Название: Vitamin K2
Автор: Josef Pies
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
Серия: vak vital
isbn: 9783954840687
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Menschen können nur geringe Mengen Vitamin K2 selbst herstellen.
Tiere, die sich vorwiegend natürlicherweise von grünem Gras ernähren, sind in der Lage, nennenswerte Mengen Vitamin K2 aus Vitamin K1 herzustellen. Wir Menschen haben das weitgehend verlernt und stellen nur noch relativ wenig Vitamin K2 selbst her. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass wir in der Nahrungskette ganz oben stehen und einen Teil unseres Bedarfs natürlicherweise an vorgefertigtem Vitamin K2 aus tierischen Lebensmitteln als MK-4 decken. Der Rest (längerkettige Varianten) wird aus fermentierten Milchprodukten, Eiern und fermentiertem Gemüse (Sauerkraut, Natto) gewonnen und von Darmbakterien hergestellt.
Ein Aktivierungsprinzip mit unterschiedlichen Folgen
So erstaunlich es auch klingt, Vitamin K aktiviert eine breite Palette verschiedener Proteine auf ein und dieselbe Weise und löst damit völlig unterschiedliche Reaktionen aus. Bevor wir die einzelnen Proteine näher betrachten, schauen wir uns diesen Aktivierungsmechanismus an, die sogenannte Gamma-Carboxylierung Vitamin-K-abhängiger Proteine.
Das Aktivierungsprinzip: Gamma-Carboxylierung
Wissenschaftlich lässt sich die Rolle von Vitamin K folgendermaßen zusammenfassen: Vitamin K stellt als Cofaktor des Enzyms Gamma-Glutamyl-Carboxylase die posttranslationale Gamma-Carboxylierung von Glutamatresten diverser Proteine und damit ihre Aktivierung sicher. Was das bedeutet und welche Konsequenzen das hat, wird im Folgenden erläutert.
Eiweiße (Proteine) übernehmen vielfältige Aufgaben in unserem Körper (Stütz- und Strukturelemente, Enzyme, Hormone, Botenstoffe usw.). Der Bauplan für jedes Protein ist in der DNS (Desoxyribonukleinsäure) unserer Gene im Zellkern festgelegt. Nach diesen Plänen werden die Eiweiße mithilfe von RNS (Ribonukleinsäuren) an den Ribosomen gebildet, den sogenannten Eiweißfabriken unserer Zellen. Dabei werden die Bausteine der Proteine, das sind zwanzig verschiedene Aminosäuren, wie bei einer Perlenkette aneinandergereiht. Diesen Schritt nennt man Translation, von dem lateinischen Wort translatio für „Übersetzung“. Wie mit den Buchstaben des Alphabets wird gewissermaßen ein Wort gebildet, nämlich das Protein. So hat jedes Eiweiß seine ganz eigene Aminosäurensequenz und -länge. Dieser Prozess spielt sich in bestimmten Zellstrukturen ab: dem Endoplasmatischen Retikulum.
Damit ein Eiweiß aber seine ihm zugedachte Aufgabe übernehmen kann, muss es weiter verändert werden. Es wird gefaltet und es bilden sich Bindungen innerhalb des Moleküls aus. Dadurch erlangt es eine dreidimensionale Form, die sogenannte Tertiärstruktur, es ist gewissermaßen ein Knäuel. Zusätzlich bedarf es aber oft noch weiterer chemischer Veränderungen, der sogenannten posttranslationalen Modifikation.
Genau hier kommt nun Vitamin K ins Spiel. Seine Aufgabe ist es – vereinfacht ausgedrückt –, als Coenzym dabei zu helfen, bestimmten Proteinen an bestimmten Stellen, den Glutamatresten, ein Kohlendioxid-Molekül (CO2, Carboxylgruppe) anzuheften. Dadurch wird das Protein dann aktiviert. Diesen Prozess nennt man Carboxylierung. Da die Veränderung an der sogenannten Gamma-Position des Glutamats stattfindet, handelt es sich um eine Gamma-Carboxylierung, und das dafür zuständige Enzym ist die Gamma-Glutamyl-Carboxylase (γ-Glutamyl-Carboxylase, GGCX). Dieses Enzym benötigt die Unterstützung eines Cofaktors und das ist Vitamin K.
Die von Vitamin K abhängigen Proteine verfügen über drei bis dreizehn Glutamatreste, die alle carboxyliert werden müssen. Osteocalcin besitzt drei davon, MGP fünf und die von Vitamin K abhängigen Blutgerinnungsfaktoren sogar neun bis zwölf. Sie werden normalerweise alle in einem einzigen Durchgang modifiziert.
Zwei oder drei der carboxylierten Glutamatreste binden gemeinsam ein Kalziumion, wodurch die räumliche Struktur (Tertiärstruktur) des Moleküls stabilisiert wird. Damit ist eine Konformitätsveränderung verbunden, die es dem Protein ermöglicht, an Zellen und extrazelluläre Strukturen zu binden.
Osteocalcin besteht aus fünfzig Aminosäuren (vgl. Suttie 2009). Davon besitzen drei (rote Kugeln) Glutamatreste, die mithilfe von Vitamin K2 carboxyliert werden können. Dadurch wird das Protein aktiviert und kann Kalzium binden und es in Knochen und Zähnen einlagern.
Im Anschluss an die Carboxylierung wird das aktivierte Protein meist mittels eines noch nicht identifizierten Transporters in den Golgi-Apparat entlassen und gelangt von dort an den Ort seiner Bestimmung (Blutplasma, Knochenmatrix usw.).
Ist kein oder zu wenig Vitamin K vorhanden, unterbleibt diese zur Aktivierung notwendige Gamma-Carboxylierung oder sie findet nur an einigen Glutamatresten statt. Das Ergebnis sind uncarboxylierte (uncarboxylated) oder untercarboxylierte (undercarboxylated) Proteine, die inaktiv oder in ihrer Aktivität stark eingeschränkt sind. Sie werden teilweise abgebaut, gelangen zum Großteil aber ebenfalls ins Serum.
Das an der Gamma-Carboxylierung beteiligte Enzymsystem ist in der Membran des Endoplasmatischen Retikulums verankert. Das sind die Gamma-Carboxylase, die Vitamin K2 (in Form von Vitamin-K2-Hydrochinon = KH2) als Cofaktor benötigt, und das durch Cumarine blockierbare Enzym Vitamin-K-Epoxid-Reduktase, das Vitamin K recycelt.
Durch die Carboxylierung werden die betreffenden Proteine so verändert, dass sie wie mit einem Greifarm Kalziumionen binden und ablagern können. So bindet Osteocalcin in den knochenbildenden Osteoblasten Kalzium und lagert es an Hydroxylapatit.*
Zwar ist der durch Vitamin K bewirkte Aktivierungsmechanismus überall identisch, da aber viele unterschiedliche Proteine von Vitamin K aktiviert werden, werden dadurch ganz unterschiedliche Stoffwechselprozesse wie Blutgerinnung, Atherosklerose, Osteoporose, Krebs usw. beeinflusst. Die meisten haben in irgendeiner Weise mehr oder weniger mit Kalzium zu tun.
Da viele unterschiedliche Proteine von Vitamin K aktiviert werden, werden auch ganz unterschiedliche Stoffwechselprozesse beeinflusst.
Auch wenn die Blutgerinnungsfaktoren die am besten bekannten Proteine sind, die von Vitamin K abhängen, handelt es sich bei der Gamma-Carboxylierung um ein uraltes Aktivierungsprinzip von Proteinen, das schon sehr früh in der Evolution entstand. Jedenfalls gibt es Hinweise darauf, dass die Blutgerinnung nicht die ursprüngliche Aufgabe der Proteine mit Glutamatresten ist, denn sie kommen auch bei früh entwickelten Tieren vor, die noch kein Blutgerinnungssystem haben (Bandyopadhyay 2008).
* Hydroxylapatit ist die Basis der Hartsubstanz von Zähnen und Knochen, die u.a. Phosphor und Kalzium enthält.
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