Die wilde Reise des unfreien Hans S.. Martin Arz
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Название: Die wilde Reise des unfreien Hans S.

Автор: Martin Arz

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783940839541

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СКАЧАТЬ Säufer und Spieler ist er, der feine Herr Leinhart Richartinger!«, rief Josef.

      »So kann man es auch nennen«, stimmte Hans fröhlich zu.

      »Meiner auch«, sagte Max. »Wemher Pentznauer. Für den kam der Kreuzzug gerade rechtzeitig, um sich vor der Verwandtschaft seiner Frau in Sicherheit zu bringen, nachdem er ihre Ländereien verspielt hatte. Ja, Max der Sendlinger dient einem Spieler und Hurenbock.«

      »Sendling?«, fragte Hans. »Du bist aus Sendling? Oh, jetzt begreife ich.« Er schlug sich an die Stirn. »Ich hab bei deinem Namen nie … alles klar. Max der Sendlinger. Wie dumm von mir.«

      »Ja. Max der Sendlinger bin ich. Und der edle Ritter Wemher Pentznauer ist mein Onkel. Aber das muss unter uns bleiben.«

      »In Sendling war ich schon einmal«, sagte Hans. »Ein ödes Nest.«

      »Stimmt. Ich war auch schon mal in München. Auch nicht viel los«, entgegnete Max.

      »In Giesing und Schwabing war ich auch schon. Und in Pasing!« Hans wollte zeigen, dass er vor dem großen Abenteuer Kreuzzug bereits einiges von der Welt gesehen hatte.

      »Giesing«, wiederholte Max der Sendlinger und ließ den Blick sehnsuchtsvoll in die Ferne schweifen. Er zupfte ein paar Töne auf der Laute. »Da hatte ich mal ein Mädchen …«

      Hans und Josef sahen sich an und brachen in schallendes Gelächter aus. Mädchengeschichten. Maulhelden waren sie alle drei, was Mädchen anging. Jeder hatte eine große Klappe, und alle wussten, dass in Wahrheit nichts dahinter war.

      Eine größere Gruppe von Burschen kam vorbei. Alle noch nackt. Sie trugen ihre Kleider zusammengerollt mit sich. Hier gab es noch keinen Grund, sich zu bedecken. Erst kurz bevor sie die Zelte des Begleittrosses erreichten, zogen sie sich für gewöhnlich an. Denn ab da bestand die Gefahr, dass sie Frauen begegneten. Gaudi hin oder her, ein wenig Sittsamkeit mussten angehende Ritter schon zeigen. Sie beachteten die drei Bayern nicht. Französische Knappen, die sich für etwas besseres hielten, weil sich ihre Herren für etwas Besseres hielten. Was für Lackaffen. Etwas Besseres waren sie alle. Knappen eben. Junge Kerle aus dem einfachen Landadel oder Söhne städtischer Patrizier, die eine Ausbildung zum Ritter absolvierten. Eine Aufstiegsmöglichkeit, die kein gewöhnlicher Niedriggeborener jemals in diesem von Gott genau so und nicht anders gewollten Gesellschaftssystem bekommen würde. Alle ihre Väter waren jemand in ihrem jeweiligen Mikrokosmos. Hans’ Vater beispielsweise war Münchner Bürger, relativ wohlhabend dank der Einkünfte aus einem Gutshof im Dorf Schiltberg. Hans und fast alle anderen konnten lesen und schreiben. Also bitte, französische Lackaffen, elendige. Ganz abgesehen davon hätten sie einander nicht verstanden, denn keiner beherrschte die Sprache des anderen. Nur ein großer Blonder sah kurz herüber und begegnete Hans’ Blick. Der Blonde lächelte und nickte kurz. Hans nickte zurück. Vielleicht doch nicht alle arrogant, dachte er sich. Einem so blonden Menschen war Hans noch nie begegnet, wie man sah, war er nicht nur auf dem Kopf hellblond, fast weiß wie Flachs. Aber Hans hatte sich beim Aufbruch vor Monaten schon seelisch darauf eingestellt, dass er Menschen begegnen würde, die anders sein würden, als das, was er aus seiner Heimat kannte.

      »Mein Herr hat die Zeit bis zum Treffen in Buda jedenfalls bestens genutzt, um ein paar edle Jungfrauen in anderen Zuständen zurückzulassen und seine Kriegskasse fast komplett zu verspielen«, sagte Hans Schiltberger. Das stimmte zwar im Wesentlichen, Spieler, Frauenbeglücker und Säufer – in dieser Reihenfolge –, doch der Edle Leinhart Richartinger war trotz allem Hans ein guter Herr. Leinhart besaß einen unglaublichen Charme und wirkte anziehend auf Frauen. Mit seinem Charme hatte er es auf ihrem Weg immer wieder geschafft, Grafen und Edelmänner um den Finger zu wickeln. Einen so eleganten, gut aussehenden Ritter mit hervorragenden Umgangsformen beherbergte und verköstigte man gerne in seinen kleinen Landschlössern. Noch dazu war er ja auf dem gottgewollten Kreuzzug, das Abendland von den ungläubigen Barbaren zu retten! Das ging ein paar Tage oder Wochen gut, zumindest so lange, bis seine Weibergeschichten aufflogen und sie sich mehr als einmal bei Nacht und Nebel davonmachen mussten. Leinhart machte weder vor den Töchtern noch den Ehefrauen seiner Gastgeber halt. Einmal versetzte Leinhart die Gattin und zwei Töchter eines Grafen gleichzeitig in andere Umstände, weshalb sie überstürzt aufbrechen mussten.

      Und Leinhart war ein guter Kämpfer. Geschickt mit dem Schwert und beim Reiten. Sein Können brachte er Hans bei. Leinharts Spezialität aber war der Tjost, das Lanzenstechen. Irgendwo gab es immer ein Turnier, und Leinhart blieb stets ungeschlagen. Weil dem siegreichen Ritter die Rüstung und das Pferd des Unterlegenen zustand, was man weiterverkaufen konnte, kam immer wieder genug Geld rein. Das und auch die kostbaren Schmuckstücke, die ihm seine Verehrerinnen mitunter überließen, finanzierte ihre Reise und vor allem Leinharts Spielsucht.

      »Und jetzt sagt mir, sind das die Geschichten, die ich niederschreiben soll? Soll das mein Bericht vom großen Kreuzzug gegen die Ungläubigen sein?«

      »Klingt fast wie meine Geschichte so weit«, sagte Max und legte die Laute neben sich. Er streckte sich aus.

      »Ihr Glücklichen«, seufzte Josef Wolfharting. »Mein Herr ist das genaue Gegenteil. So gottesfürchtig ist der Herr Ulrich Kuchler, dass sich Gott vor ihm fürchten würde. Immer beten, beten, beten. Meine Knie sind schon seit Monaten wund …« Er sprang auf. »Ich gehe ins Wasser. Kommt jemand mit?«

      »Nein«, antwortete Max träge.

      »Soll ich dir was sagen?«, fragte Hans nach einer Weile. »Ich möchte ans Ende der Welt.«

      »Als Knappe?« Max richtete sich auf.

      »Ja, egal. Ich wollte raus aus München. Raus aus der Enge. Soll mein Bruder doch die Ländereien verwalten und in der Stadt fett werden. Was bleibt uns denn übrig, wenn unsere Väter keine Kaufleute sind, die durch die Welt ziehen? Ich will die Welt sehen. Alle Wunder, all die Geschichten, die ich immer gehört habe über Menschen mit Hundeköpfen und Einhörner und Drachen …«

      »Und das Land, in dem der Pfeffer wächst.«

      »Ja, genau! Da möchte ich auch hin. Ich will raus!«

      »Ich will auch raus!«, rief Max begeistert. »Aber wir sind nur Knappen!«

      »Na und? Immerhin hat mich mein Knappendasein schon die Donau herunter gebracht. Ich habe Wien und Buda gesehen. Und nun geht es weiter. Wir kommen ins Morgenland und ins Heilige Land. Und dann … mal schauen. Irgendwie wird es immer weitergehen. Immer weiter!«

      »Hui, du bist mutig, Hans Schiltberger.«

      »Nein, nicht mutig. Nur neugierig. Ich habe meiner kleinen Schwester versprochen, dass ich erst zurückkomme, wenn ich für sie ein Einhornhorn gefunden habe.«

      Max lachte lauthals los. »Also nie!«

      »Warum? Vielleicht gibt es Einhörner.« Hans musste bei dem absurden Gedanken selbst grinsen. »Auf jeden Fall bis ans Ende der Welt!«

      »Und wenn die Welt kein Ende hat? Ich habe gehört, dass die Welt eine Kugel ist.«

      »Ja, ich bin nicht ganz doof. Dann eben einmal um die Welt herum. Aber bis ans Ende der Welt klingt schöner.«

      Etliche Hundert Meter weiter flussabwärts, abgeschirmt durch Tücher, die man am Ufer und im seichten Wasser als Sichtschutz gespannt hatte, setzte sich ein nobler Herr zur Abkühlung ins seichte Donauwasser. Er war wütend und verärgert. Ein Zustand, der sich seit Wochen hielt. Denn Sigismund von Luxemburg, geboren in Nürnberg, König der Ungarn und Kroaten, hatte sich das alles anders vorgestellt. Doch er wollte dankbar sein, nun standen die europäischen СКАЧАТЬ