TEXT + KRITIK 230 - Loriot. Группа авторов
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Название: TEXT + KRITIK 230 - Loriot

Автор: Группа авторов

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: TEXT + KRITIK

isbn: 9783967074895

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СКАЧАТЬ einen Spiegel vorhielt. Seine erste Sendung bei Radio Bremen nannte er »Loriots sauberer Bildschirm«, eine Anspielung auf die Mitte der 1960er Jahre gegründete Initiative »Aktion saubere Leinwand«, die sich gegen die Darstellung von Nacktheit und Sexualität im Film richtete. Und erkennbar hatte er Spaß daran, in dieser Sendung mit sinnfreien Nacktszenen und anzüglichen Doppeldeutigkeiten zu provozieren. Es war daher kein Wunder, dass er auch noch in den 1960er und 1970er Jahren Politiker und Kirchenvertreter gegen sich aufbrachte. Als besonderer Stein des Anstoßes erwies sich dabei der schwarze Humor seines Gedichtes »Advent«: Für die rechtsextreme »Deutsche Wochenzeitung« war die (erneute) Ausstrahlung in der letzten Folge seiner TV-Reihe bei Radio Bremen im Dezember 1978 sogar Anlass, nach dem Staatsanwalt zu rufen.16

      Humor nach Hitler

      Damit bleibt als dritte und letzte Frage, wie sich der Humor Loriots zur Bundesrepublik als postfaschistischer Gesellschaft verhielt. Auch bei diesem Thema, das sei vorweggenommen, scheint es offensichtliche und dabei zugleich widersprüchliche Bezüge zu geben. Denn der totale Zusammenbruch auf moralischer und materieller Ebene, den der Nationalsozialismus nach sich gezogen hatte, wurde durch die westdeutsche Gesellschaft auf zwei Arten kompensiert, die eine Entsprechung bei Loriot haben: einerseits durch ein geradezu obsessives Streben nach Sicherheit und Ordnung, zum anderen – damit eng verbunden – durch eine spezifische Form politischer Abstinenz und Konfliktvermeidung.

      Es ist daher kaum ein Zufall, dass Ordnungsobsessionen und ihr Scheitern ein Grundmotiv in Loriots Werk darstellen. Sein »Großer Ratgeber« (1968) parodiert umfassend das Genre der Benimm- und Ratgeberliteratur und dessen formalisierte, dabei merkwürdig sinnentleerte Sprache. Im TV-Sketch »Zimmerverwüstung« (1976) mündet der zwanghafte Versuch, ein (modernes) Bild geradezurücken, im völligen Chaos. Alle bemühten Versuche des Protagonisten Lohse in Loriots zweitem Spielfilm »Pappa ante Portas« (1991), für die Zukunft vorzubauen, haben ähnlich katastrophale Konsequenzen. Auch wenn hier gewiss eine selbstironische Komponente des als Perfektionisten bekannten Autors und Regisseurs anklingt, fällt es schwer, darin keine gesellschaftliche Dimension zu sehen. Loriot, so scheint es, wusste um die Vergeblichkeit derartigen Strebens angesichts der Kontingenz von Geschichte. Dabei mögen seine Erfahrungen im Krieg an der Ostfront von Bedeutung gewesen sein sowie die Zäsur des Kriegsendes, mit der sich scheinbar unumstößliche jahrhundertealte Traditionen der preußischen Adelsfamilie von Bülow auflösten.