Grundlagen der Funktionswerkstoffe für Studium und Praxis. Janko Auerswald
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       3D: Ausscheidungshärtung

      Kaltverfestigung kann zum einen erwünscht sein, wenn es darum geht, bei Blechen eine möglichst hohe Streckgrenze zu erreichen (Festigkeitssteigerung). Kaltverfestigung ist aber dann unerwünscht, wenn es darum geht, über Kaltumformverfahren Halbzeuge und fertige Teile mit einem hohen Verformungsgrad herzustellen. Über den Vorgang der Rekristallisation lassen sich die Folgen einer Kaltumformung (Kaltverfestigung) rückgängig machen, so dass der Werkstoff sein ursprüngliches Formänderungsverhalten zurückbekommt.

      Die Rekristallisation beruht darauf, dass der Werkstoff durch die Kaltumformung eine höhere innere Energie erhält und die Tendenz hat, in einen energieärmeren Zustand zurückzukehren. Dies ist bei erhöhter Temperatur möglich. Die entsprechende Glühbehandlung heißt Rekristallisationsglühen. Bei der Rekristallisation, die oberhalb einer Temperatur von etwa 40 % des Schmelzpunktes (in Kelvin) des Metalls oder der Legierung abläuft, wachsen aus Energiezentren (z. B. Gitterfehler wie Versetzungen) neue Körner, so dass ein gleichmäßiges Gefüge aus unverformten Körnern entsteht. Wird die Glühzeit überschritten, kommt es zu einer Kornvergröberung. Dies ist in der Regel nicht erwünscht, weil damit die Sprödigkeit zunimmt.

      Die Rekristallisationstemperatur TRekr als 0.4-Faches der Schmelztemperatur TM (in Kelvin gerechnet) ist ein Unterscheidungsmerkmal zwischen Kalt- und Warmumformung:

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      Eine Umformung oberhalb der Rekristallisationstemperatur ist definitionsgemäß eine Warmumformung, unterhalb der Rekristallisationstemperatur eine Kaltumformung. In diesem Sinne ist eine Umformung von Eisen bei 400 °C eine Kaltumformung, eine Umformung von Zinn bei 40 °C hingegen eine Warmumformung. Auf der Kalt- bzw. Warmumformung basieren einige wichtige Umformverfahren, z. B. Kaltwalzen (Verfestigung der Bleche) und Warmwalzen (,,beliebige“ Umformgrade möglich).

      Keramiken und anorganische Gläser sind spröde. Plastische Verformung durch Versetzungsgleiten findet nicht statt. Möglich hingegen ist Kriechen, d. h. Diffusion bei hohen Temperaturen. Keramiken besitzen eine hohe Druckfestigkeit, auch bei hohen Temperaturen. Die Zug- und Biegefestigkeit ist wegen der Öffnung von Rissen unter Zugspannung und Sprödbruch wesentlich geringer und streut sehr stark entsprechend der Weibull-Statistik. Keramiken haben einen großen E-Modul und eine geringe Wärmedehnung.

      Kunststoffe bestehen aus Makromolekülen. (Man kann sich Makromoleküle als Teller voller Spaghetti vorstellen!) Es gibt also keine atomare Kristallstruktur wie in Metallen und deshalb auch kein Versetzungsgleiten. Die plastische Verformung erfolgt durch das Abgleiten der Makromoleküle gegeneinander. Die Festigkeit wird somit nicht definiert durch die starken Primärbindungen in der Polymerkette, sondern durch die wesentlich schwächeren Sekundärbindungen zwischen den Ketten.

      Einfluss des Vernetzungsgrades Mit zunehmender chemischer Vernetzung (,,Zu-sammenkleben der Spaghetti“) wird das Abgleiten der Makromoleküle schwieriger, d. h., ein hoher Vernetzungsgrad bedingt eine hohe Festigkeit. Thermoplaste besitzen keine chemischen Vernetzungen zwischen den Makromolekülen und sind wieder einschmelzbar. Elastomere besitzen einen geringen Vernetzungsgrad (z. B. Gummi, stark reversibel dehnbar). Duroplaste weisen einen sehr hohen Vernetzungsgrad auf. Ihre Festigkeit ist relativ hoch, aber immer noch wesentlich niedriger als jene von Metallen.

      Einfluss der sterischen Behinderung Vor allem in unvernetzten Thermoplasten hat die sterische (räumliche) Behinderung der Makromoleküle beim Abgleiten einen hohen Einfluss auf die Festigkeit. Eine starke sterische Behinderung führt zu einer hohen Festigkeit. Als sterische Behinderungen gelten:

       • große Seitengruppen (Chloratome in PVC, Methylgruppen in Polypropylen PP, Benzolringe in Polystyrol PS)

       • verzweigte Seitenketten

       • Benzolringe in der Hauptkette (zum Beispiel Polyimid, Abb. 2.27)

       • sehr lange Makromoleküle

       Qualitativer Vergleich der Festigkeiten verschiedener Werkstoffklassen