Märchen aus China. Richard Wilhelm
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Название: Märchen aus China

Автор: Richard Wilhelm

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783843800082

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      Da sagten sie: »Setz’ dich in einen Korb und wirf uns das Seil zu, so wollen wir dich heraufziehen!«

      Die Mutter tat, wie sie gesagt. Als aber der Korb in halber Höhe war, da schwangen sie ihn hin und her und stießen ihn gegen den Baum. Da musste sich die falsche Mutter wieder in einen Panther verwandeln, damit sie nicht herunterfiel. Der Panther sprang aus dem Korbe und lief weg.

      Allmählich wurde es Tag. Die Töchter stiegen herab, setzten sich vor ihre Tür und weinten um ihre Mutter. Da kam ein Nadelverkäufer vorüber, der fragte, warum sie weinten.

      »Ein Panther hat unsere Mutter und unseren Bruder gefressen«, sagten die Mädchen. »Jetzt ist er weg, aber er kommt sicher wieder und frisst uns auch.«

      Da gab der Nadelverkäufer ihnen ein paar Nadeln und sagte: »Steckt sie in das Kissen auf dem Stuhl mit der Spitze nach oben.« Die Mädchen bedankten sich und weinten weiter.

      Dann kam ein Skorpionfänger vorüber; der fragte sie, warum sie weinten.

      »Ein Panther hat unsere Mutter und unseren Bruder gefressen«, sagten die Mädchen. »Jetzt ist er weg, aber er kommt sicher wieder und frisst uns auch.«

      Da gab er ihnen einen Skorpion und sagte: »Setzt den hinter den Herd in der Küche!« Die Mädchen bedankten sich und weinten weiter.

      Da kam ein Eierverkäufer vorüber, der fragte, warum sie weinten.

      »Ein Panther hat unsere Mutter und unseren Bruder gefressen«, sagten die Mädchen. »Jetzt ist er fort, aber er kommt sicher wieder und frisst uns auch.«

      Da gab er ihnen ein Ei und sprach: »Legt das in die Asche unter den Herd.« Die Mädchen bedankten sich und weinten weiter.

      Da kam ein Schildkrötenhändler vorüber, und sie erzählten ihre Geschichte. Da gab er ihnen eine Schildkröte und sagte: »Setzt sie in das Wasserfaß im Hof.« Da kam ein Mann vorüber, der hölzerne Keulen verkaufte. Er fragte sie, warum sie weinten. Und sie erzählten ihm die ganze Geschichte. Da gab er ihnen zwei hölzerne Keulen und sagte: »Die hängt auf über dem Tor an der Straße!« Die Mädchen bedankten sich und taten, wie die Männer gesagt.

      Als es Abend wurde, kam der Panther nach Hause. Er setzte sich auf den Stuhl im Zimmer. Da stachen ihn die Nadeln im Kissen. Dann lief er in die Küche, wollte Feuer machen und sehen, was ihn so gestochen; da schlug ihm der Skorpion seinen Stachel in die Hand. Und als das Feuer schließlich brannte, da platzte das Ei und sprang ihm ins Auge, und er ward auf einem Auge blind. Da lief er in den Hof und tauchte seine Hand ins Wasserfaß, um sie zu kühlen. Da biss ihm die Schildkröte die Hand ab. Vor Schmerz rannte er zum Tor hinaus auf die Straße, da fielen ihm die hölzernen Knüppel auf den Kopf und schlugen ihn tot.

      10. Das große Wasser

      Es war einmal eine Witwe, die hatte ein Kind. Das Kind hatte ein gutes Herz, und alle Leute hatten es lieb. Eines Tages sagte das Kind zu seiner Mutter: »Alle anderen Kinder haben eine Großmutter, ich allein habe keine. Das macht mich sehr traurig.«

      »Wir wollen dir eine Großmutter suchen«, sagte die Mutter. Nun kam einmal eine alte Bettlerin vors Haus, die war sehr arm und schwach. Als das Kind sie sah, sprach es zu ihr: »Du sollst meine Großmutter sein!« Und es ging zu seiner Mutter und sagte: »Draußen ist eine Bettlerin, die will ich als Großmutter haben.« Die Mutter war es zufrieden und rief sie ins Haus. Die Alte aber war sehr schmutzig und voll von Ungeziefer. Da sagte der Junge zu seiner Mutter: »Komm, wir wollen die Großmutter waschen!« So wuschen sie die Frau. Die aber hatte sehr viele Läuse. Die suchten sie alle und taten sie in einen Topf. Der ganze Topf ward voll davon. Da sprach die Großmutter: »Werft sie nicht weg; vergrabt sie im Garten! Und ihr sollt sie erst wieder ausgraben, wenn das große Wasser kommt.«

      »Wann kommt denn das große Wasser?« fragte der Knabe.

      »Wenn den zwei steinernen Löwen vor dem Gefängnis die Augen rot werden, dann kommt das große Wasser«, sagte die Großmutter.

      Da lief der Knabe zu den Löwen, aber ihre Augen waren noch nicht rot. Die Großmutter sprach auch zu ihm: »Mach ein kleines Schiff aus Holz und verwahre es in einem Kästchen!« Das tat der Junge. Jeden Tag lief er nun zum Gefängnis und sah die Löwen an, also dass die Leute auf der Straße sich darüber verwunderten.

      Eines Tages, als er beim Hühnerschlächter vorbeikam, fragte ihn der, warum er immer zu den Löwen laufe. Da sagte der Junge: »Wenn den Löwen die Augen rot werden, so kommt das große Wasser.« Der Schlächter aber lachte ihn aus. Und am anderen Morgen in aller Frühe nahm er Hühnerblut und strich es den Steinlöwen auf die Augen. Als der Junge sah, dass die Löwen rote Augen hatten, lief er schnell nach Hause und sagte es seiner Mutter und Großmutter. Da sprach die Großmutter: »Grabt nun rasch den Topf aus und holt das Schifflein aus dem Kasten!« Als sie den Topf ausgruben, waren lauter echte Perlen darin, und das Schiff wurde größer und größer, wie ein wirkliches Schiff. Die Großmutter sprach: »Nehmt den Topf mit euch und steigt in das Schiff! Wenn nun das große Wasser kommt, so mögt ihr die Tiere, die daher getrieben werden, retten; aber die Menschen, die Schwarzköpfe, sollt ihr nicht retten!« Da stiegen sie ins Schiff, und die Großmutter war auf einmal verschwunden.

      Nun begann es zu regnen, und der Regen strömte immer stärker und stärker vom Himmel herunter. Schließlich waren es nicht mehr einzelne Tropfen, sondern es war nur noch eine Wasserflut, die alles überschwemmte. Da kam ein Hund vorbei getrieben, den retteten sie auf ihr Schiff. Bald darauf kam ein Mäusepaar mit ihren Jungen; die quiekten laut aus Angst. Die retteten sie auch. Das Wasser stieg schon bis an die Dächer der Häuser. Auf einem Dach saß eine Katze, die machte einen krummen Buckel und schrie kläglich. Sie nahmen sie auch in ihr Schiff. Aber das Wasser wurde immer größer und stieg bis an die Wipfel der Bäume. Auf einem Baume saß ein Rabe, schlug mit den Flügeln und krächzte. Auch ihn nahmen sie zu sich. Schließlich kam ein Bienenschwarm daher. Die Tierchen waren ganz naß geworden und konnten kaum mehr fliegen. Da ließen sie auch die Bienen zu sich herein. Endlich kam ein schwarzhaariger Mensch auf den Wellen vorüber. Der Knabe sprach: »Mutter, den wollen wir auch retten!« Die Mutter wollte nicht: »Die Großmutter hat uns doch gesagt, wir dürfen keine Schwarzköpfe retten.« Der Knabe sprach: »Wir wollen den Mann doch retten. Ich habe Mitleid mit ihm und kann es nicht mit ansehen, wie er im Wasser dahintreibt.« So retteten sie denn auch den Mann.

      Allmählich verlief das Wasser sich wieder. Sie stiegen aus ihrem Schiff und verabschiedeten sich von dem Manne und den Tieren. Da wurde das Schiff wieder klein, und sie packten es in die Schachtel.

      Der Mann aber war lüstern nach ihren Perlen. Er ging hin zum Richter und verklagte den Knaben und seine Mutter. So wurden sie beide ins Gefängnis geworfen. Da kamen die Mäuse und gruben ein Loch in die Mauer. Zu dem Loch kam der Hund herein und brachte ihnen Fleisch, und die Katze brachte ihnen Brot, so dass sie im Gefängnis nicht Hunger leiden mussten. Der Rabe aber flog weg und kam wieder mit einem Briefe an den Richter. Der Brief war von einem Gott geschrieben, und es hieß darin: »Ich wandelte als Bettlerin in der Menschenwelt umher. Da hat der Knabe und seine Mutter mich aufgenommen. Der Knabe hat mich behandelt wie seine Großmutter und sich nicht davor geekelt, mich von meinem Schmutz zu waschen. Darum habe ich sie gerettet aus dem großen Wasser, in dem ich die sündige Stadt, darin sie lebten, zerstörte. Du, o Richter, musst sie freilassen, sonst werde ich Unglück über dich bringen.«

      Der Richter ließ sie vor sich kommen und fragte, was sie getan hätten und wie sie durch das Wasser hergekommen seien. Sie erzählten ihm nun alles, und es stimmte mit dem Briefe des Gottes überein. Da strafte er den Mann, der sie verklagt hatte, und ließ sie beide frei.

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