Das süße Gift des Geldes. Bhavya Heubisch
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Название: Das süße Gift des Geldes

Автор: Bhavya Heubisch

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783862223756

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      Scheel musterte er die Frau. Das Gschwerl, das jeden Tag das Haus belagerte, war nie um eine Ausred verlegen, wenn es vor Ablauf der Sprechzeit noch ins Haus wollte. Bei dem einen starb grad die Großmutter, bei dem andern lag die Frau in den Wehen. Eine ganz eine Ausgschamte hatte sich einmal ein Kissen vor den Bauch gebunden und eine Leibesfrucht vorgetäuscht, wegen der sie nicht mehr stehen konnte. Aber die mit dem komischen Hund auf dem Arm, schaute anders aus.

      „Wenn’s nicht stimmt, was du sagst, dann kannst was erleben. Komm rein und hock dich hin, bis du dran bist.“ Unter dem Pfeifen und Johlen der Leute schloss er die Tür.

      Kathi quetschte sich auf die Bank im Flur zwischen einen rotgesichtigen Bauern und ein Mädel, das einen Korb umklammerte. Den Louis setzte sie auf den Boden. Bedienstete in blauer Livree hasteten umher, Türen wurden aufgerissen und wieder zugeschlagen. Immer mehr Menschen drängten herein, standen verlegen herum. Die Männer drehten den Hut in der Hand und die, die keinen hatten, stierten auf ihre Schuh. Die Weiber tuschelten miteinander, bis sie der barsche Ruf: „Der Nächste!“ erlöste.

      Die Luft war zum Schneiden dick. Schweiß vermischte sich mit faulgärigem Mundgeruch. Abgestandener Zigarrenrauch dampfelte aus Joppen und Westen. Nur ab und zu, wenn eine Dame zur Tür hereinkam, roch es nach Kölnisch Wasser.

      „Wie viel Geld bringst du dem Fräulein Spitzeder?“, flüsterte das Mädel.

      „Herrschaftszeiten!“ Der Kathi wurde es zu bunt. „Was reden denn alle vom Geld?“

      „Ruhe!“, schnauzte sie ein Blaulivrierter an.

      Sich anschnauzen lassen, das hatte die Kathi noch nie vertragen. Nicht einmal ihr verstorbener Mann hatte sich das getraut. „Was glaubst eigentlich, wer du bist?“ Sie sprang auf und trat dem Louis dabei auf die Pfoten. Der winselte schrill und verbiss sich, völlig durcheinander, im Hosenbein des Livrierten. Der Mann gab dem Mops einen Tritt, jaulend fiel er der Kathi vor die Füße.

      Sie plärrte: „Du Hundstöter, du elendiger!“

      Im oberen Stockwerk ging eine Tür auf, Adele trat an die Balustrade. „Kathi, schön, dass du da bist. Komm rauf.“

      Die Kathi packte ihren Louis und zischte hin zu dem Livrierten: „Da hast es, du Depp.“ Schritt, so würdevoll es ihre gichtigen Füße zuließen, die Treppe hinauf.

      Adele führte sie in den Salon. „Jetzt trinkst erst einmal einen Kaffee. Und wenn du willst, kannst meine Hunde gleich heute ausführen.“

      Kathi, jetzt doch eingeschüchtert, nippte am Kaffee. Nobel war es hier. Mit der gelben Seidentapete, dem riesigen Kronleuchter und dem Klavier in der Ecke. Aber der Verhau! Zerknitterte Kleider flackten auf dem Boden, dazwischen Schuhe, Strümpfe und ein Seidenunterrock. So was hätte es bei ihr daheim nicht gegeben. Die Kaffeetasse war auch nicht ganz sauber mit den eingebackenen Bröseln am Rand.

      „Noch mal ‚Vergelt’s Gott‘ wegen dem Veterinär. Ich werd mich gut um Ihre Tiere kümmern.“ Zögernd schob sie nach: „Und wenn’s Ihnen recht wär, könnt ich auch ein bisserl aufräumen.“

      „Aber ich hab schon zwei Zugeherinnen.“

      „Fleißig sind die aber nicht.“

      „Wenn dir noch Zeit übrig bleibt, kannst es ja probieren.“

      Bald führte die Kathi ein strenges Regiment, schaute den Zugeherinnen unbarmherzig auf die Finger. Jetzt lag das Silber blank poliert im Kasten, die Kristallgläser glänzten, die Kleider hingen frisch gebügelt im Schrank. Überall hatte sie ihre Augen. Schimpfte die Köchin, wenn die das Fleisch nicht gründlich vom Knochen löste, die Knödel nicht fest genug drehte. Nicht einmal vor ihrer Herrin machte sie Halt. Die geldgefüllten Schachteln hinterm Vorhang und unterm Bett – wo gab’s denn so was!

      „Schließen Sie es endlich weg, das Geld.“

      „Wo soll ich’s denn hintun?“

      „In den großen Wandschrank im Flur. Da lassens ein Schloss anbringen und räumen alles hinein.“

      Seitdem lag das Geld weggesperrt im Wandschrank.

      Bei den Bediensteten hatte die Kathi ausgeschissen. Weil die Büglerin an allen Türen lauschte, rumtratschte, was die alte Vettel so anrichtete. Aus war’s mit den Gulden, die sie tief versteckt in ihren Hosen- und Schürzentaschen aus dem Haus schafften. Sagen traute sich keiner was. Weil die Spitzederin nichts auf die Kathi kommen ließ.

       Locken

      „So ein bigottes Weib, so ein bigottes!“ Wütend schnarrte Jakob Kramer die Spitze seines Regenschirms übers Kopfsteinpflaster. „Unchristlich bist!“, hatte ihn die Agnes geschimpft. „Immer denkst nur ans Geld.“ Die scheinheilige Matz, die scheinheilige. Das Essen, für das er das Geld heimbrachte, fraß sie trotzdem.

      Dass ihm sein Herbergshaus nicht noch mehr einbrachte, wurmte ihn zusätzlich. Zu seinem Verdruss war die Elsbeth gesund geworden. Draußen haben wollte er sie trotzdem, einer Taglöhnerin mit ihren vier Kindern die Kammer zu einem höheren Preis vermieten.

      „Mich auf die Straße setzen, jetzt, wo du deinen Mietzins bekommen hast?“, hatte sich die Elsbeth gewehrt.

      Die Bedienungen aus dem unteren Stockwerk waren ihr zu Hilfe geeilt. Die Marei war besonders renitent.

      „Kramer, wenn du die Elsbeth nicht weiter hier wohnen lasst, erzähl ich überall herum, was du für einer bist.“ Mit bösen Augen hatte sie ihn angefunkelt. „Und dem Baurat Gruber sag ich, was für einen Wucher du mit uns treibst.“

      Ärger mit den Behörden hätte ihm gerade noch gefehlt. Mehr Geld musste trotzdem her.

      Schwarze Wolken verhüllten die Türme der Theatinerkirche, Regentropfen prasselten herab. Er spannte den Schirm auf und hastete die Ludwigstraße entlang. Bog ein in die Schönfeldstraße und suchte die Häuser ab. An der Ecke zur Kaulbachstraße fand er das blank polierte Messingschild, von dem sein Spezl Hartl ihm erzählt hatte.

      Im ersten Stock klapperte ein Fensterladen. Zu sehen war niemand. Schussergroße Regentropfen trommelten auf seinen Schirm, das Wasser rann ihm hinten in den Nacken hinein. Durch knöcheltiefe Wasserlachen ging er auf die andere Straßenseite, zog die Eichentür auf und betrat die Wirtschaft „Wilhelm Tell“. Feuchtmiefiger Lodengeruch und Tabakqualm durchzogen den Gastraum. Auf den Bänken drängten sich Arbeiter in zerlöcherten Joppen, Kutscher in abgewetzten Lederwesten und sonstige Mannerleut. An einem runden Tisch ratschten ein paar Frauen.

      „Servus miteinander. Habts noch Platz?“

      Die Leute rutschten zusammen. Kramer schob sich auf die Bank und rief der Bedienung nach einem Bier.

      Der neben ihm kaute an einem Rettichzipfel und rülpste: „Willst auch dein Geld anlegen?“

      „Bloß erkundigen wollt ich mich. Hab gehört, die Spitzeder leiht sich Geld und zahlt zwanzig Prozent Zins im Monat. Wird ein schöner Schwindel sein.“

      Der mit dem Rettich belferte: „Ich sag dir was, du Zehnmalgscheiter. Mit zwanzig Gulden hab ich angefangen. Jeden Monat die Zinsen gekriegt, genau, wie sie’s gesagt hat. Dann hab ich mir vom Schwager fünfzig Gulden geliehen und die auch angelegt. Kannst es dir ausrechnen. Jeden Monat zehn Gulden geschenkt.“

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