Hitlers Vater. Roman Sandgruber
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Hitlers Vater - Roman Sandgruber страница 17

Название: Hitlers Vater

Автор: Roman Sandgruber

Издательство: Автор

Жанр: Биографии и Мемуары

Серия:

isbn: 9783990406182

isbn:

СКАЧАТЬ einer Geburt, das ist Teil jeder historischen Legendenbildung, verweisen auf die künftige Bestimmung großer Persönlichkeiten. Bei Hitler wurde an dieser Legende, von ihm selbst entsprechend unterstützt, während und auch nach der nationalsozialistischen Zeit weiter kräftig gestrickt. Das Geburtshaus wurde zu einem Ort abstruser Verehrung und zu einem bis in die Gegenwart umstritten gebliebenen Ort. Wie mit ihm umgehen, was damit anfangen, wie es nutzen? Eine befriedigende Lösung ist bis jetzt nicht gefunden.103

      Am 20. April 1889, es war der Karsamstag, kam dort der nunmehr, nach dem frühen Tode Gustavs, wieder erste Sohn des Ehepaares Alois und Klara Hitler zur Welt. Ob im heute noch stehenden Straßenteil oder in dem später abgerissenen hinteren Hofteil des Hauses, ist umstritten. Geburtshelferin war die Hebamme Franziska Pointecker. Anwesend war wohl auch die Hausgehilfin Rosalia Hörl, die später auch als Hebamme arbeitete. Dass sie damals an der Geburt des zukünftigen »Führers« als solche mitgewirkt hätte und dass sie, wenn sie gewusst hätte, »was aus dem kleinen Adolf einmal wird«, diesem die Nabelschnur um den Hals gelegt hätte, gehört zu den vielen Legenden, die rund um den »Führer« später erfunden wurden.104 Auch dass der Kindesvater Alois gar nicht zuhause war, weil er wie jeden Samstag bis 18 Uhr seinen Dienst versehen habe, mag Tratsch sein. Es war ja der Karsamstag, und die Teilnahme an den Osternachtfeiern, die ja schon am frühen Abend begannen, hat man im katholischen Österreich den Beamten zweifellos nicht vorenthalten wollen. Zwei Tage später, am Ostermontag um 15.30 Uhr, wurde das Kind von Pfarrer Ignaz Probst in der Braunauer Stadtpfarrkirche getauft. Dass der Vater um acht Uhr früh schon wieder im Dienst gewesen sei und an der Taufe nicht teilgenommen habe, ist allerdings richtig böser Tratsch.105 Denn der Ostermontag war ein gebotener Feiertag und galt auch für Beamte. Taufpaten waren wieder, wie schon bei allen früheren Kindern, Johann und Johanna Prinz, Private in Wien III, Löwengasse 28. Weil sie nicht persönlich nach Braunau kommen konnten, musste Maria Matzelsberger, Hitlers Schwiegermutter aus der zweiten Ehe, stellvertretend einspringen.

      Wurde als »Geburtsstätte des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler« unter Denkmalschutz gestellt: das Geburtszimmer Adolf Hitlers in der musealen Gestaltung nach 1938 (oben links).

      Der kleine Adolf genoss eine bevorzugte Behandlung durch die Mutter: »Er wurde vom frühen Morgen bis in die späte Nacht verwöhnt« (oben rechts).

      Die Taufpaten Johann und Johanna Prinz aus Wien konnten nicht persönlich zur Tauffeier nach Braunau kommen: Taufschein und »Geburtszeugnis« für »Adolfus« (unten).

      Die in den Jahren 1941 bis 1943 entwickelten Pläne des Architekten Rudolf Fröhlich sahen für die »Geburtsstadt des Führers« die Errichtung eines »Forums« mit Parteihaus und Landes- und Volkskundlichem Museum, ausgestattet mit Weihehof und Glockenturm, vor.

      Man darf die Taufpatenangelegenheit nicht gering schätzen. Denn Taufpaten waren damals, vor allem in der bäuerlich-kleinbürgerlichen Tradition, von großer Wichtigkeit, nicht nur weil sie nach kirchlicher Vorschrift erforderlich waren, sondern weil sie auch wertvolle Netzwerke herstellen konnten. Nicht nur zur Taufe selbst, sondern auch zu Allerheiligen und Ostern gab es für die Patenkinder kleine Geschenke: Allerheiligenstriezel, Osterwecken, gefärbte Eier, Süßigkeiten. Vor allem aber konnten die Patenleute Rat und Hilfe bieten, wie der Autor aus eigener Kenntnis der bäuerlichen Denkweise weiß. Dass man trotz der Umständlichkeit, bei den in Braunau stattfindenden Taufen für die in Wien weilenden Paten jeweils einen örtlichen Vertreter finden zu müssen, bei den Wiener Paten blieb, mag schlicht den Grund gehabt haben, nicht wechseln zu wollen. Vielleicht lag es auch am Prestige von Paten aus der Hauptstadt, auch wenn diese dort bloß Saaldiener oder Badewärter waren. Wie eng die Beziehungen des Ehepaars Hitler und der Patenkinder zu den Wiener Pateneltern waren, ist nicht bekannt. Sicher war die räumliche Distanz groß. Verwunderlich wäre es dennoch, wenn es gar keine Kontakte gegeben hätte. Alois Hitler, der einige Male dienstlich in Wien war, könnte bei ihnen Unterkunft gefunden haben. Es wäre auch nicht unwahrscheinlich, wenn Adolf Hitler bei seinem ersten Wienaufenthalt im Jahr 1906, von dem kein Meldezettel bekannt ist, bei seiner Taufpatin Unterschlupf gefunden hätte. 1907 hingegen war die Wohnung in der Löwengasse bereits aufgegeben. Adolf Hitler selbst hat seine Taufpaten nie erwähnt. Dass er aber über die Bedeutung der Patenschaft wusste, wird daraus ersichtlich, dass er später sein geliebtes Linz ausdrücklich zu seiner Patenstadt erklärte und selbst symbolisch die Patenschaft für viele Kinder übernahm.

      Rosalia Hörl, das Kindermädchen, bescheinigte dem kleinen Adolf später eine bevorzugte Behandlung durch die Mutter. Die Stiefgeschwister seien eifersüchtig gewesen: »Er wurde vom frühen Morgen bis in die späte Nacht verwöhnt, und die Stiefkinder mussten sich endlose Geschichten anhören, wie wunderbar Adolf war.« Diese Aussage der Rosalia Hörl, die ja schon im Geburtsjahr Adolfs aus dem Dienst ausgeschieden war und nach dem Wegzug der Familie aus Braunau sicher keine Informationen aus erster Hand mehr haben konnte, ist daher wenig bedeutsam. Auch ihr böses Urteil über die im Haushalt lebende Johanna, die »Hanni-Tant«, die ledig gebliebene, vielleicht bucklige, aber nicht geistig behinderte Schwester Klaras, war sicher nicht vorurteilsfrei.106 Stieffamilien waren meist konfliktgeladen und durch Spannungen zwischen Stiefmutter und Stiefkindern oder zwischen den älteren und jüngeren Halbgeschwistern gezeichnet, wenn Liebe und Strafe ungerecht verteilt wurden, wenn es um materielle Bevorzugungen oder Benachteiligungen ging oder wenn schlicht ein aus Märchen und Sagen bekanntes Klischee weiter gepflegt wurde.

      Im später so berühmt gewordenen Hitler-Geburtshaus lebte Adolf nur ein paar Monate. Bereits am 4. Juni 1889 übersiedelte die Familie in das Hörlhaus in der Altstadt Nr. 16 und am 1. September 1890 in das Botenhaus, Linzer Straße 47.107 Am 17. Juni 1892, drei Jahre nach Adolfs Geburt, folgte noch in Braunau Klaras viertes Kind, von dem man bis vor wenigen Jahren geglaubt hatte, dass es bereits 1888 noch vor Adolf geboren worden wäre. Weil Otto bereits sechs Tage nach der Geburt verstarb, hat man ihn kaum zur Kenntnis genommen. Die Neue Warte am Inn meldete am 23. Juni in der Rubrik Sterbefälle bloß nüchtern: »Otto Hitler, Beamtenskind, 7 Tage alt, Wasserkopf.« 108 Für den Braunauer Historiker Florian Kotanko, der das Todesdatum richtiggestellt hat, stellten sich mehrere Fragen: »Wie wurde der dreijährige Adolf mit Geburt und Tod eines Bruders konfrontiert?« »Hat er den sogenannten Wasserkopf des Bruders bewusst miterlebt?« Und: »Hat sich diese Beobachtung auf Hitlers spätere Einstellung zu Menschen mit Behinderung ausgewirkt?«109 Viel zentraler aber war, dass es für die Eltern ein neuer Schock war, über den man erst hinwegkommen musste und für dessen Bewältigung kaum Zeit blieb. Denn nur wenige Tage nach Ottos Begräbnis musste die Familie die Stadt verlassen und nach Passau übersiedeln.110 Adolf behielt als Erinnerung an seine Braunauer Zeit nur ein im Klinger’schen Fotoatelier, Ringstraße 23, damals Vorstadt 318, aufgenommenes Babyfoto. Während sein Vater Alois auch nach 1892 immer wieder nach Braunau kam, hier alte Freunde traf, sich Geld auszuborgen versuchte, das Bezirksgericht aufsuchte oder seiner Schwiegermutter aus der zweiten Ehe beim Übersiedeln von Möbeln half, kam Adolf, abgesehen von einer Wahlrede im Jahr 1920, nur mehr ein einziges Mal nach Braunau: am 12. März 1938 beim von ihm befohlenen Einmarsch der deutschen Wehrmacht nach Österreich. Es war eigentlich kein Aufenthalt in der festlich geschmückten Stadt. Er war durchgefahren und am »Geburtshaus« einfach vorbeigefahren, ohne auch nur kurz anzuhalten oder gar auszusteigen. Die Stadt blieb für ihn nur ein politisches Symbol.

      Für Alois Hitler war es sein längster Dienstort, СКАЧАТЬ