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      Einleitung

      Niemand, der sich mit China beschäftigen will, kann an der Persönlichkeit des Kung (der von den Jesuiten Konfuzius genannt wurde, nach dem chinesischen Kung Fu Dsï = Meister Kung, und diesen Namen in Europa bis heute behalten hat) vorübergehen. Kung ist das historisch gewordene Ideal der überwältigenden Mehrheit des chinesischen Volkes, und niemand kann ein Volk richtig beurteilen, ohne dessen Ideale zu verstehen. Dennoch ist man in Europa weit davon entfernt, zu einer eindeutigen Würdigung dieser Persönlichkeit durchgedrungen zu sein. Im rationalistischen Zeitalter wurde er vielfach aus seiner Umgebung herausgelöst und genoß als weiser und tugendhafter Sittenlehrer, der in mancher Beziehung der damaligen Zeitströmung verwandte Züge zeigte, große Verehrung. Seit China jedoch in neuerer Zeit eine wesentlich ungünstigere Beurteilung in Europa fand, hatte auch sein historisches Ideal darunter zu leiden. Um so mehr, als immer deutlicher erkannt wurde, daß er zu eng mit der ganzen chinesischen Geschichte zusammenhängt, als daß man ihn daraus willkürlich losreißen könnte. Ja, so stark scheinen die Fäden, die ihn auch nach seinen eigenen Aussprüchen mit dem chinesischen Altertum verknüpfen, daß unserer Zeit, die in den Heroen des Menschengeschlechts nur immer nach dem Originalen und Genial-Persönlichen sucht, oft kaum mehr etwas Bemerkenswertes an dem vielverehrten Meister der Chinesen übrig zu bleiben schien. Und nicht vereinzelt sind die Urteile, die den Konfuzianer Menzius, der einige Jahrhunderte nach Kungs Tode eine literarisch überaus geschickte Propaganda für dessen Lehren betrieb, noch über den Meister stellen. Diese Geringschätzung entfernt sich aber ebenso weit von der Wahrheit wie jene frühere Verehrung des individualistisch betrachteten Tugendlehrers. Um die Größe einer historischen Persönlichkeit objektiv festzustellen, muß man alle persönlichen Geschmacksrichtungen zunächst beiseite lassen und nur seine tatsächliche Wirkung in Betracht ziehen. Jede hervorragende Persönlichkeit hat eine ganz bestimmte Auffassung der metaphysischen Gründe des Weltgeschehens. Und dieser Auffassung entsprechend gestaltet sie ihr Leben. Wie in der Musik ein jeder Komponist seinen bestimmten Rhythmus hat, der alle seine Werke einheitlich durchdringt, so hat jeder große Mann eine besondere Rhythmik des Handelns und Erlebens, die sich mehr oder weniger von dem passiven Gelebtwerden der großen Menge unterscheidet. Die Größe einer Persönlichkeit hängt nun einerseits davon ab, wie hoch sich diese Eigenart des Erlebens über das Niveau ihrer Zeit erhebt, und andererseits davon, wie groß ihre Kraft ist, auch andere Menschen in diese neue Art des Lebens hineinzuziehen und so ihr Leben gestaltend zu bestimmen. Von diesem Gesichtspunkt aus muß man Kung entschieden als einen der ganz Großen der Menschheit bezeichnen; denn seine Wirkung auf die ganze ostasiatische Welt, zusammen wohl nahezu ein Drittel der Menschheit, hat sich bis heute erhalten, und ebenso ist das sittliche Ideal, das er vertritt, ein solches, das wohl einen Vergleich aushält mit den übrigen Weltreligionen. Und mancher schon, der mit großen Vorurteilen an die intimere Beschäftigung mit ihm heranging, hat sich schließlich das Bekenntnis abringen müssen: Er war doch ein großer Mann.

      Der Versuch einer Lösung des Problems der Persönlichkeit Kungs als Faktors der Menschheitsentwicklung wird als notwendige Voraussetzung seine historische Eingliederung in den Zusammenhang des Lebens der chinesischen Rasse haben. Wir fragen daher zunächst: was fand er vor? – dann: was hat er erstrebt? – und weiter: was hat er erreicht? Eine Würdigung dessen, was er an bleibenden Werten dem geistigen Besitz der Menschheit hinzugefügt hat, möge den Abschluß bilden!

      Für eine genaue Anschauung der Verhältnisse in der chinesischen Urzeit fehlt zurzeit noch das nötige kritisch gesichtete Quellenmaterial. Allerdings wird man ebenso vorsichtig sein müssen gegenüber einer zu weit gehenden Skepsis, wie gegenüber einer unbesehenen Übernahme des ganzen chinesischen Traditionsstoffs. Es hat eine Zeit gegeben, da man das Vorhandensein einer chinesischen Schrift vor dem Jahr 800 v. Chr. leugnen zu müssen meinte, ja manchen Kritikern war selbst dieses Datum noch zu hoch gegriffen. Neuerdings sind Funde alter, beschriebener Knochen gemacht worden, die seit uralten Zeiten zu Orakelzwecken dienten. Durch diese Funde wurden ganz neue Einblicke in ein altes chinesisches Schriftsystem eröffnet, und es ist keineswegs ausgeschlossen, daß mit der Zeit noch Monumente ans Tageslicht kommen, die die chinesische Urgeschichte in neuem Licht erscheinen lassen. Vielleicht daß dann auch die jetzt noch gänzlich ungeklärte Frage nach dem Ursprung der chinesischen Kultur ihre Antwort findet.

      Was uns jetzt an Quellen für die chinesische Urzeit zur Verfügung steht, ist im wesentlichen alles durch die Redaktion Kungs hindurchgegangen. Es sind die fünf kanonischen Schriften der »Urkunden«, »Lieder«, »Wandlungen«, »Annalen des Staates Lu« und der – erst später fixierten – »Riten«. Wir haben Anhaltspunkte darüber, daß Kung bei seiner Redaktionsarbeit ziemlich radikal vorgegangen ist. Nicht darum war es ihm zu tun, eine historische Darstellung der Vergangenheit zu geben, sondern er wollte die Geschichte als einen Spiegel für die Zukunft überliefern. Er schrieb die Geschichte nur vom Standpunkt seiner Lehre aus, die er in ihr zusammengefaßt sieht. Ebenso ging er bei der Sammlung der Lieder und Bräuche durchaus kritisch vor.

      Immerhin bewegen sich die redaktionellen Änderungen Kungs in ganz bestimmten Bahnen. Er läßt manches ihm unrichtig dünkende weg, rückt anderes in eine neue Beleuchtung; aber wir dürfen das Zutrauen zu ihm haben, daß er den wesentlichen Gehalt der ihm vorliegenden Quellen unangetastet ließ. Als ungünstiges Moment kommt jedoch in Betracht, daß keine der von ihm redigierten Schriften sich in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten hat. Weit mehr als die Bücherverbrennung des Tsin Schï Huang, die von den Chinesen für den Zustand ihrer alten Literatur verantwortlich gemacht wird, sind die allgemeinen Unruhen der auf Kung folgenden Jahrhunderte dafür verantwortlich. Die alte chinesische Welt fiel rettungslos dem Untergang anheim, und als sich aus den Trümmern später die Handynastie erhob und man begann, sich auf die Schätze alter Wissenschaft wieder zu besinnen, da war vieles schon sehr stark mitgenommen vom Sturm der Jahrhunderte. So ist uns denn die ganze alte Literatur nur so überliefert, wie sie aus dem Schutt der Zeiten hervorgezogen wurde.

      Trotzdem diese Literatur zum Teil recht bedeutend gelitten hatte, sind uns dennoch in ihr die Richtlinien dessen aufbewahrt, was Kung in der Vergangenheit als Grundlage seiner Arbeit anerkannte. Die Heroen der Vergangenheit, die Schöpfer der chinesischen Kultur, die Kung vor Augen stehen, sind sieben an der Zahl: Gott Yau (Erhaben), Gott Schun (Gütig), der Große Yü, der Vollkommene Tang, ferner die drei Begründer der Dschoudynastie: König Wen und dessen zwei Söhne König Wu und der Fürst von Dschou. Wohl geht Kung nicht in jene grauen Urzeiten zurück, die in späteren Geschichtswerken immer ausführlicher behandelt werden; aber das große Dreigestirn der Kulturschöpfung Yau, Schun und Yü1, deren Zeit von 2300–2200 v. Chr. angesetzt zu werden pflegt, ist doch wohl auch kaum historisch. Schon daß Yau und Schun den Titel »Gott« tragen – denn die gewöhnliche Übersetzung mit »Kaiser« ist schon durch die Stellung des Wortes vor dem Namen ausgeschlossen – macht bedenklich. Aber auch die Zustände, wie sie unter diesen Herrschern sind und an das goldene Zeitalter anderer Mythen erinnern, finden im Verlauf der Geschichte keine Fortsetzung. Was von Yau, Schun und Yü erzählt wird, kommt aber dennoch in Betracht als Ideal, das Kung von der Vergangenheit besaß und an das er anknüpfen konnte. Die Ideale, die jene Heroen darstellen, sind die Grundlagen einer geordneten Regierung eines ackerbautreibenden Volkes. Was von Yau erzählt wird, bewegt sich durchaus in dieser Richtung. Ein ackerbautreibendes Volk braucht eine geordnete Zeitrechnung, damit die Beschäftigungen der Menschen in Einklang kommen mit dem Naturlauf, gut geordnete Wasserläufe, um Dürre und Überschwemmungen fernzuhalten, und endlich eine Regierung, die sich möglichst wenig durch Eingriffe in das persönliche Leben und Treiben des Volkes bemerkbar macht. So wird denn von Yau außer seiner persönlichen Tugend berichtet, daß er die Himmelserscheinungen in einem Kalender zur Darstellung brachte und in dem von seiner Familie verfolgten, aus ganz einfachen Verhältnissen hervorgegangenen Schun sich einen Gehilfen und Nachfolger herangezogen hat. Doch gelang es ihm noch nicht, der Überschwemmungen Herr zu werden. Dieses Werk vollendete Schun mit Hilfe des Großen Yü, der den sämtlichen Flüssen Nordchinas ihren Lauf anwies. Während Yau mehr mit den Himmelserscheinungen in Zusammenhang steht, ist Schun, der in seiner Jugend Landmann war, mehr mit den irdischen СКАЧАТЬ