Hitlers Vater. Roman Sandgruber
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Название: Hitlers Vater

Автор: Roman Sandgruber

Издательство: Автор

Жанр: Биографии и Мемуары

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isbn: 9783990406182

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СКАЧАТЬ Kinder eine große Erschwernis für den Start ins Leben mit subjektiv empfundenen Kränkungen und objektiv verringerten Zukunftschancen. Ein schönes Leben war das sicher nicht. Kinderarbeit, schlechte Ernährung, Prügelstrafen und das Stigma des »ledigen Bankerts« prägten solch ein Leben. Nur wenigen gelang der Ausbruch aus dieser fremdbestimmten Spirale der Ausbeutung.

      Feierliche Enthüllung einer Gedenktafel in Strones: Nach dem »Anschluss« erinnerten sich die Nationalsozialisten auch an das Geburtshaus von Alois Hitler im Waldviertel.

      Die erste Ehe Alois Hitlers endete 1880 mit einer Trennung von »Tisch und Bett«. 1949 bestätigte der Pfarrer von Theresienfeld die Taufe von Anna Glassl am 27. März 1823.

      Vielleicht hatte es Alois Schicklgruber/Hitler mit seinen Bezugspersonen gar nicht so schlecht erwischt: Mit fünf Jahren hatte er einen Stiefvater, der vielleicht auch sein wirklicher Vater war, auch wenn dieser ihn formell nie anerkannt hatte. Nach dem frühen Tod der Mutter folgte die Verpflanzung zu Zieheltern in ein anderes Haus und eine fremde Umgebung, auch wenn es Verwandte waren. Geborgenheit war das nur schwerlich. Wie alle Ziehkinder wurde wohl auch Alois vor allem als Einkommensquelle und Arbeitskraft gesehen und möglichst früh in verschiedene Arbeitsprozesse integriert. Eine Entlohnung oder auch nur ein geringes Taschengeld waren nicht üblich: Sei froh, dass du das Essen hast!49 Ob Alois zu seiner leiblichen Mutter oder zu seinem Stiefvater engere oder gar konfliktfreie Beziehungen entwickelt hatte oder bei längerem Zusammenwohnen entwickeln hätte können, wissen wir nicht. Auch über die Konfliktzonen im Haus der Zieheltern wissen wir nichts. Auf jeden Fall gelang es Alois später, zu seiner Ziehfamilie Bindungen fürs Leben aufzubauen, als er eine Enkelin seines Ziehvaters oder vielleicht sogar wirklichen Vaters bzw. eine Großnichte seines Stiefvaters oder doch auch natürlichen Vaters heiratete.

       Aus Schicklgruber wird Hitler

      Im Jahr 1876 trat jenes Ereignis ein, das Adolf Hitler später einmal als die beste Entscheidung bezeichnet haben soll, die sein Vater Alois jemals getroffen hätte, seine Namensänderung. »Keine Maßnahme seines alten Herrn befriedigte ihn so vollkommen wie diese«, erinnerte sich Hitlers Jugendfreund Kubizek: »Schicklgruber erschien ihm so derb, zu bäurisch und außerdem zu umständlich und unpraktisch. Hiedler erschien ihm zu langweilig, zu weich. Aber Hitler hörte sich gut an und ließ sich leicht einprägen.«50 Das klingt zwar logisch. Aber diese Passage ist von Kubizek und seinen Koautoren mit ziemlicher Sicherheit erfunden worden. Denn Adolf Hitler wusste als Jugendlicher nichts von dieser Namensänderung, die erst 1932 öffentlich bekannt gemacht und thematisiert worden war, als der Wiener Journalist János Békessy in einer Extraausgabe des Wiener Sonn- und Montagsblatts mit der groß aufgemachten Meldung herauskam: »Hitler heißt Schicklgruber!«51 Hätte Hitler auch unter dem Namen Schicklgruber eine politische Karriere starten können? Wie hätte ein »Heil Schicklgruber!« wohl geklungen? Oder hätte eine Schicklgruber-Partei ähnlichen Zulauf gefunden wie eine Hitler-Partei? Und wäre Hüttler wie sein Ziehvater oder Hiedler wie sein Stiefvater nicht doch ein bisschen zu proletarisch oder zu weich gewesen? Solche Fragen sind berechtigt. In Deutschland war 1932 Reichspräsidentenwahl. »Es berühre sonderbar«, schrieb der Bayerische Kurier am 12. März 1932, einen Tag vor dem ersten Wahlgang, »dass der gesprächige Adolf Hitler über seine Ahnenreihe und über seinen Familiennamen sich so schweigsam erweist«.

      In seinen 1954 erschienenen Lebenserinnerungen erzählt János Békessy alias Hans Habe, dass er 1932 die Beweise und Dokumente für den Namenswechsel am Pfarramt und Gemeindeamt Braunau gefunden hätte und er die dunklen Gestalten, die ihn daraufhin auf ihren Motorrädern verfolgten, nur nach einer abenteuerlichen Autojagd über 200 km auf nächtlichen Straßen bis Amstetten abschütteln konnte – das ist jedoch richtiges Reporterlatein, weil es in Braunau dazu nichts zu finden gibt und auch nie gab.52 Denn der Namenswechsel spielte sich nicht in Braunau, sondern in Weitra und Döllersheim ab: Am 6. Juni 1876 war es auf dem Weitraer Notariat zu einem merkwürdigen Zusammentreffen gekommen, im Rahmen dessen der Notar Josef Penkner zu Protokoll nahm, dass Alois Schicklgruber der legitime Sohn des längst verstorbenen Johann Georg Hiedler sei. Beim Notar waren drei angesehene Männer erschienen, die auch als Zeugen fungierten: Josef Romeder, der Schwiegersohn von Johann Nepomuk Hüttler, ferner Johann Breiteneder, ein Verwandter, und Engelbert Paukh, ein Nachbar oder ebenfalls Verwandter.53 Die drei bezeugten vor dem Notar die Vaterschaft des Johann Georg Hiedler mit ihren Unterschriften und ließen sich das auch gar nicht so niedrige Entgelt für den Notar und die 50 Kreuzer für die Stempelmarken kosten. Dass Johann Nepomuk persönlich dabei gewesen war, der eigentlich der einzige noch lebende Hauptzeuge gewesen wäre und meist als Anstifter des Ganzen genannt wird, oder Alois Schicklgruber als eigentlich Betroffener, wird in der Urkunde nicht erwähnt. Sie waren wahrscheinlich wirklich nicht anwesend. Und derjenige, der zum Vater erklärt wurde, war ohnehin schon zwanzig Jahre lang tot.

      Für einen Notariatsakt ist das Schriftstück überraschend fehlerhaft und schlampig: Es fehlt das Geburtsdatum des angeblichen Vaters Johann Georg, sein Sterbedatum ist falsch (statt 9. 2. 1857 steht 5./6. 1. 1857), sein Vorname ist mit Georg und nicht Johann Georg nur verkürzt wiedergegeben, ganz abgesehen von einer etwaigen Anwesenheitsliste und der nicht gerechtfertigten neuen Schreibweise Hitler statt Hiedler oder Hüttler. Ob die Version, die vom Notar gewählt wurde, nur ein Hör- oder Schreibfehler oder ein ausdrücklicher Wunsch der Anwesenden oder gar eine bewusste Festsetzung des neuen Namensträgers Alois Hitler war, der damit vielleicht auch eine deutliche Differenzierung zu seiner ländlichen Verwandtschaft erreichen wollte, kann nicht beantwortet werden.

      Am folgenden Tag nahm der Pfarrer im 20 Kilometer entfernten Döllersheim das notarielle Protokoll zur Kenntnis und trug »Georg Hitler« als legitimen Vater in das Taufbuch seiner Pfarre ein, wobei er die drei Zeugen mit drei Kreuzerln vermerkte. Wer dem Pfarrer das notarielle Protokoll überbracht hatte, ist nicht ganz klar. Dass es die drei Zeugen waren, ist unwahrscheinlich, sonst hätten sie, die nachweislich schreiben konnten, doch nicht wie Analphabeten unterzeichnet. Viel wahrscheinlicher ist, dass nur ein Bote zu dem Pfarrherrn geschickt worden war, der aufgrund des notariellen Schriftstücks den Namen »Schicklgruber« im Taufbuch durchstrich und durch »Hitler« ersetzte.

      Wer wirklich die treibende Kraft hinter dem ganzen Vorgang war, ist unklar. War es Alois Schicklgruber selbst, der auf diese nachträgliche Legitimierung drängte, oder war es Johann Nepomuk Hüttler, der seinerzeit als Ziehvater fungiert hatte und nun seinen Namen fortgeführt sehen wollte, aber in anderer Schreibweise? Oder gab es andere, die daran Interesse haben konnten? Ian Kershaw sieht wie viele andere Forscher Alois als Motor, der damit den Makel, ohne Vater dazustehen, oder die Zweifel und Unklarheiten, die ihn plagten, im reifen Alter loswerden wollte. Karrierehindernis war die uneheliche Herkunft für ihn in den 1870er Jahren als Beamter sicher keines mehr und eine soziale Deklassierung oder Diskriminierung wohl auch nicht, da sowohl im Waldviertel wie im Innviertel und auch in Wien die Quoten unehelicher Geburten nahezu 50 Prozent erreicht hatten und fast einen Normalfall darstellten. Umgekehrt konnte Alois aber auch nicht voraussehen, dass ihm zehn Jahre später durch diese Legitimierung bei seiner dritten Eheschließung mit der damit zur Großnichte gewordenen Klara Pölzl eherechtliche Probleme entstehen würden. Auf eine gesetzliche Erbberechtigung nach Johann Nepomuk oder eine steuerliche Begünstigung dabei konnte er mit diesem Vorgang jedenfalls nicht hoffen.

      Wenn Johann Nepomuk die treibende Kraft war, um Alois zum legitimen Anwärter auf sein Erbe zu machen und die dafür fällige Erbschaftssteuer gering zu halten, wie etwa Anna Sigmund meint, so fehlt dafür überhaupt jegliche Logik.54 Warum hätte er dann seinen Bruder vorgeschoben, wenn Alois doch sein Sohn wäre und er ihn zum Erben haben wollte? Der nun zum rechtmäßigen СКАЧАТЬ