Gesammelte Werke. Ernst Wichert
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788027237517

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      Also es bleibt dabei, schloß der Gießmeister ab. Hüte du nur deinen Mund, so werden auch die Leute nichts zu reden haben. Und nun weise dem Gast das Quartier an und decke den Tisch.

      Waltrudis ließ sich durch die Unterhaltung des Junkers nicht abziehen: sie horchte ängstlich auf das Gespräch der Eheleute. Wenn ich Euch lästig falle, gute Frau … sagte sie schüchtern und brach gleich wieder ab. Was sollte sie auch hinzufügen? Ach Gott, fuhr sie in anderem Tone fort, wohin könnte ich mich wenden? Ich bin eine Waise, und der einzige, der mir durch Blutsverwandtschaft nahestand – mein Bruder –, ist in der Schlacht gefallen. Ganz allein stehe ich in der Welt, auf die Mildtätigkeit guter Menschen angewiesen!

      Die Tränen liefen ihr über die Wangen. Hans von der Buche ergriff ihre Hand und rief: Aber vergeßt den Freund nicht! Der hat's mit mir zu tun, der Euch auch nur mit einem unfreundlichen Worte kränkt. Ich bleibe in der Marienburg und will schon aufpassen.

      Sie schenkte ihm einen dankbaren Blick recht aus Herzensgrund. Der Gießmeisterin entging er nicht. Ei, ei, bemerkte sie, das ist ja recht ritterlich gesprochen und kann dem schönen Fräulein wohl gefallen. Vielleicht findet Ihr Gelegenheit zu guten Diensten, Junker, wenn auch nicht in meinem Hause. Denn das sage ich ein für allemal: das Hin- und herlaufen leide ich nicht, und wenn wir auch einen Gast aufnehmen, so halten wir doch keine Herberge. Sie streichelte Waltrudis die Backe. Nun, härmt Euch nicht; es ist nicht so schlimm gemeint. Eine Waise – so, so! Ja, es gibt viel Unglück in der Welt, aber der liebe Gott kleidet ja auch die Lilien auf dem Felde, wir wollen ihm vertrauen. Kommt also in Gottes Namen. Sie ging, mit dem Schlüsselbunde rasselnd, voran, die schmale Stiege zum Turm hinauf, und Waltrudis folgte mit dem geringen Gepäck, das vom Sattel abgebunden war.

      Wir wollen nun zusehen, wo wir den Pferden ein Unterkommen schaffen, riet Ambrosius. Unterwegs sagte er: Laßt Euch durch meine Alte nicht schrecken. Sie muß immer den Mund voll Worte nehmen, sonst ist ihr beklommen; was da aber heraussprudelt, kommt nicht sonderlich aus der Tiefe. Ich bin's gewohnt, sie ihren Strich reden zu lassen, und dann tut sie allemal, was ich will. Dem Fräulein wird's an nichts fehlen, dafür kenne ich sie, und daß sie Euch nicht die Tür weist, wenn Ihr von Zeit zu Zeit ehrsam anklopft, darauf könnt Ihr Euch verlassen. Es ist nur, daß sie für alle Fälle ihr Gewissen beruhigt. –

      Wenige Tage darauf ging die Stadt Marienburg in Flammen auf. Es waren Pechkränze in die Holzhäuser geworfen und angezündet. Rasch griff das Feuer um sich; der Wind trieb Rauch und Funken vom Schlosse ab. Bald war der ganze ummauerte Raum ein Flammenmeer. In den Wallgängen und hinter den Zinnen auf den Dächern standen die Bürger und sahen traurig der Vernichtung zu. Jeder konnte ja von der Höhe aus sein Haus erkennen und darauf warten, bis das Sparrenwerk prasselte und der Schornstein zusammenbrach.

      Hoch aus den wogenden Flammen ragte die Kirche und das Rathaus vor. Beide waren fest aus Backsteinen erbaut und trotzten der Glut. Nur die Dächer brannten teilweise nieder. Auch die Stadtmauern blieben stehen, aber von den Torflügeln hielt nur das Eisenwerk stand. Den Tag über und die ganze Nacht durch brannte die Stadt. Die Hitze auf dem Parchan neben der St.-Annen-Kapelle wurde so groß, daß die dort aufgestellte Feuerwache ihre Kleider mit Wasser netzen mußte. Weithin über das flache Land wurde der Brandgeruch vom Winde fortgetragen.

      Auf den Türmen standen Wächter, um die Annäherung des Feindes zu erspähen und sogleich zu melden. Vorher aber kündeten sie ein frohes Ereignis: durch den Werder zog von Nordwest her ein Fähnlein streitbarer Männer in blankem Harnisch heran. Das konnten nicht Polen sein. Bald meldete denn auch der Hauptmann am Brückenkopf fünfhundert Danziger Schiffskinder, die von der Stadt zur Hilfe geschickt waren. Konrad Letzkau hatte es im Rat durchgesetzt, daß man das Haupthaus nicht im Stiche lasse, so viele Unzufriedene auch dagegen sprachen. Das war Plauens letzte Freude. Ich will's dem Bürgermeister gedenken, sagte er, dem Hauptmann die Hand schüttelnd und die kräftigen, wohlbewaffneten Knechte mit freundlichem Blicke musternd. Diese Fünfhundert sind in der Not so viel Tausende wert.

      Es war nun auf weiteren Zuzug nicht mehr zu rechnen. Plauen ließ deshalb die Pfahlbrücke über die Nogat von Grund aus zerstören, damit sie dem Feinde nicht dienen konnte; denn den Brückenkopf drüben mit Erfolg zu verteidigen, durfte er nicht hoffen. So war nun die Burg von der einen Seite durch die Brandstätte, von der andern durch den breiten Strom gedeckt und abgesperrt.

      Eins aber blieb noch zu tun. In diesen Tagen der Not und Bedrängnis hatte Heinrich von Plauen, unbekümmert um seine Vollmacht, Befehle erteilt, und willig war ihm Gehorsam geleistet worden. Nun aber waren die dringendsten Vorbereitungen zur Verteidigung getroffen, und die Besatzung mußte wissen, wer befugt sei, in der Burg zu gebieten. Auch war es seinem geraden Sinne zuwider, sich länger, als die Not dazu zwang, ein Amt anzumaßen. Deshalb berief er nun die wenigen Ordensritter, die um ihn waren, nach dem kleinen Remter über des Hochmeisters Wohnung zu einem Kapitel, mit ihnen zu beraten nach Vorschriften der Ordensstatuten.

      Ihr habt erfahren, liebe Brüder, sagte er, und leider ist daran kein Zweifel, daß Herr Ulrich von Jungingen, unseres Ordens Meister, ritterlich in der Schlacht gefallen ist. Nach unserem Gesetz soll der Orden bis zur neuen Wahl nicht ohne Haupt bleiben; vielmehr ist verordnet, daß die Brüder zusammentreten und einen Statthalter wählen, der vollmächtig sei, das verwaiste Amt zu verwalten, und dem sowohl die Brüder als das Land Gehorsam schuldig wie dem Meister selbst. Nach altem löblichem Brauch hat das Kapitel stets in solchem Falle den Großkomtur oder einen anderen von den obersten Gebietigern berufen, die Meisterwahl vorzubereiten. Aber alle sind den Heldentod gestorben in der Schlacht bis auf Werner von Tettingen, und der liegt in unserem Hause zu Elbing krank, wie mir gemeldet worden, und kann nicht zu uns. Hier aber, in der Marienburg, muß des Ordens Statthalter seinen Sitz haben, denn hier hat er den Feind zu empfangen, und nur hier kann über die Geschicke des Landes beschlossen werden. Auch eine andere Aufgabe wird ihm diesmal als sonst. An die Wahl des neuen Meisters ist nicht zu denken, bevor das Land vom Feinde befreit, der Deutschmeister mit seinen vornehmsten Brüdern aus dem Reiche, der Landmeister aus Livland angelangt sind. Marias Burg zu verteidigen, das Land zu befreien, ist des Statthalters nächste Pflicht. Deshalb braucht der Orden einen tapferen, umsichtigen Kriegsmann an der Spitze, auf den Verlaß ist in der Not. Auf einen Mann solchen Schlages lenkt eure Wahl, und fraget nicht, ob er von hohem oder geringem Adel, ein Sachse, Bayer oder Schwabe sei, noch auch welche Ämter und Würden er vorher geführt hat. Kennt ihr einen einfachen Ritter, dem ihr volles Vertrauen schenkt, daß er am tapfersten und klügsten Gott und der Jungfrau Maria dienen werde, dem gebt eure Stimmen, und ich will der erste sein, der ihm unverbrüchlichen Gehorsam schwört bis zu des Meisters Wahl. Gott erleuchte euch!

      Er setzte sich nieder und stützte den Kopf in die Hand, abzuwarten, bis sie sich schlüssig gemacht hätten. Leise sprachen sie miteinander, und ein Wort schien reihum zu gehen, dem alle zustimmten. Da stand Wigand von Marburg auf und sprach: Was bedarf es langen Rates und feierlicher Wahl? Kann doch nur von einem unter uns die Rede sein. Wenn diese Burg dem Orden zu erhalten und durch sie das Land zu retten ist, so dankt sie nur dem edlen Komtur von Schwetz ihre Erhaltung. Was Ihr getan habt in diesen Tagen, das gibt Euch bessere Vollmacht, an die Spitze zu treten, als unser Kapitel. Ihr habt Euch bewährt als einen tapferen, umsichtigen Kriegsmann, und wir vertrauen Euch von ganzem Herzen wie keinem andern. Darum sei Heinrich von Plauen unser Gebieter bis zu des neuen Meisters Wahl.

      Dem stimmten alle Ritter mit lautem Zuruf bei; der Komtur aber winkte mit der Hand und gebot Ruhe. Bedenket das wohl, sagte er ernst. Was ich getan habe, hätte jeder andere an meiner Stelle auch getan, und wenn es mir im Zwange der Not gelang, die äußerste Gefahr abzuwenden, so war ich doch nur ein Werkzeug in der Hand Gottes, und ihm gebührt die Ehre. Nicht deshalb achtet auf mich und hebt mich auf den Schild. Wisset ihr einen Besseren, so wählt den. Auch als Dienender werde ich meine Schuldigkeit tun.

      Die Ritter ließen sich nicht beirren; ihre Wahl stand schon fest. Wir wissen keinen Besseren, riefen sie wie aus einem Munde; Heinrich von Plauen sei des Ordens Statthalter! Wigand von Marburg aber trat vor und sagte: Lasset uns nach der СКАЧАТЬ