Название: Pardona 3 - Herz der tausend Welten
Автор: Mháire Stritter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Das Schwarze Auge
isbn: 9783963319785
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»Nein …« murmelte der Troll schließlich. »Nein, das will ich nicht.«
Amadena lockerte den magischen Griff und Kaschmallarun sank langsam zu Boden. »Es kann ja doch sprechen. Ich dachte, du wärst nicht mehr als ein großer, nutzloser Hund.«
Sie setzte sich auf die neue Plattform, während Kaschmallarun sich schwer atmend erhob. Er blickte noch einmal hinaus in die Schwärze und murmelte etwas, das Acuriën nicht verstand. Es klang wie »Hond«.
Der Vorposten der Shakagra im Norden des myranischen Imperiums war in den letzten Jahrhunderten bereits beträchtlich gewachsen und seine Population übertraf die im Himmelsturm. Von hier aus waren Amadenas Kinder weiter ins Landesinnere und das Ewige Eis gezogen, um mehr Stützpunkte anzulegen. Ähnlich wie in Aventurien hielten sich die Dunkelelfen hier unter der Erde verborgen und wagten nur hin und wieder Überfälle auf vorbeikommende Reisende oder Siedlungen. Amadena wollte, dass sich dies nun änderte. Sie und ihr kleiner Trupp waren nur der Anfang. Mehr Krieger aus Ometheon sollten folgen und weitere Shakagra-Siedlungen auf dem neuen Kontinent anlegen.
Ähnlich wie in Aventurien herrschte in Myranor ein Machtvakuum, das Amadena auszunutzen gedachte. Das Imperium hatte sich in einem großen Erbfolgekrieg unter den verschiedenen Optimatenhäusern gegenseitig zerfleischt. Die magiebegabten Geschlechter schickten Monstren und Chimären in die Schlacht, die in den letzten Jahrhunderten, die der Konflikt jetzt schon tobte, ganze Landstriche verwüstet hatten.
Ausgelöst worden war der Krieg durch den plötzlichen Tod der sogenannten Archäer, den Begründern der verschiedenen Häuser. Sie nannten sich selbst Kinder der Mondgöttin Mada, hielten sich für Geschöpfe der Magie und waren für die Wesen in Myranor so fremdartig gewesen wie die fey in Aventurien. Sie hatte den Menschen einen Pakt angeboten und den Großteil des Kontinents so unter ihrer Herrschaft geeint, sich dabei aber auch mit den Menschen vermischt und ihre magische Macht weitergegeben. Vor einigen Jahren waren die reinblütigen Archäer alle von einer mysteriösen Seuche dahingerafft worden und mit ihnen war auch die Einigkeit der Häuser verloren. Das myranische Imperium lag in Trümmern, versunken in einem endlosen Bürgerkrieg. Es war genau der richtige Zeitpunkt für Amadena, um zuzuschlagen.
Es dauerte tatsächlich nur ein paar Jahre, bis Amadena geheime Stützpunkte im gesamten Norden des Kontinents errichtet hatte, jeder besetzt mit Hunderten von Shakagra und ausgestattet mit Chimärenlabors, um neue Monstrositäten zu erschaffen. In der Feste Serrakhaszmazar weit im Norden richtete sie ihren persönlichen Herrschaftssitz ein. Mit jedem neuen Trupp von Shakagra und anderen Dienern wucherten die Türme empor, wurden von Dämonen und magischer Kraft geformte Treppen und Galerien übereinander gehäuft, bis die Zitadelle wie ein vielleibiges Monstrum an einem schwarzen Berg über Gletschern hing.
Mit den Jahren fand auch Kaschmallarun so etwas wie einen Lebenswillen. Die Lethargie, die seine Verwandlung ausgelöst hatte, fiel nach und nach, je länger er Amadenas Gefangener war, von ihm ab. Stattdessen entwickelte er eine stets leise kochende Wut, eine misstrauische Wachsamkeit und Appetit für das Leid anderer. Vielleicht hatte der Einfluss des dhaza aber auch einfach länger gebraucht, den Troll zu korrumpieren, als Amadena dies vorausgesehen hatte. Sie setzte ihn zunächst als Anführer kleiner Überfalltrupps ein und schickte ihn gegen die Barbarenstämme des Nordens.
Sieben Jahre nach der Rückkehr Amadenas aus den Niederhöllen tobten die Kriege unter den myranischen Häusern noch immer – und ihre neue Armee war bereit. Immer tiefer drangen ihre Truppen in das Gebiet des zersplitterten Imperiums vor, sorgten für Chaos in den Grenzsiedlungen, terrorisierten die Garnisonen und zermürbten die bereits stark dezimierten Truppen der streitenden Häuser. Gleichzeitig suchte Amadena die Anführer der imperialen Fraktionen in vielerlei Gestalten auf. Meist trat sie als Gesandte eines der anderen Häuser auf, bot einen Pakt oder überbrachte eine Provokation. So hielt sie nicht nur den als Chimärenkrieg in die Geschichte eingegangenen Konflikt am Laufen, sie lenkte auch von ihren eigenen Vorstößen ab. Die streitenden Reiche der Menschen wurden täglich schwächer, während sich ihre Armeen und Magier gegenseitig zerfleischten und immer neue Terrormaschinen aufeinanderhetzten, deren Geheimnisse die mysteriöse Albin ihnen verraten hatte.
So gelang es Amadena und ihren Truppen nach nur wenigen Jahren, als Sieger aus einem vorher schier endlos wirkenden Konflikt hervorzugehen. Sie eroberte den Berg Baan-Bashur, den einstigen Sitz des Imperiums und seines Herrschers, des Thearchen. Dieser Thron war es, um den die Häuser seit Jahrzehnten stritten und in ihrem Hass und ihrem Eifer hatten sie zunächst nicht bemerkt, dass sich Amadena auf ihm niedergelassen hatte.
In nur sieben Jahren war die Tochter Pyrdacors wieder zur Herrscherin eines Reiches geworden. Zwar erkannte sie niemand als neue Thearchin an und es gab auch kein geeintes Imperium, über das sie hätte regieren können, doch ihre Schwarzalben hielten im nördlichen Teils des Kontinents weite Landstriche besetzt und hatten einen Keil bis in sein Zentrum getrieben. Die Herzen der Menschen waren leicht zu kaufen gewesen und eine Vielzahl entbehrlicher Söldner hatte sich Amadenas Feldzug angeschlossen, um die wenigen tausend Shakagra zu unterstützen. Wer sich ihr nicht anschloss, lernte schon bald die volle Grausamkeit der Schwarzalben kennen, deren dunkle Rüstungen schnell überall im ehemaligen Imperium zu einem Synonym für Tod und Zerstörung wurden. Ihre fahlen, toten Gesichter mit den schwarzen Augen und spitzen Ohren zu erblicken, kam dem Urteil eines langsamen Todes gleich.
Söldnertrupps, immer angeführt von Shakagra, marodierten in den Randgebieten von Amadenas Reich und beschäftigen den Widerstand der Optimatenhäuser lange genug, damit ihre Herrscherin selbst den Anführern neue Lügen in die Ohren flüstern konnte – und sie davon überzeugen, dass nicht die fremde Macht aus dem Norden die eigentliche Gefahr war, sondern dies nach wie vor eine Finte der konkurrierenden Häuser sei. Mehr als eines der Häuser Myranors war den Verlockungen des Goldenen Gottes bereits ohne ihr Zutun verfallen und somit fielen auch Amadenas Worte auf fruchtbareren Boden, als sie zu hoffen gewagt hatte. Sie hatte wenig Mühe, den extremeren Anhängern ihres Gottes immer höhere Posten in der Hierarchie des mächtigen und arroganten Hauses Chrysotheos zu verschaffen und letztlich half sie auch, eine unheilige Allianz zu besiegeln. Weit im Westen des Kontinents lag ein Land, so sehr dem Blut und dem Leid verschrieben, dass selbst die lasterhaften Imperialen es mieden. Das Land der Draydal, die die dunklen Kräfte des dhaza anbeteten und als Werkzeuge benutzten, um Armeen von Untoten zu erschaffen. Sie wurden zu Verbündeten der gewissenlosen Herrscherhäuser des Imperiums – und damit war eine neue Front entstanden, die Amadenas Aufstieg diente.
So wurde Amadena unter einem weiteren ihrer vielen Namen zur Imperatorin über ein in Flammen stehendes Reich, doch darum ging es ihr in diesem Fall nicht einmal. Es waren die Geheimnisse des Berges Baan-Bashur, wegen derer sie diesen Feldzug unternommen hatte. Als sie ihren Thron vom eisigen Norden ins Zentrum des Imperiums verlagerte, machte sie Kaschmallarun zu ihrem Statthalter in Serrakhaszmazar. Zunächst lehnte er ab.
»Herrin, Ihr könnt nicht von Euren Truppen verlangen, dass sie mir folgen, wie sie Euch folgen. Ich bin nur euer einfacher Leibwächter.« Der Troll hatte jetzt zwar seit Jahren verbissen auf Seiten der Shakagra gekämpft, die Verantwortung schien er aber zu scheuen. Zu Amadenas Unbill.
»Du hast die äußeren Sphären bereist, dem direkten Kontakt mit dem Nichts des dhaza getrotzt und die Niederhöllen gesehen. Du weißt mehr über die Schöpfung als jeder hier und meine Kinder wissen, dass es nichts mehr gibt, was dich einschüchtern kann. Sie werden dir folgen, so als würde dir der Thron im Eis gehören.«
Er trat das Amt an, denn er hatte keine andere Wahl.