Wissenschaftlich formulieren: ein Arbeitsbuch. Yomb May
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СКАЧАТЬ Deutung selbstverständliche Annahme von Mehrdeutigkeiten Unmittelbarkeit der Alltagspraxis systematisierte Distanz zur Alltagspraxis Ausschließliche Deutung und Bewältigung der unmittelbar gegebenen Realität hypothetische Vorwegnahme potentieller Problemsituationen pragmatische Motivation theoretische Motivation erfahrungsnahe Sprache erfahrungsferne, abstrakte Sprache im subjektiven und / oder kollektiven Bewusstsein aufgehobene und v.a. mündlich kommunizierte Erkenntnisse vor allem in schriftlicher Form kommunizierte Erkenntnisse

      Quelle: Hierdeis/Hug 1992:56f. (leicht modifiziert)

      Diese Gegenüberstellung macht deutlich: Alltagswissen entsteht nicht nach festgelegten Kriterien, sondern ist durch Subjektivität, Flexibilität und Kontextabhängigkeit gekennzeichnet. Die Entstehung wissenschaftlichen Wissens dagegen ist strenger geregelt, systematisch und kriterienorientiert. Für eine zweckmäßige Vermittlung der jeweiligen Wissensform ist daher eine spezifische Sprache notwendig. Daraus lassen sich die unterschiedlichen Merkmale beider Funktiolekte erklären.

Merkmale der Alltagssprache Merkmale der Wissenschaftssprache
Umgangssprachliche und dialektale Formulierungen Standardsprache und Fachbegriffe
Wertungen neutrale Ausdrücke
implizite Sprechweise explizite Formulierungen
einfache Sätze, Satzabbrüche hypotaktische Konstruktionen
Verbalstil Nominalisierungen, Funktionsverbgefüge und Partizipialkonstruktionen
unpräziser Wortgebrauch präziser Wortgebrauch
Wiederholungen wenig Wiederholungen
Füllwörter und Modalpartikeln keine Füllwörter und Modalpartikeln
Tendenz zu Aktiv Tendenz zu Passiv
grammatische Fehler idealerweise keine grammatischen Fehler
Gedankensprünge strukturierte Argumentation

      Charakteristisch für die Alltags- bzw. Wissenschaftssprache sind folgende Grundeigenschaften:

Alltagssprache Wissenschaftssprache
Spontaneität Dialogizität Kontextabhängigkeit Planmäßigkeit Monologizität Kontextunabhängigkeit

      Das bedeutet: In der Alltagskommunikation spricht man meist „drauf los“, weil Denken und Formulieren nahezu gleichzeitig stattfinden. In der Wissenschaftskommunikation dagegen steht dem Verfasser wesentlich mehr Zeit zur Verfügung, um seine Gedanken gezielt zu formulieren. Diese Grundeigenschaften der beiden Varietäten spiegeln sich in den oben genannten sprachlichen Merkmalen wider.

      Die Tatsache, dass in vielen studentischen Arbeiten alltagssprachliche Formulierungen begegnen, rührt nicht zuletzt daher, dass die Alltagssprache der geläufigste Funktiolekt ist. Solche Arbeiten lesen sich dann stellenweise wie eine mündliche Kommunikation.

      

(aus einer studentischen Abschlussarbeit):

       In der heutigen Zeit gibt es zu fast jedem beliebigen Thema Ratgeber in allen möglichen Formen, wie Bücher, Fernseh- und Radiosendungen, Internetforen oder (Online-)Videos. Im Alltag ist man immer wieder mit Situationen konfrontiert, in denen man sich beraten lässt: beim Einkauf, beim Arztbesuch, bei der Finanzberatung der Bank, beim Studium, im Beruf oder bei der Steuerberatung.

      Formulierungen wie zu fast jedem beliebigen Thema oder in allen möglichen Formen sind Sprachmuster aus der Alltagskommunikation. Dort haben sie ihre Berechtigung, weil es nicht um die wissenschaftliche Genauigkeit geht. Ihre Verwendung in einem wissenschaftlichen Text wirkt sich jedoch negativ auf dessen sprachliche Qualität aus.

Nicht so So formulieren Sie besser
Das ist verdammt schwer. Der Schwierigkeitsgrad ist hoch.
Die Entwicklung der Kulturtheorie in den letzten Jahren lässt sich nicht in wenigen Worten erzählen. Die Entwicklung der Kulturtheorie in den letzten Jahren lässt sich nicht in wenigen Worten zusammenfassen.

      Die Formulierungen der linken Spalte sind typisch für den Sprachgebrauch im Alltag. Will man den gleichen Inhalt in einem wissenschaftlichen Text kommunizieren, muss man auf wissenschaftssprachliche Ausdrücke wie in der rechten Spalte zurückgreifen.

      Zur Vermeidung oder Beseitigung von alltagssprachlichen Formulierungen und Ausdrücken in wissenschaftlichen Texten ist es notwendig, die Unterschiede zwischen der Sprache der Nähe (Alltagssprache) und der Sprache der Distanz (Wissenschaftssprache) in den Blick zu nehmen (vgl. Tabelle oben).

      Die Ansprüche an die Wissenschaftssprache Deutsch sind vielfältig. Sie betreffen vor allem drei große Bereiche:

       Wortwahl

       Satzbau

       Stilebene

      

Übung 4:

      a) Ordnen Sie die beiden Texte der Alltagssprache und der Wissenschaftssprache zu.

Text 1 Text 2
„Also ich bin sehr ein Sicherheitsmensch und hab auch heute noch ne Tendenz eher zu viel zu lesen zu nem Thema, es gibt ja verschiedene Typen. Die einen haben ne Idee und fangen mal an zu rödeln und zu basteln. Ich fühl mich immer sicherer wenn ich so das Forschungsfeld überblicke und deswegen sammel ich immer, also – fürchterliche Berge von Büchern. Ich weiß noch bei meiner Habilitation hat irgendwann mein Mann sich furchtbar beklagt, weil er immer noch Kisten für mich durch die Gegend geschleppt hat zurück zur Bib und von der Bib, also es waren wirklich – Wagenladungen“ (Krähling 2010:91) „Konrad Ehlich sieht die wissenschaftssprachliche Kompetenz vor allem als ein „Depositum“, als historische gewachsenen „Speicher“ domänenspezifischer kognitiver Prozeduren СКАЧАТЬ