Название: Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen
Автор: Christoph Hillebrand
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Lehr- und Handbuch
isbn: 9783811488540
isbn:
3. Zustandekommen des Handelsvertreterverhältnisses
370
Das Handelsvertreterverhältnis ist vom Gesetz als Zweipersonenverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und seinem Auftraggeber, dem „Unternehmer“, ausgestaltet und aufgrund der Treuhandstruktur nicht synallagmatisch. Das Zustandekommen des Handelsvertretervertrags ist vom Abschluss der durch den Handelsvertreter vermittelten Verträge zu unterscheiden. Er kann formlos geschlossen werden. Lediglich die Übernahme des sog. Delkredere (§ 86b Abs. 1 HGB) oder eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots (§ 90a Abs. 1 S. 1 HGB) bedarf der Schriftform. Bei einvernehmlichen Vermittlungstätigkeiten einer Partei kann der Vertrag stillschweigend geschlossen sein.
371
Hersteller und Fachhändler können bei sehr lockerer Verbindung zuerst einen bloßen Rahmenvertrag ohne wechselseitige Rechtspflichten schließen; je enger die Verbindung wird, desto mehr mag die einzelne Verkaufsleistung hinter die dauerhafte Vermittlung der Produkte zurücktreten und das Verhältnis Dienstleistungscharakter annehmen. Handelt der Fachhändler dann nicht (z.B. als Vertragshändler oder im Franchisesystem) im eigenen Namen und für eigene Rechnung, sondern vermittelt er die Kundenverträge etwa nach Katalog direkt mit dem Hersteller (oder handelt sogar als Vertreter in dessen Namen), kommt Handelsvertreterrecht zur Anwendung.
Das kann auch dann gelten, wenn der Fachhändler als Kommissionsagent zwar im eigenen Namen aber auf Rechnung des Herstellers Verkäufe tätigt (vgl. §§ 383, 406 HGB), dazu aber als Vertriebsmittler „ständig betraut“ ist und deshalb eine Zwischenstellung zwischen dem Kommissionär und dem Handelsvertreter einnimmt.[170]
a) Dienstvertragliche Bemühenspflicht
372
Der Handelsvertreter hat sich nach § 86 Abs. 1 HGB um die Vermittlung bzw. den Abschluss von Geschäften zu bemühen, also professionelle Anstrengungen in diese Richtung zu entfalten. Im Unterschied zum Handelsmakler (§ 93 Abs. 1 HGB, ebenso zum Zivilmakler, § 652 BGB), den keine Tätigkeitspflicht trifft, übernimmt der Handelsvertreter eine dienstvertragliche Bemühenspflicht als Kehrseite seiner ständigen Betrauung. Der Handelsvertreter hat das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen (§ 86 Abs. 1 HGB), insb. das Vertriebsinteresse und ist im Rahmen seines Dauerschuldverhältnisses gerade damit „ständig betraut“ (§ 84 Abs. 1 HGB).
b) Interessenwahrung
373
Ihn trifft darüber hinaus eine allgemeine Interessenwahrungspflicht,[171] die sich auf seine gesamte Tätigkeit erstreckt und z.B. auf Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen des Unternehmers gerichtet ist und über die Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses hinaus reicht (vgl. § 90 HGB).
Nach § 86 Abs. 2 HGB hat der Handelsvertreter alle erforderlichen Nachrichten und Auskünfte zu geben. Die Benachrichtigungspflicht betrifft insb. seine Vermittlungstätigkeit, also die Abschlussbereitschaft eines Dritten und von ihm getätigte Geschäftsabschlüsse. Er ist verpflichtet, über den Stand seiner Bemühungen und die Aussicht auf Abschlüsse auf Verlangen ebenso Auskunft zu geben, wie über Einzelheiten seiner Tätigkeit, angewandte Werbemethoden, vorbereitende Abreden, aber auch die Annahme von Schmiergeldern ebenso wie über relevante eigene Krankheiten.
Art, Inhalt und Häufigkeit der Berichte bestimmen sich nach dem objektiven Interesse des Unternehmers von Fall zu Fall, u.U. können, etwa bei Umsatzrückgang, wöchentliche Kundenbesuchsberichte verlangt werden. Es gilt subsidiär § 666, wobei eine Rechenschaftspflicht aufgrund des Handelns in fremdem Namen wohl mehrheitlich unnötig sein wird (vielmehr umgekehrt, vgl. § 87c HGB im Hinblick auf Provisionsansprüche).
374
Das Handelsvertreterverhältnis ist eine treugebundene Geschäftsbesorgung, bei der die Information des Geschäftsherrn und das Befolgen seiner Weisungen (§ 665) für die Interessenwahrnehmung wesensnotwendig sind. Diese Pflicht kann deshalb durch Vertrag konkretisiert und erweitert, nicht aber ausgeschlossen werden (vgl. auch § 86 Abs. 4 HGB).
375
Verstöße gegen diese Pflichten machen schadensersatzpflichtig (§ 280 Abs. 1 BGB) und berechtigen ggf. zur außerordentlichen Kündigung des Handelsvertretervertrages (§ 89a HGB).
Eine Einstandspflicht für die Erfüllung der Verbindlichkeiten aus vermittelten oder abgeschlossenen Verträgen (Delkredere) trägt der Handelsvertreter nur bei besonderer Vereinbarung nach § 86b HGB und nur gegen zusätzliche Vergütung (Delkredereprovision).
c) Wettbewerbsverbot
376
In rechtlicher Hinsicht ist eine Tätigkeit für Konkurrenzunternehmen danach zu unterscheiden, ob diese während der Vertragslaufzeit oder nachvertraglich erfolgen soll. Aus der Pflicht zur treugebundenen Interessenwahrung, insb. der Förderung der Vertriebsinteressen des Unternehmers, ist dem Handelsvertreter die Vermittlung von Konkurrenzprodukten innerhalb seines Sortiments untersagt. Zwar gilt für ihn nicht § 60 HGB (Wettbewerbsverbot für angestellte Handlungsgehilfen), der dort die Treupflicht als bloße Nebenpflicht konkretisierende Rechtsgedanke trifft auf ihn aber umso mehr zu, als hier die Treupflicht eine Hauptpflicht ist.[172]
377
Er wird dadurch nicht zum Ein-Firmen-Vertreter i.S.d. § 92a HGB, sondern ist nur hinsichtlich Substitutionsgütern in seinem Sortiment beschränkt (etwa im Vertrieb von Weinen hinsichtlich benachbarter Anbaugebiete). Dies gilt gleichermaßen für anderweitige Gewerbebetriebe des Handelsvertreters (Bsp.: Betreibt der Handelsvertreter eine Markentankstelle, gilt das Wettbewerbsverbot für Schmierstoffe anderer Hersteller auch für eine von ihm rechtlich verselbstständigt betriebene Autowerkstatt; Ausnahmen können sich dort jedoch daraus ergeben, dass Motorenhersteller die Verwendung bestimmter Markenöle empfehlen und Werkstattkunden darauf beharren könnten).
378
Mit der Vertragsbeendigung fällt auch die Pflicht zur Interessenwahrung weg und mit ihr das Wettbewerbsverbot. Ein nachvertragliches kann nur unter den Voraussetzungen des § 90a HGB in schriftlicher Form vereinbart werden. Dazu gehören die zeitliche Begrenzung auf maximal zwei Jahre und die räumliche und gegenständliche auf den früheren vertraglichen Tätigkeitsbereich des Handelsvertreters, der dafür dann eine Karenzentschädigung fordern kann.
d) Folgen von Wettbewerbsverstößen
379
СКАЧАТЬ