Salomos Söhne. Philomène Atyame
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Название: Salomos Söhne

Автор: Philomène Atyame

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Literaturen und Kulturen Afrikas

isbn: 9783898968225

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СКАЧАТЬ sie viel Blut verloren?«

      »Nicht besonders viel, soviel ich weiß.«

      »Wie ist sie gefallen?«

      »Das erste Mal auf den Bauch, das zweite Mal auf den Rücken.«

      »Seit wann fällt sie?«

      »Seit langem. Sie war noch ein kleines Kind, als sie damit anfing.«

      »Kommt manchmal Schaum aus ihrem Mund?«

      »Immer.«

      »Zuckt sie auch dabei? Wie in Trance?«

      »Ja. Wenn sie das hat, klammert sie sich an Sachen fest, die sie erst loslässt, wenn sie wieder wach ist. Meine Verwandten glauben, sie ist besessen.«

      »Gott! Diese Brandnarben! Ist sie oft allein zuhause?«

      »Ja, wenn ich auf dem Feld bin.«

      »Gibt es in der Familie niemanden, der auf sie aufpassen kann?«

      »Alle haben Angst vor ihr.«

      »Warum? Sie ist nur krank.«

      »Was ist das für eine Krankheit?«

      »Erst nach den Untersuchungen kann ich Ihnen genau sagen, was sie hat. Ich vermute schon Epilepsie. Es kann aber auch sein, dass sie viel Blut verloren hat. Ihr Puls ist sehr schwach«, erklärte der Arzt, während er den Arm der Bewusstlosen festhielt.

      »Sie darf bloß nicht sterben. Bitte tun Sie etwas!«

      »Keine Panik. Sie wird es überstehen … Sie ist schwanger, sagten Sie?«

      »Ja, drei Monate.«

      »Sie bleibt zuerst hier. Danach sehen wir, wann Sie sie wieder mit nach Hause nehmen können. Die Kosten trägt in einem Fall wie diesem allein die Mission.«

      Sie kam nie wieder mit offenen Augen nach Hause. Nkolo Medjo hatte die letzten sechs Monate ihrer Schwangerschaft im Krankenhaus liegen müssen. Es waren rund sechsundzwanzig Wochen, keine Woche ohne Tränen. So lange hat keine Frau geweint. Sie lag sechsundzwanzig Wochen im Krankenhaus der Mission von Ebolowo’o, hatte keine Wahl. Es war für eine Schwangere mit einer gefährlichen Krankheit wie ihrer die einzige Möglichkeit, eine Hausgeburt zu vermeiden.

      Sie lag voller Hoffnung im Krankenhaus, wünschte, dass das Ganze ein glückliches Ende nimmt, glaubte, dass ein Ende näher rückte, als im neunten Monat die Blutung aufhörte. Sie wusste leider nicht, dass es ihr Ende war: das Ende eines zu kurzen Lebens. »Gott sei Dank. Bald komme ich wieder auf die Beine. Die Wehen, ich fühle sie! Bald ist es so weit! Essono, bald sind wir so weit!«, sagte sie zu ihrem Lebensgefährten. Aber es waren ihre letzten Worte, denn am selben Tag, kurz vor der Geburt, fiel sie ins Koma.

      Sie hatte Wünsche gehabt. Ihr letzter Wunsch, sie wollte eine neue Küche, wollte diese besser einrichten, bat Essono täglich darum, flehte ihn an, erklärte ihm, dass sie wegen des Kindes auch ein besseres Bett brauchte, ohne die geringste Ahnung, dass sie nie wieder mit offenen Augen nach Hause zurückkehren würde … Abiaye Abes Geburt war eine außergewöhnliche Geburt. Selbst die erfahrene Geburtshelferin sprach von einem Wunder. Sie sah keinen Kopf, sondern Füße, Sichelfüße, dann krumme Beine. Plötzlich blieb das Kind im Mutterleib stecken, Nkolo Medjo lag wie tot. Sie hatte viel Blut verloren. Das Kind brauchte dringend Hilfe, beinahe wäre es erstickt.

      Beide wären gestorben, wenn die Hilfe zu spät gekommen wäre. Doch, Abiaye Abe überlebte, gerettet von der tapferen Geburtshelferin. Wie das Kind schrie! Es hatte die Augen weit aufgemacht wie ein älteres Kind, schrie ungewöhnlich laut, während es auf dem Bauch seiner Mutter zappelte. Aber sie war schon tot, Nkolo Medjo erwachte nie wieder aus dem Koma … Jeder, der diese Geschichte hörte, sagte, dass Abe etwas gefühlt hatte, dass ihre ungewöhnlich lauten Schreie auf dem Bauch des Leichnams ihrer Mutter kein Zufall waren. Abe hatte um ihre tote Mutter geweint … Eine sehr rührende Geschichte!

      Meine Mutter hatte das Talent, solche Geschichten noch rührender zu machen. »Man kann nicht genug weinen. Vorgestern, als ich mit der Erzählung fertig war, hatten alle, selbst Obeme und Papa, Tränen in den Augen«, verriet sie mir. »Mir standen immer Tränen in den Augen, wenn Essono Medjo, euer Ururgroßvater, mir in Meyozo diese Geschichte erzählte«, fügte sie hinzu. Auch ich hatte Tränen in den Augen. Gerührt kam Mama auf mich zu und hielt mich in ihren Armen fest.

      »Sie starb zu früh, deine Ururgroßmutter, sie war erst zwanzig, hatte kaum gelebt. Nun Kind, genug geweint! Die Geschichte hat doch ein glückliches Ende! Oder? Das Kind überlebte! Abiaye Abe überlebte. Also Schluss mit dem Weinen!«, schloss sie, während sie selbst mit den Tränen kämpfte.

      Es hörte sich wie eine Beichte an, wie die Beichte der Leiden meiner Vorfahren, die Beichte einer dieser bitteren Geschichten der Schwarzen, die ich so gern umgeschrieben hätte.

      Ich fragte mich, ob Nane Abes Überleben ein glückliches Ende war. Denn sie überlebte mit einem körperlichen und einem seelischen Schaden. Nane Abe überlebte mit einem gebrochenen Bein und einer gebrochenen Seele. War das ein glückliches Ende, wie meine Mutter es meinte?

      »Aber Mama, unsere Vambas hatten es nicht so einfach, wie du es immer meinst. Nane Nkolo Medjo war epileptisch, Nane Abes Geburt schwierig. Außerdem verstehe ich nicht, warum man dem unschuldigen Baby so einen schrecklichen Namen gegeben hat. Wer kam überhaupt darauf?«

      »Der Vater des Kindes, dein Vamba Essono Medjo.«

      »Mama, warum hat er eine so kranke Frau geheiratet?«

      »Er liebte sie.«

      »Hm, Mama, ich glaube, Nane Nkolo Medjo war eine sehr liebe Frau, sonst hätte Vamba Obeme sie nicht geheiratet. Aber wäre ich sie gewesen, hätte ich nie geheiratet, nie, Mama, nie! Ihr Baby ist mit den Füßen in die Welt gekommen, bestimmt, weil sie immer andersrum ins Bett fiel … Mama, es war ein Wunder, dass dieses Kind nicht gestorben ist.«

      Meine Mutter schwieg. Ich aber dachte weiter an das arme Kind, fragte mich, warum Vamba Essono Medjo unbedingt ein Kind mit einer kranken Frau haben wollte. Ich wollte vor allem wissen, was ihn bewog, sein unschuldiges Baby mit so einem hässlichen Namen zu bestrafen.

      »Aber Mama, unser Vamba Essono Medjo, ich meine, er konnte seine Tochter Ngole, Mitleid, oder auch Mindjuk, die Schwierigkeiten, nennen. Warum bloß die Geburt des Bösen? Warum Abiaye Abe?«

      »Kind, ehrlich gesagt, dieser Name gefällt mir auch nicht. Nur, früher war alles anders. Frauen mit langen und starken Wehen litten sehr viel. Wenn die lang ersehnte Geburt schwer verlief und für die Mutter unglücklich endete, bekam das neugeborene Kind einen Namen, der an die Leiden seiner Mutter erinnerte … Unsere Ahnen sahen die Dinge anders als wir, meinten, dass ein Kind, dessen Mutter bei der Geburt starb, von Hexen gesandt wurde, um seine Mutter zu töten. Deshalb sollte man dieses Kind anders behandeln. Es sollte wissen, welche Schmerzen es seiner Mutter zugefügt hatte, welchen seelischen Schaden es gebracht hatte, wie viel Mühe es seine Eltern gekostet hatte. Dein Vamba Essono meinte, dass der Name Abiaye Abe sein Kind an all das erinnern sollte, es dann daran hindern würde, nie wieder seiner Mutter Übel anzutun, es gebieten würde, seine Mutter zu ehren. Er meinte, dass dieser Name seine Kleine zuerst entsetzen, aber dann erziehen, aufrichtig halten, zurechtweisen würde.«

      »Aber Mama, Nane Nkolo Medjo war schon tot.«

      »Die СКАЧАТЬ