In der Dichotomie originär – epigonal erhielten die vermeintlich ursprünglichen, da heidnischen Literaturen Norwegens und Islands einen höheren Stellenwert innerhalb der altnordistischen Forschung. Diese Ansicht wird von Vertretern der Ostnordistik kritisiert:

      Det kan godt være, at de gamle østnordiske sprogområder ikke kan prale af en overleveret litteratur på niveau med digtningen og sagaerne fra Island og Norge, men den østnordiske litteratur omfatter ikke desto mindre en bred vifte af teksttyper – fra krøniker til lovtekster, fra videnskabelige skrifter til religiøs poesi. […]. På trods af denne rigdom er østnordisk filologi længe blevet anset som den norrøne filologis «fattige slægtning».2

      Oder, um es mit Per-Axel Wiktorssons Worten auf den Punkt zu bringen: „Den östnordiska filologins ställning är svag“.3 Kernpunkte der altostnordistischen Forschungen waren bisher Einzelstudien mit philologischen, textkritischen und quellenhistorischen Aspekten.EufemiavisorNamnlös och Valentin4 Auch stand in erster Linie die altschwedische religiöse Literatur um die Offenbarungen der Heiligen Birgitta sowie die Überlieferungstätigkeit im schwedischen Kloster VadstenaVadstena lange Zeit im Fokus der Forschungscommunity,Vadstena5 während man die ostnordischen höfischen Texte stiefmütterlich behandelte. Wenn die höfische Übersetzungsliteratur des 13. Jahrhunderts einem exklusiven, auf dem Originalitätswert beruhenden Kanon unterworfen war – mit dem Verdikt der älteren Forschung, in den Übersetzungen ästhetisch anspruchslose Texte zu sehen –, so ist in Bezug auf die altostnordischen Texte von einer doppelten kanonisierenden Ausgrenzung seitens der Altnordistik zu sprechen, stellen sie gewissermaßen doch Bearbeitungen von „triviale[n] Verfallsprodukte[n]“6 dar, als welche übersetzte höfische Texte lange Zeit galten. In seinem Aufsatz zur höfisch-ritterlichen Epik in Dänemark macht Glauser schon 1986 den von der älteren, philologisch fixierten Forschung immer wieder diagnostizierten Mangel an thematischer wie ästhetischer Originalität verantwortlich für die Ausgrenzung, ja Diskriminierung einer ganzen literatur- und kulturgeschichtlichen Periode und kritisiert „den verdammenden Kanon“.7

      Die ostnordischen Bearbeitungen kontinentaler Stoffe sind weiterhin Gegenstand isolierter literaturwissenschaftlich ausgerichteter Untersuchungen. Eine breit angelegte Studie, die sich mit den Fragen der mittelalterlichen Transmission der Stoffe gen Schweden und Dänemark befasst, bleibt bisher ein Desiderat.8

      Ein verstärktes Interesse seitens der Forschung richtete sich in den letzten Jahren auf die EufemiavisorEufemiavisor, drei im Knittelvers verfassten altschwedischen höfischen Romane Herr IvanHerr Ivan, Hertig Fredrik af NormandieHertig Fredrik af Normandie und Flores och BlanzeflorFlores och Blanzeflor. Diese gelten als die ältesten in schwedischer Sprache erhaltenen Romane und „out of the almost complete silence of Swedish thirteenth-century vernacular literary culture, the three narratives step forward as remarkably advanced and voluminous pieces of work“.Eufemiavisor9 Die Bedeutung dieser ersten altschwedischen Romane für die einheimische Textproduktion ist immens:

      The international background of the EufemiavisorEufemiavisor provided a rich and fertile soil of texts, models, genres and literary practices which the target culture could benefit from to nurture a vernacular literature of its own.10

      Der internationale Hintergrund sowie die dynastischen Verflechtungen zwischen dem deutschen, schwedischen und norwegischen Hof im 13. und 14. Jahrhundert bilden die Ausgangslage jüngerer Publikationen rund um die EufemiavisorEufemiavisorEufemiavisorHerr IvanFlores och BlanzeflorHertig Fredrik af Normandie11 und andere volkssprachige Texte des schwedischen Mittelalters. Rezeptionsästhetische und literaturwissenschaftliche Aspekte stehen dabei im Fokus der Forschungen.Sammelhandschrift12 Eine 2013 gegründete Selskab for Østnordisk Filologi hat zum Ziel, zu einer besseren Vernetzung innerhalb der internationalen ostnordisch ausgerichteten Wissenschaft beizutragen.13

      1.3.4. Karls- und Dietrichdichtung

      Wie beschrieben richtete sich das Interesse der älteren Forschung vor allem auf die textkritische Analyse einzelner ostnordischer Textzeugnisse der Karlsdichtung: Philologische Studien und texthistorische Arbeiten dominieren die romanistischen und skandinavistischen Publikationen vor dem Hintergrund der mächtigen altwestnordischen Vorlage Karlamagnús saga, die als wichtige Zeugin bei der Rekonstruktion der zum Teil verlorenen altfranzösischen chansons de gestechansons de geste fungiert und darum einen besonderen Stellenwert im Rahmen der romanisch-skandinavischen Literaturbeziehungen einnimmt.1

      Während sich ältere Forschungen auf die Frage nach der hypothetischen gemeinsamen schwedischen Vorlage der Karl Magnus Krønike und des Karl Magnus sowie dem Alter der Texte konzentrierten,BørglumRoland2 dürfen zwei philologische Studien nicht unerwähnt bleiben, die auch für die aktuelle Forschung von unschätzbarem Wert sind. Zum einen ist es die 1959 erschienene Abhandlung David Kornhalls Den fornsvenska sagan om Karl Magnus. Handskrifter och texthistoria,3 die eine insgesamt sorgfältige und umfangreiche philologische Studie liefert. Ebenfalls eine umfassende philologische Analyse des dänischen Textes bietet Poul Lindegård Hjorths Filologiske Studier over Karl Magnusʼ Krønike,4 in derem ersten Teil das Verhältnis zur altwestnordischen Vorlage im Hinblick auf Abweichungen thematisiert wird. In ihrem zweiten Teil werden die altdänischen Zeugnisse der Karlsdichtung zueinander in Beziehung gesetzt, nämlich der Text aus der Børglumer Handschrift von 1480 sowie die beiden Drucke von 1509 und 1534, während sich ihr dritter Teil der Wortschatzstudie widmet. Diese Studie komplementiert die von Lindegård Hjorth herausgegebene kritische Edition der Karl Magnusʼ Krønike (1960).5 Das Augenmerk der älteren Forschung liegt jedoch – sicherlich auch ihrem Zeitgeist entspringend – hauptsächlich auf der Erforschung einzelner literarischer Textdenkmäler sowie auf deren textkritisch-philologischen Interpretationen und deren Sprachgeschichte.

      Im Folgenden werden nun Arbeiten vorgestellt, die sich primär mit den altschwedischen und altdänischen Textzeugnissen samt ihren Überlieferungszusammenhängen befassen. Zu nennen sind hier in erster Linie die Arbeiten Susanne Kramarz-Beins, die sich in ihrer Forschung auf den Bereich der Literatur- und Kulturbeziehungen im Mittelalter auf die altnordische, vor allem altwestnordische und vereinzelt altostnordische Karls- und Dietrichdichtung und der literarischen Milieu-Studien konzentriert.6 Hier ist primär ihr Aufsatz „Zur altostnordischen Karls- und Dietrichdichtung“7 zu nennen, in dem eine Übersicht einerseits über die Textzeugnisse (Karl Magnus Krønike, Karl Magnus und Didriks Krönika) geboten, und andererseits die ostnordische Balladenüberlieferung wie ostnordische Bilddokumente aus dem Karls- und Dietrich-Stoffkreis thematisiert werden. Als Fazit betont Kramarz-Bein die Zusammengehörigkeit der Karls- und Dietrichdichtung nicht nur im altwestnordischen, sondern auch im altostnordischen Literaturkontext, obgleich beide Kulturräume auf „verschiedenen Einfluss-Schienen des Kulturtransfers“8 zu verorten sind. Dies wird an ähnlichen Übersetzungs- und Kompositionsprinzipien und einem ostnordischen СКАЧАТЬ