Название: Geburtsort: Königsberg
Автор: Ursula Klein
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783867775977
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Aber manchmal war es auch in der Schule schön, wenn nämlich der Herr Lehrer in die Klasse trat und nach der Begrüßung sagte: „Heute will ich euch eine Geschichte erzählen, wie nämlich Königsberg entstanden ist. Wer weiß denn von euch, woher unsere Stadt seinen Namen hat?“ Eifrig meldeten sie fast alle Kinder. „Weil der König im Schloss wohnt!“ „Warum heißt es aber Königsberg/Preußen?“ „Weil Königsberg in Preußen liegt.“ „Gibt es dann noch ein anderes Königsberg?“, war die bohrende Frage des Lehrers. Hier wurden alle stutzig. Und darum fing der Lehrer zu erzählen an.
„Ja, es gibt noch einen anderen Ort in Deutschland, der auch so heißt. Aber er hat nicht so eine große Bedeutung wie unsere Stadt. Unsere Stadt ist vor vielen, vielen Jahren gegründet worden und das kam so:
Es war im Jahre 1231, als Ritter des Deutschen Ordens – das sind Ritter der Kirche – unter Führung des Ordensmeisters Hermann v. Salza von der Richtung Lübeck kommend in Richtung Osten marschierten.“ Dabei zeigte er auf die Landkarte und die Richtung, die die Ordensritter genommen hatten. „Sie wollten dem Herzog Konrad von Masovien helfen, sich gegen die Pruzzen zu verteidigen.“ Gespannt hörten die Kinder zu. Der Lehrer fragte: „Wisst ihr, wie Ritter aussehen?“ Vor lauter Aufregung erzählten sie alle durcheinander, bis der Lehrer sagte: „Hans, erzähle du bitte, wie ein Ritter aussieht!“ Hans – der Auserwählte – stellte sich sofort brav neben die Bank und mit bedeutungsvoller Stimme und leuchtenden Augen sagte er: „Ritter sind Kämpfer. Sie haben eine Rüstung. Das ist ein Anzug aus Metall, der schön glänzt und auch Verzierungen hat. Die Ritter sitzen hoch zu Ross – wie Kaiser Wilhelm I auf dem Denkmal – und haben Spieße, Stangen, Lanzen und Schilde, mit denen sie gegen die anderen kämpfen. Ritter wohnen auf einer Burg und sind immer tapfer.“ Beifallheischend setzte er sich wieder in seine Bank. Aber der Lehrer sagte einfach: „Ja, das stimmt, was du sagst.“
Der Lehrer setzte nun seinen Vortrag fort und die Kinder wurden wieder ruhiger. „Unterstützt durch die Kreuzfahrer aller Nationen der Christenheit drangen die Ritter unter dauernden Kämpfen bis zum Frischen Haff vor – immer an der Weichsel entlang. Es gab dabei viele Tote und Verwundete, denn die Pruzzen – das wird übersetzt mit Undeutschen, also den Alteingesessenen – wollten ihr Land nicht den Kreuzrittern überlassen. Die Kämpfe waren sehr hart und dauerten lange. Dabei wurden viele Menschen verwundet und getötet. Der Deutsche Orden als Armee der Kirche war aber gut im Umgang mit den Waffen ausgebildet und hatte auch viele Waffen. Und so konnte er nach langen Kämpfen siegen. Nur das stark befestigte Samland wurde erst erobert, als der polnische König Ottokar II. von Böhmen mitkämpfte. Ihr wisst ja, dass das Samland zwischen dem Haff und der Ostsee liegt und dort die Bernsteinvorkommen sind. Als der Deutsche Orden gesiegt hatte, baute er sich eine Ordensburg auf den Trümmern der Feste der Pruzzen. Die Feste war das schlossähnliche Gebäude der Pruzzen gewesen, die durch den Krieg kaputtgegangen war. Da mit Hilfe König Ottokar II. der Krieg gewonnen werden konnte, bestimmte er auch in diesem Gebiet und benannte die Burg Königsberg. Kurz darauf erhielt die Siedlung die Stadtrechte von ihm. Heute sind an dieser Stelle die Reichsbank und das Denkmal Friedrichs I.
Damit hatte der Deutsche Orden mit Hilfe des polnischen Königs ein Zentrum im Osten und konnte die unterworfenen Stämme kontrollieren und befehligen.
Die Bauern und Händler waren gegenüber dem Orden auch zinspflichtig, das heißt, sie mussten an ihn landwirtschaftliche Produkte oder Geld liefern. Je mehr Bauern sich also ansiedelten, um so mehr Einnahmen hatte der Orden für seine Ritter und Bediensteten. Außerdem hatte er auch das alleinige Recht zum Bernsteinhandel. Der Orden hatte also das Staatsmonopol. Man nannte es auch das Regal. Habt ihr auch schon einmal Bernstein an der Küste gefunden?“ „Ja“. „Ja“. „Meine Mutti auch“. „Und was habt ihr damit gemacht“?, war die Frage des Lehrers. „Wir haben ihn mit nach Hause genommen“. „Wir haben einen schönen Anhänger vom Juwelier machen lassen, den meine Mutti gern trägt.“ „Meine Mutti hat einen schönen Ring bekommen.“ Es gab viele Antworten. Doch mit ernster Miene sagte der Lehrer: „Wenn zu dieser Zeit jemand Bernstein fand, ihn ausgrub oder im Fischernetz fing, musste er alles – auch das kleinste Stückchen – dem Deutschen Orden abgeben. Wer den gefundenen Bernstein behielt, wurde hart bestraft.
Der Deutsche Orden war als ‚Großschäfferei‘ das größte mittelalterliche kaufmännische Unternehmen in Königsberg.
Schon 25 Jahre später, im Jahre 1257, erbaute der Orden östlich dieser provisorischen Verschanzung ein festes Haus aus Ziegel und Stein, wo heute vermutlich die Schlosskirche steht.
Natürlich konnte nicht nur eine Burg der Sitz der Ordensritter sein, sondern es mussten auch Häuser für die Bediensteten gebaut werden. Auf dem Burgberg bauten die Ordensritter die notwendigen Gebäude: Herrengebäude, Krankenhaus und Altersheim für die Ordensritter, das Kornhaus, das Marschallhaus und andere Vorratsgebäude und Wirtschaftshäuser für die Handwerker, die direkt dem Orden unterstanden. In den Kellern des Marschallhauses wurde viele Jahre später die Gaststätte ‚Blutgericht‘ eingerichtet. Kennt ihr diese Gaststätte?“ fragte der Lehrer. Nur Karl und Helga sagten leise: „Ja, Herr Lehrer.“ Und weiter erzählte der Lehrer: „Königsberg wurde zum wichtigsten Zentrum des Deutschen Ordens, zumal der Hauptsitz nach Marienburg verlegt worden war. Die älteste Siedlung zur Burg gehörig entstand dort, wo heute der Steindamm ist. Jedoch diese Siedlung ging ein paar Jahre später in Flammen auf, als die Pruzzen gegen die Ordensherrschaft aufstanden und gegen sie kämpften. Doch die Ordensritter siegten. Damit die Bediensteten im Schutz der Burg leben konnten, wurde eine neue Siedlung zwischen der Burg und dem Pregel gegründet. So entstand die heutige Altstadt. Schon am 28. Februar 1286 erhielt die Ansiedlung mit der Burg die Gründungsurkunde – die sogenannte ‚Handfeste‘ nach Kulmischem Recht – vom Landmeister Konrad von Thierberg. Kulmisches Recht deshalb, weil der Orden in Kulm an der Weichsel eine solche Grundordnung für Städte ausgearbeitet hatte. Somit konnten Bürgermeister, Rat und Gericht die Arbeit der Stadtverwaltung übernehmen.
Es kamen viele Menschen aus nah und fern in dieses östliche Gebiet, das der Orden zur Besiedlung freigab. Hier konnten sie allerlei Handel treiben und Gewerbebetriebe gründen. So wuchsen die Ansiedlungen sehr schnell und es wurde eng in der Stadt. Jede Ritterburg hatte nämlich im Mittelalter die Häuser eng an die Burg bauen lassen und alle Gebäude wurden mit einer großen Mauer umgeben, damit der Feind nicht in die Stadt eindringen konnte. Darum bekam auch die Burg von Königsberg die Sicherungsanlagen, die damals notwendig waren, und zwar im Osten und Westen eine Mauer und Türme mit drei Toren (Steintor im Westen, dem Löbenichtschen Tor im Osten und dem Krämertor vor der Krämerbrücke). Im Süden wurden der Pregelarm und im Norden der Burgkomplex als Sicherung genutzt. Nun platzte aber die Stadt aus allen Nähten und die Menschen mussten sich außerhalb dieser Burgsicherung ihre Häuser errichten und waren dadurch schutzlos.
Darum erhielt die Ansiedlung außerhalb der Burg – es waren vor allem Handwerker und Mälzenbräuer - bereits am 27. Mai 1300 das Stadtrecht und den Namen ‚Löbenicht‘, da die Siedler nicht den Namen ‚Neustadt‘ wollten, sondern den pruzzischen Namen.
Für die vielen Kaufleute, die sich in diesem Gebiet ansiedeln wollten, blieb nur noch das sumpfige Gelände, das südlich der Altstadt – vom Pregel umflossen – lag. Diese Gegend ist nur mit Brücken zu erreichen und hatte damit die besten Bedingungen für die Kaufleute, um auch mit Schiffen und Kähnen die Waren zu transportieren. Auf diesem Gelände wurde von den Kaufleuten eine große Kirche gebaut – der Königsberger Dom. Bereits 1327 erhielt auch diese Stadt das Stadtrecht und wurde nach dem pruzzischen Wort kipnaw, dem sumpfigen Gelände, zum Kneiphof.