Zentrale Aspekte der Alten Kirchengeschichte. Группа авторов
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       Exkurs: Das Beispiel des Origenes

      Leben und Werk des berühmten alexandrinischen Theologen Origenes († um 253) stellen ein klassisches Beispiel dar, wie jenes oben angedeutete Zusammenspiel zwischen Antike und Christentum gelingen konnte. Origenes wird um 185 in Alexandrien in einer christlichen Lehrerfamilie geboren. Sein Vater, der später als Märtyrer stirbt, macht ihn schon früh mit der Bibel vertraut, vermittelt ihm aber auch elementare Kenntnisse des klassischen antiken Wissens, sodass Origenes nach dem gewaltsamen Tod seines Vaters die Mutter und die jüngeren Geschwister als Grammatiklehrer ernähren kann. Darüber hinaus studiert er die pagane Philosophie, um auch auf philosophische Fragen antworten zu können. Obwohl er sich von vielen Lehrmeinungen dieser Philosophie distanziert, entdeckt er im Platonismus viele Gedanken, die seines Erachtens mit der Heiligen Schrift übereinstimmen. Mit 18 Jahren vertraut man ihm auch die Unterrichtung der alexandrinischen Taufbewerber an. Sein Ansehen als christlicher Lehrer nimmt fortan derart zu, dass er seine Hörer aufteilen muss und den Einführungskurs seinem Schüler Heraklas überträgt. Aus dieser Lehrtätigkeit erwächst sein Werk De principiis, in dem er die gesamte christliche Glaubenslehre entfaltet. Dieses sehr eigenständige Werk und der Versuch, darin bisher offene Fragen zu beantworten, mag das Misstrauen von Bischof Demetrius von Alexandrien erregt haben. Als Origenes auch noch vom Bischof von Cäsarea in Palästina zum Predigen eingeladen und von ihm zum Priester geweiht wird, hält Bischof Demetrius zwei Synoden gegen ihn ab und schließt ihn um 230 aus seiner Gemeinde aus. Origenes zieht nun endgültig nach Cäsarea um, wo ihn der Bischof sofort mit der regelmäßigen Predigt über alle Bücher der Heiligen Schrift beauftragt. Hier sammelt Origenes auch eine Schülergemeinschaft um sich, deren Leben Gregor der Wundertäter († um 270/75) ausführlich schildert. Nach dem Muster zeitgenössischer Philosophenschulen entfaltet Origenes für diese Schüler nämlich ein Lehrprogramm, das von der Behandlung der philosophischen Teilbereiche Logik, Physik und Ethik bis zur philosophischen Güterlehre reicht und mit einer Einführung in die Heilige Schrift abgeschlossen wird. Allerdings beinhaltet dieses Curriculum nicht nur die Vermittlung von antikem und christlichem Wissen, sondern auch die Einübung der Schüler ins christliche Leben. So wird man diese hochschulartige Einrichtung des Origenes nicht nur als ein Bindeglied zwischen den traditionellen antiken Wissenschaften und der christlichen Lehre, sondern auch als einen Ort der christlichen Lebenspraxis und der Gewinnung von gebildeten Heiden für das Christentum bezeichnen können.

      ***

      Die einheitliche, politisch-gesellschaftlich bedingte Kultur der Spätantike ruft bei den Zeitgenossen auch den Gedanken von der Einheit des Menschengeschlechts hervor, den das Christentum aufgreift und mit seinem Evangelium vom einen Gott verbindet, der für die gesamte Menschheit ein umfassendes Heil gestiftet hat. Diesem Evangelium kommt in der damaligen Gesellschaft außerdem eine allgemeine Aufgeschlossenheit für das Phänomen der Erlösungsreligion entgegen, wobei das Christentum die Mysterienreligionen vor allem darin überragt, dass es seinen Ursprung und sein Ziel auf einen Gott zurückführt, der zugleich leibhaftiger Mensch ist.

      Zu den günstigen Bedingungen der christlichen Mission zählt auch die grundsätzliche religiöse Toleranz des römischen Staats. Denn das Aufkommen einer neuen Religion ist im Rahmen der liberalen römischen Religionsauffassung und Religionspolitik durchaus möglich, wenn auch die Grenzen des Staats- und Kaiserkults keinesfalls überschritten werden dürfen. Doch grundsätzlich gibt es keine prinzipiellen Einschränkungen nicht-römischer Religionen.

      Indirekt förderlich wirkt sich im 3. Jahrhundert sicherlich auch die Weltkrise aus, die aufgrund militärischer, wirtschaftlicher und epidemischer Katastrophen über das Römische Reich hereinbricht. Angesichts der damit verbundenen Verunsicherung zieht das Christentum mit seinen eindeutigen Aussagen über die Welt und ihre Geschichte, mit seiner der heidnischen Götterwillkür eine Absage erteilenden Heilsgewissheit, mit seinen klaren ethischen Lebensdirektiven und seinen einleuchtenden Zukunftserwartungen sicher viele an, zumal solidarische Gemeinden und mutige Bekennerpersönlichkeiten für diese Glaubensaussagen mit bewundernswerter Überzeugungskraft eintreten.

      Natürlich stellen sich der christlichen Mission auch ungünstige Bedingungen und Hemmnisse in den Weg. An erster Stelle sind hier die Christenverfolgungen zu nennen. Diese beruhen zwar in erster Linie auf dem mangelnden Willen der Christen, den Absolutheitsanspruch des römischen Staats durch die kultische Verehrung des römischen Kaisers und der römischen Staatsgötter anzuerkennen, doch lösen sie in der paganen Öffentlichkeit auch eine auf Gerüchte zurückgehende Kriminalisierung der Christen sowie weitere diskriminierende Vorurteile aus. Dieser schlechte Ruf bringt einerseits eine starke Minderung der Attraktivität des Christentums mit sich und erhöht andererseits die Schwellenangst potentieller Sympathisanten. Auch die Martyriumsbereitschaft vieler Christen überzeugt nicht immer, da manche das christliche Glaubenszeugnis auf die Borniertheit und den Fanatismus der neuen Religion zurückführen. Innere Streitigkeiten in Fragen des Glaubens und der Disziplin, die auch Außenstehenden bisweilen auffallende Kluft zwischen christlichem Ideal und kirchlicher Wirklichkeit, all das sind weitere Punkte, die die Skepsis der heidnischen Umwelt steigern.

      Darüber hinaus enthält die christliche Lehre auch manchen Stein des Anstoßes, den weder ein Jude noch ein Heide ohne weiteres annehmen kann. Prinzipielle Aussagen wie die Lehre vom einen Gott (Monotheismus), die Menschwerdung Gottes, das Postulat einer den Menschen zugänglichen göttlichen Offenbarung und die christliche Auferstehungsvorstellung klingen in paganen Ohren absurd. Ohne Zweifel enthält die christliche Predigt für ihre Hörer also eine Reihe von schwer verdaulichen Inhalten, die mit den überkommenen Vorstellungen kollidieren und daher auf Widerstand stoßen.

      Hinzu kommen manche äußere Erscheinungsformen des Christentums, die besonderen Verdacht erregen. So wird den frühen Christen beispielsweise das anfängliche Fehlen von Tempeln, Altären und Kultbildern als Atheismus ausgelegt, weil sie damit nicht die Merkmale einer konventionellen Kultreligion aufweisen. Schließlich wirkt der bisweilen als penetrant empfundene Exklusivitätsanspruch der Christen auf die Wahrheit auf Außenstehende gelegentlich hochmütig und abstoßend.

      Angesichts dieser keineswegs harmlosen, teils innerkirchlich vorhandenen, teils von außen an das junge Christentum herangetragenen Gefährdungen kann man also nicht behaupten, dass der Siegeszug des Christentums in der antiken Welt nur aufgrund der namhaft gemachten günstigen soziologischen, politischen, kulturellen und religiösen Faktoren zwangsläufig so verlaufen musste, wie er verlaufen ist. Vielmehr wird man – ohne die vorgestellte Analyse der kirchengeschichtlichen Forschung grundsätzlich in Frage zu stellen – mit Chadwick auch eine Kette wunderbarer und unwahrscheinlicher Ereignisse für den Erfolg der frühen christlichen Mission gelten lassen, bei denen „menschliche Absichten nur eine untergeordnete Rolle spielten, in [… denen] das Auge des Glaubens aber das stille Wirken einer höheren Vorsehung erkennen“18 darf. Günstige Bedingungen, aber auch göttliche Fügungen ließen also die Begegnung zwischen Antike und Christentum so fruchtbar werden.

      HOFMANN, Antike und Christentum (wie S. 15) 85-95 (mit Literatur).

      1 DASSMANN (wie S. 12) 19.

      2 HENGEL, Martin, Zur urchristlichen Geschichtsschreibung, Stuttgart 1979, 39f.

      3 Ebenda, 40.

      4 BROX (wie S. 4) 10.

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