Rund um das Bett der Anna von Österreich. Walter Brendel
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Название: Rund um das Bett der Anna von Österreich

Автор: Walter Brendel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783966511384

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СКАЧАТЬ zu verlassen und nicht mehr am Hof zu erscheinen.

      Denselben Befehl erhielte Mademoiselle de Verneuil, die im Übrigen der Obhut der Herzogin von Angoulême unterstellt wird.

      Anna war jetzt in ihrem einundzwanzigsten Jahr, aber vom Wesen her war sie viel jünger, ohne großen Ballast im Kopf und mit einer armseligen Bildung am Madrider Hof ausgestattet. Vor allem aber lebte sie seit jeher im frivolen Geplapper eines Frauenhauses, zuerst mit ihren spanischen Damen, die nichts wie dumme Streiche im Kopf hatten, dann mit ihren französischen Freundinnen, deren Reden ebenso frei wa-ren wie ihr Betragen. Sie liebte es, sich mit ihnen zu ergötzen und zu albern, freizügige Bücher zu lesen und gegebenenfalls mit den schönen Herren des französischen Hofes zu flirten, ohne dass es aber Konsequenzen hatte. Und weil sie diese Spiele nie zu weit trieb – mit diesen Edelleuten so wenig wie später mit Buckingham – , glaubte sie sich ohne Makel und verzieh sich alles. Im Herzen noch immer die spanische Infantin voll kastilischem Stolz, hatte sie von sich die höchste Meinung und fühlte sich über die Gesetze des Reiches erhaben, dessen Königin sie war.

      Dieser März 1622 war der armen Anna wahrlich nicht hold gewesen. Ihr brausendes, leichtes Blut tröstete sie jedoch über die Enttäuschung, sie war noch so jung, die Natur würde ihr eines Tages schon erlauben, ein Kind auszutragen. Dieses Vertrauen in die Zukunft lieh ihr für die Gegenwart eine wunderbare Unverwundbarkeit: Ihr törichter Lauf durch den großen Louvre-Saal war doch letztlich nur eine Kinderei, die übel ausgegangen war. Sie war gar nicht auf den Gedanken gekommen, dass der König von Frankreich diese kleine Dummheit als Verbrechen gegen seine Dynastie betrachten könnte. Sie hat in ihrem Innern nicht das atemlose Warten auf einen Dauphin gespürt, diese atemberaubende Hoffnung auf Fortbestand. Sie ist Königin von Frankreich auf dem Papier, nicht im Herzen. Durch dieses Drama wird sie wieder in das Land der Kastagnetten, jenseits der Pyrenäen zurückgeworfen.

      Die mühsam zustande gekommene Verzauberung ist zerbrochen. Von der Einzig-artigkeit ihres Gesichts bleiben nur Mängel übrig. Eine zu große Nase, austerngrüne Schlitzaugen, bonbonrosa Puppenwangen, und dazu ständig das spanische Kasperletheater: Geplapper, verstohlene Blicke, marionettenhafte Handbewegungen.

      War es der Mühe wert, sich anzustrengen und die künftige Mutter des Dauphins mit solcher Liebe zu umgeben und ihr zärtliche Worte zu schreiben? Er hätte seiner homosexuellen Veranlagung nachgeben können, wie sein Halbbruder Vendome, wie später sein zweiter Sohn Philipp von Orleans. Möglicherweise unterdrückt er diese Veranlagung wie auch andere Neigungen, weil er einen so hohen Begriff von seinen Pflichten hat. Trotzdem liebt er es, sich mit Männern zu umgeben, mit Baradas, Saint-Simon. Die frevelhafte Fahrlässigkeit der Königin hat diesen Hang bestärkt, wenngleich es nicht zur Ausübung kam.

      Anna fügte sich, aber mit Bitterkeit und Groll. Madame de Luynes, die Frau der tausend Listen, gab sich nicht geschlagen. Auf der Suche nach einem Schild gegen den königlichen Zorn schickte sie einen Edelmann zu ihrem Liebhaber, dem Herzog von Chevreuse – er war es schon zu Lebzeiten von Luynes –, und ließ ihn bitten, sie zu heiraten. Nachdem Madame de Luynes Monsieur de Chevreuse eingewickelt hatte, Apfel und Schlange in einem, wenn ich so sagen darf, und seine Gemahlin geworden war, gewann sie sowohl ihre Louvre-Wohnung zurück, die sie übrigens gar nicht verlassen hatte, als auch ihr Amt als Haushofmeisterin der Königin und damit ihr tagtägliches, behexendes Zusammensein mit Anna von Österreich.

      Dann kam ein englischer Lord, der nach Frankreich entsandt wurde, um die Eheschließung des Prinzen von Wales mit Ludwigs kleiner Schwester Henriette anzubahnen. Doch dazu mehr im nächsten Kapitel.

      Ludwigs Vertrauen in seine Gemahlin nach dem verhängnisvollen Sturz im Festsaal des Louvre weit mehr erschüttert war, als es zunächst schien. Trotzdem hätte man Ludwig diese rigorosen öffentlichen Maßnahmen nicht zugemutet. Damit verlor die Ärmste das Gesicht, und ein wenig verlor er es selbst. Dass Ludwig für Anna eine Art Kloster innerhalb des Louvre schuf, musste bei der Königin unwiderruflich aus-löschen, was sie noch an Zärtlichkeit für ihn empfinden mochte, und gleichzeitig tötete er dies in sich selbst.

      Anna erschien jetzt schöner, gelöster, weniger in sich gekehrt, und der König bemühte sich aufmerksamer um seine Gefährtin. Wie man von Héroard hörte, schlief er innerhalb von acht Tagen viermal in ihren Gemächern mit ihr, was wohl nicht darauf hindeutete, dass er nur einer dynastischen Pflicht genügte. Man hatte sich also getäuscht, als man dachte, seit der Eifersucht des Königs und der Einschließung der Königin sei alles unrettbar aus zwischen ihnen. Aber diese Umarmungen war sehr unglücklich, weil sie nicht mehr sein konnten als ein pflichtschuldiger Austausch. Und als dieser Umgang auf die Dauer auch nicht das erhoffte Ergebnis erbrachte, verzichtete Ludwig mehr und mehr darauf. Er schien damals jede Hoffnung verloren zu haben, Frankreich einen Dauphin zu geben, und Anna jede Hoffnung, ihn zurückzugewinnen.

      Die vernachlässigte Anna von Österreich träumt von der Liebe zu anderen. Die teuflische Circe, die Herzogin von Chevreuse, verdreht ihr den Kopf mit Erzählungen über England, die Engländer und den strahlendsten aller Engländer: den Herzog von Buckingham, den Günstling Karls I. Sie selbst ist „anglisiert“, bis ins Bett hinein: ihr damaliger Geliebter ist der Graf von Holland.

      Nach zweiundzwanzig Jahren kinderloser Ehe in wachsender Verbitterung hatte Anna am 5. Dezember 1637 eine schicksalhafte Begegnung mit ihrem Mann. Dieser, der eigentlich auf dem Weg in sein Jagdschloss bei Versailles war, musste wegen eines Unwetters seine Fahrt unterbrechen und übernachtete im Pariser Louvre, wo sich die Königin für den Winter eingerichtet hatte. Zur damaligen Zeit wurden in Schlössern nur diejenigen herrschaftlichen Räume beheizt, die auch bewohnt wurden. Der König sah sich also gezwungen, das einzige warme Schlafzimmer aufzusuchen: das der Königin. Neun Monate später brachte Anna am 5. September im Alter von knapp 37 Jahren ihr erstes gesundes Kind zur Welt, den späteren König Ludwig XIV. Anna führte die Geburt ihres Sohnes auf das Wirken von St. Fiacre zurück, weshalb sie im Jahre 1641 eine Wallfahrt nach Saint-Fiacre unternahm. Zwei Jahre später, am 21. September 1640, gebar sie einen zweiten Sohn, Philipp. Damit war ihre Position am Hof gesichert und sie musste nicht mehr mit der Abschiebung in ein Kloster rechnen.

      So glücklich der König über die Geburt des Stammhalters war, so offensichtlich war er bald eifersüchtig angesichts der Zuneigung seines Sohnes zur Mutter. Er machte ihr Vorwürfe, sie nehme diesen gegen ihn ein. Die Ehe blieb jedoch bis zum Ende unglücklich, und er hegte Zweifel, ob diese Kinder von ihm abstammten.

      In den letzten zwölf Jahren seines Lebens erlebte Ludwig XIII., wie unter der gemeinsamen Herrschaft mit Richelieu die Macht Frankreichs und die Macht des Königshauses in Frankreich immer weiter gestärkt wurden.

      Den Triumph über Kaiser und spanischen König aber bezahlte der tief religiöse König mit schweren Gewissensbissen. Die Knebelung des aufrührerischen Adels wurde mit dem Blut seiner Verwandten, seine Autorität durch die Hinrichtung seines letzten Favoriten, Henri Coiffier de Ruzé, Marquis de Cinq-Mars9, erkauft.

      Ludwig XIII. starb am 14. Mai 1643 in Saint-Germain-en-Laye. Man nimmt anhand der Symptome heute an, dass Ludwig der XIII. lange Jahre an Tuberkulose litt, und da dran auch verstorben ist. Weil man damals die genaue Ursachen der Krankheit nicht gut kannte, und sie auch nicht richtig behandeln konnte - gibt es nur wenige und wage Aufzeichnungen darüber.10 TBC soll aber bis zur 70% wahrscheinlich sein. Er wurde in der Grablege der französischen Könige, der Kathedrale von Saint-Denis, beigesetzt. Bei der Plünderung der Königsgräber von Saint-Denis während der Französischen Revolution wurde sein Grab am 15. Oktober 1793 geöffnet und geplündert, seine Überreste wurden in einem Massengrab außerhalb der Kirche beerdigt. Ludwig XIII. wollte bereits in jungen Jahren als „Ludwig der Gerechte“ in die Geschichte eingehen. Dabei verstand er Gerechtigkeit allerdings nicht im modernen Sinne, sondern im Sinne von patriarchaler Wiederherstellung von Gesetz und Ordnung. Ein verständlicher Wunsch nach jahrzehntelangen Bürgerkriegen und seinen Erfahrungen mit der nachgiebigen „Scheckbuchdiplomatie“ seiner Mutter und zerstörerischen Partikularinteressen СКАЧАТЬ