Название: Die verlorene Vergangenheit
Автор: Stefan Bouxsein
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Mordkommission Frankfurt
isbn: 9783939362074
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Till druckte die Biografie aus. Wahrscheinlich auf Tetzloff-Papier, dachte er sich, während der Drucker geräuschvoll die Seiten bedruckte. Er hatte über eine Stunde damit verbracht, im Netz nach Informationen über Tetzloff zu suchen, von Siebels war immer noch nichts zu sehen. Till las noch einmal die ausgedruckten Seiten, er saß mit dem Rücken zur Tür, dachte, es wäre Siebels, als die Tür sich öffnete. Aber hinter ihm stand Jensen.
»Was machen Sie denn da, Herr Krüger? Das sind doch alles Informationen zu der Person von Herrn Tetzloff. Herr Tetzloff ist das Opfer, ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie sich um den Täter kümmern.« Jensen war mittlerweile um die Schreibtische herumgegangen und setzte sich Till gegenüber auf den Stuhl von Siebels.
»Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen gehen wir davon aus, dass der Entführer mit vielen Einzelheiten aus dem Leben der Familie Tetzloff vertraut ist. Wir versuchen nun, uns in die Lage des Entführers zu versetzen. Wir wollen rekonstruieren, wie er bis jetzt vorgegangen ist und uns dann überlegen, wie seine nächsten Schritte aussehen könnten. Dazu müssen wir natürlich so viel wie möglich über Simone und Sebastian Tetzloff wissen.« Till hob die Augenbrauen und wartete spitzbübisch auf die Antwort von dem Staatsanwalt.
»Gut so, Krüger. Aus Ihnen wird noch ein mit allen Wassern gewaschener Ermittler. Aber vergessen Sie bloß eins nicht: Absolute Diskretion!« Jensen flüsterte die letzten Worte, stand auf und machte kehrt. An der Tür stieß er mit Siebels zusammen. »Ah, der Herr Polizeihauptkommissar Siebels. Ich muss ja wohl nicht betonen, dass ich rund um die Uhr auf dem Laufenden gehalten werden will, was die Sache Tetzloff betrifft.«
»Sie kennen uns doch nun lange genug, Herr Staatsanwalt Jensen. Auf uns können Sie sich verlassen.«
»Ja ja, mal mehr und mal weniger.« Jensen fuchtelte dabei mit den Händen in der Luft herum, als wollte er das mehr und weniger auch noch plastisch zum Ausdruck bringen, verließ dann aber kopfschüttelnd das Büro.
»Das wird noch was werden, früher oder später sickert das doch durch und dann ist der Teufel los. Dieses konspirative Gehabe gefällt mir nicht. Entweder ermitteln wir offiziell oder wir lassen es sein. Ich bin doch kein Angestellter von diesem Tetzloff und lasse mir von dem vorschreiben, wie viele Beamte wir bei den Ermittlungen einsetzen.«
»Das ist mir Wurst, solange Jensen glücklich ist. Wenn der erst mal Panik hat, dann nervt er noch viel mehr, darauf habe ich überhaupt keinen Bock.«
»Nur weil er Choleriker ist, können wir doch nicht einfach alles schlucken, was dem so in den Sinn kommt. Warten wir mal ab, was der Tag heute so bringt. Wenn mir das zu dumm wird, spreche ich mit dem Polizeipräsidenten persönlich. Am Ende geht das schief und wir sind die Deppen, nur weil der Jensen dem Tetzloff in den Arsch kriecht.«
»Hast ja recht. Wie geht’s jetzt weiter?«
»Wir fahren ins Main-Taunus-Zentrum, wie besprochen. Da klappern wir die Geschäfte ab, in denen Simone Tetzloff ihre Einkäufe erledigt hat. Außerdem habe ich noch eine Idee. Wenn wir davon ausgehen, dass der Täter sie auf dem Parkplatz überwältigt hat, muss es eigentlich Zeugen geben. Vielleicht hat es ja für Außenstehende nach einem Streit zwischen Eheleuten ausgesehen, was weiß ich. Aber so ein Jaguar fällt doch auf. Wenn da ein Gerangel zwischen einer Frau und einem Mann stattgefunden hat, muss das auch irgendjemand beobachtet haben.«
»Und? Willst du einen öffentlichen Aufruf starten? Wer hat beobachtet, wie die berühmte Simone Tetzloff am helllichten Tag entführt wurde? Jensen bringt dich um, wenn du nur dran denkst.«
»Wir müssen ja nicht direkt darauf eingehen. Wie wäre es, wenn der Jaguar beschädigt wurde, während er auf dem Parkplatz stand. Wir hängen einfach in der Nähe des Parkplatzes Zettel auf und fragen, ob jemand beobachtet hat, wie der Kotflügel von unserem schönen Jaguar eingedellt wurde.«
Till schnippte mit dem Finger. »Das ist eine gute Idee, das machen wir.«
7
Erinnerungen, September 1975
Abwartend saß ich mir in dem Warteraum in der Dienststelle der französischen Fremdenlegion in Reims den Hintern wund. Links von mir saß der Engländer, rechts der Pole. Meine Gedanken überschlugen sich, mir war die Legion nur vom Hörensagen bekannt. Nach meinen Erkenntnissen trafen sich in der Legion die Versager der Gesellschaft. Dort bekam man Disziplin eingetrichtert, dort konnte man zum Helden aufsteigen oder zum Niemand deklassiert werden. Eigentlich hatte ich aber keine Ahnung. Ich war drauf und dran, einfach wieder aufzustehen und zu gehen. Aber wohin hätte ich gehen sollen? Zurück wollte ich nicht, da war diese Grenze, die Grenze zu meinem alten Leben. Diese Grenze war tabu, denn was mich dahinter erwartete, das war Enttäuschung, Verzweiflung und Wut. Also blieb ich sitzen und ließ die Dinge auf mich zukommen. Ich beschloss, mich auf Claude zu verlassen. Claude hatte mich aus dem Nichts geholt und mir wieder Leben eingeblasen. Vielleicht war er ja ein Engel, der geschickt worden war, um mich auf den richtigen Weg zu bringen, nachdem alles um mich herum zusammengestürzt war. Ohne Claude wäre ich jetzt nur noch ein Häufchen Elend, zum Dahinsiechen verdammt, verfolgt von Dämonen und blutigen Bildern, die sich in meinem Kopf Nacht für Nacht an die Oberfläche kämpften. Ich versuchte, den Engländer in ein Gespräch zu verwickeln, fragte ihn, woher er kommen würde. Fuck you, war seine Antwort.
Also hatte ich mich dem Polen zugewandt. Thomas kam aus Warschau. Er sprach Deutsch mit starkem Akzent. Auf der Suche nach Arbeit hatte es ihn nach Deutschland verschlagen. Dort fand er einen Job auf dem Bau. Allerdings bekam er oft Streit mit dem Polier und verliebte sich auch noch in die falsche Frau, nämlich in СКАЧАТЬ