Название: Die Elixiere des Teufels. Nachgelassene Papiere des Bruders Medardus eines Kapuziners
Автор: E. T. A. Hoffmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Reclams Universal-Bibliothek
isbn: 9783159618555
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Er fand mich einsam, noch düstrer, noch aufgeregter als gestern, ich sprach von dem Baron und von meiner unaussprechlichen Sehnsucht, ihn wiederzusehen. Hermogen war bald nicht mehr derselbe, er hing an meinen Blicken, und ihr gefährliches Feuer fiel zündend in sein Inneres. Wenn meine Hand in der seinigen ruhte, zuckte diese oft krampfhaft, tiefe Seufzer entflohen seiner Brust. Ich hatte die höchste Spitze dieser bewusstlosen Exaltation richtig berechnet. Den Abend, als er fallen sollte, verschmähte ich selbst jene Künste nicht, die so verbraucht sind und immer wieder so wirkungsvoll erneuert werden. Es gelang! – Die Folgen waren entsetzlicher, als ich sie mir gedacht, und doch erhöhten sie meinen Triumph, indem sie meine Macht auf glänzende Weise bewährten. – Die Gewalt, mit der ich das feindliche Prinzip bekämpfte, das wie in seltsamen Ahnungen in ihm sich sonst aussprach, hatte seinen Geist gebrochen, er verfiel in Wahnsinn, wie du weißt, ohne dass du jedoch bis jetzt die eigentliche Ursache gekannt haben solltest. – Es ist etwas Eignes, dass Wahnsinnige oft, als ständen sie in näherer Beziehung mit dem Geiste und gleichsam in ihrem eignen Innern leichter, wiewohl bewusstlos angeregt vom fremden geistigen Prinzip, oft das in uns Verborgene durchschauen und in seltsamen Anklängen aussprechen, so dass uns oft die grauenvolle Stimme eines zweiten Ichs mit unheimlichem Schauer befängt. Es mag daher wohl sein, dass, zumal in der eignen Beziehung, in der du, Hermogen und ich stehen, er auf geheimnisvolle Weise dich durchschaut und so dir feindlich ist, allein Gefahr für uns ist deshalb nicht im mindesten vorhanden. [95]Bedenke, selbst wenn er mit seiner Feindschaft gegen dich offen ins Feld rückte, wenn er es ausspräche: ›Traut nicht dem verkappten Priester‹, wer würde das für was anderes halten als für eine Idee, die der Wahnsinn erzeugte, zumal da Reinhold so gut gewesen ist, in dir den Pater Medardus wiederzuerkennen? – Indessen bleibt es gewiss, dass du nicht mehr, wie ich gewollt und gedacht hatte, auf Hermogen wirken kannst. Meine Rache ist erfüllt und Hermogen mir nun wie ein weggeworfenes Spielzeug unbrauchbar und umso überlästiger, als er es wahrscheinlich für eine Bußübung hält, mich zu sehen, und daher mit seinen stieren lebendigtoten Blicken mich verfolgt. Er muss fort, und ich glaubte dich dazu benutzen zu können, ihn in der Idee, ins Kloster zu gehen, zu bestärken und den Baron sowie den ratgebenden Freund Reinhold zu gleicher Zeit durch die dringendsten Vorstellungen, wie Hermogens Seelenheil nun einmal das Kloster begehre, geschmeidiger zu machen, dass sie in sein Vorhaben willigten. – Hermogen ist mir in der Tat höchst zuwider, sein Anblick erschüttert mich oft, er muss fort! – Die einzige Person, der er ganz anders erscheint, ist Aurelie, das fromme, kindische Kind; durch sie allein kannst du auf Hermogen wirken, und ich will dafür sorgen, dass du in nähere Beziehung mit ihr trittst. Findest du einen schicklichen Zusammenhang der äußern Umstände, so kannst du auch Reinholden oder dem Baron entdecken, wie dir Hermogen ein schweres Verbrechen gebeichtet, das du natürlicherweise, deiner Pflicht gemäß, verschweigen müsstest. – Doch davon künftig mehr! – Nun weißt du alles, Viktorin, handle und bleibe mein. Herrsche mit mir über die läppische Puppenwelt, wie sie sich um uns dreht. Das Leben muss uns seine [96]herrlichsten Genüsse spenden, ohne uns in seine Beengtheit einzuzwängen.« – Wir sahen den Baron in der Entfernung und gingen ihm, wie im frommen Gespräch begriffen, entgegen.
Es bedurfte vielleicht nur Euphemiens Erklärung über die Tendenz ihres Lebens, um mich selbst die überwiegende Macht fühlen zu lassen, die wie der Ausfluss höherer Prinzipe mein Inneres beseelte. Es war etwas Übermenschliches in mein Wesen getreten, das mich plötzlich auf einen Standpunkt erhob, von dem mir alles in anderm Verhältnis, in anderer Farbe als sonst erschien. Die Geistesstärke, die Macht über das Leben, womit Euphemie prahlte, war mir des bittersten Hohns würdig. In dem Augenblick, dass die Elende ihr loses, unbedachtes Spiel mit den gefährlichsten Verknüpfungen des Lebens zu treiben wähnte, war sie hingegeben dem Zufall oder dem bösen Verhängnis, das meine Hand leitete. Es war nur meine Kraft, entflammt von geheimnisvollen Mächten, die sie zwingen konnte im Wahn, den für den Freund und Bundesbruder zu halten, der, nur ihr zum Verderben die äußere, zufällige Bildung jenes Freundes tragend, sie wie die feindliche Macht selbst umkrallte, so dass keine Freiheit mehr möglich. Euphemie wurde mir in ihrem eitlen, selbstsüchtigen Wahn verächtlich und das Verhältnis mit ihr umso widriger, als Aurelie in meinem Innern lebte und nur sie die Schuld meiner begangenen Sünden trug, wenn ich das, was mir jetzt die höchste Spitze alles irdischen Genusses zu sein schien, noch für Sünde gehalten hätte. Ich beschloss, von der mir einwohnenden Macht den vollsten Gebrauch zu machen und so selbst den Zauberstab zu ergreifen, um die Kreise zu beschreiben, in denen sich all die Erscheinungen um mich her [97]mir zur Lust bewegen sollten. Der Baron und Reinhold wetteiferten miteinander, mir das Leben im Schlosse recht angenehm zu machen; nicht die leiseste Ahnung von meinem Verhältnis mit Euphemien stieg in ihnen auf, vielmehr äußerte der Baron oft, wie in unwillkürlicher Herzensergießung, dass erst durch mich ihm Euphemie ganz wiedergegeben sei, und dies schien mir die Richtigkeit der Vermutung Reinholds, dass irgendein Zufall dem Baron wohl die Spur von Euphemiens verbotenen Wegen entdeckt haben könne, klar anzudeuten. Den Hermogen sah ich selten, er vermied mich mit sichtlicher Angst und Beklemmung, welches der Baron und Reinhold der Scheu vor meinem heiligen, frommen Wesen und vor meiner geistigen Kraft, die das zerrüttete Gemüt durchschaute, zuschrieben. Auch Aurelie schien sich absichtlich meinem Blick zu entziehen, sie wich mir aus, und wenn ich mit ihr sprach, war auch sie ängstlich und beklommen wie Hermogen. Es war mir beinahe gewiss, dass der wahnsinnige Hermogen gegen Aurelie jene schreckliche Ahnungen, die mich durchbebten, ausgesprochen, indessen schien mir der böse Eindruck zu bekämpfen möglich. – Wahrscheinlich auf Veranlassung der Baronesse, die mich in näheren Rapport mit Aurelien setzen wollte, um durch sie auf Hermogen zu wirken, bat mich der Baron, Aurelien in den höheren Geheimnissen der Religion zu unterrichten. So verschaffte mir Euphemie selbst die Mittel, das Herrlichste zu erreichen, was mir meine glühende Einbildungskraft in tausend üppigen Bildern vorgemalt. Was war jene Vision in der Kirche anderes als das Versprechen der höheren, auf mich einwirkenden Macht, mir die zu geben, СКАЧАТЬ