Gesammelte Werke. Ricarda Huch
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Философия

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isbn: 4064066388829

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СКАЧАТЬ verwalteten und ein eigenes Siegel führten. Ebensowenig griff er in die inneren Verhältnisse von Unterwalden ein. Dennoch breitete sich seine Macht allmählich aus, und er rückte den geängstigten Orten näher und näher. Die Besitzungen der Habsburg-Laufenburger Linie gingen auf ihn über, auch die Kiburger beerbte er, und am Ende des Lebens glückte ihm noch ein bedeutender Fang, indem er dem Kloster Murbach die zwischen Zürich und dem Gotthard gelegene Stadt Luzern abkaufte, in deren Nähe er bereits Besitzungen hatte. Als Rudolf am 12. Juli 1291 starb, atmeten die freiheitsliebenden Leute in den Oberen Landen auf, wie wenn eine Lawine, die sich auf sie herabzuwälzen schien, plötzlich abseits in einen Abgrund gestürzt wäre. Alle, die sich bedroht fühlten, eilten Bündnisse zu schließen; im August, nach der Überlieferung war es der erste, traten Männer von Uri, Schwyz, Unterwalden zusammen, um den Schwur zu erneuern, den sie früher in der Not geschworen hatten, einen Schwur, der ihre Personen nicht nur, sondern die Länder, die sie vertraten, auf ewige Zeit zu einer Genossenschaft verbinden sollte. Man kann annehmen, daß ein Herr von Attinghausen von Seiten Uris und ein Stauffacher von seiten der Schwyzer dabei waren, denn diese Namen erscheinen immer als diejenigen, die die Geschicke ihrer Länder leiteten. Sie verleugneten nicht den Charakter germanischer freier Bauern: ungestüm tapfer, wenn es zum Kämpfen kam, waren sie vorsichtig zurückhaltend in der Verantwortung des vorbereitenden Handelns, ganz und gar konservativ in der Gesinnung. Die ehrwürdige Urkunde, die die Bedingungen der Schwurgenossenschaft festsetzt, nennt den Feind nicht geradezu, gegen den sie sich richtet; es sollen, heißt es, die Rechtszustände wiederhergestellt werden, wie sie vor König Rudolfs Zeit waren. Das Wesentliche war der enge Zusammenschluß der Schwurgenossen: ihre Streitigkeiten sollen von einem Schiedsgericht entschieden werden. Die bestehenden Herrschaftsverhältnisse sollen nicht angetastet werden; die freien Männer von Schwyz und Uri hatten Hörige, wer Knecht war, sollte auch künftig Knecht bleiben. Was für bewundernswerte Politiker diese Bergbewohner waren, bewiesen sie einige Monate später, als sie den Kreis ihrer Bestrebungen durch einen kühnen Schritt erweiterten und mit der Stadt Zürich ein Bündnis abschlossen. Es war eins der vielen Bündnisse, die im Reich geschlossen wurden, bald auf ein Jahr, bald auf mehrere Jahre, die vorübergehenden Zwecken dienten und ohne Folgen blieben; aber es war einzig als Bündnis zwischen Bauernschaften und einer Stadt, als der Keim eines Staates, der im Abendlande ohnegleichen war.

      Die Stadt Zürich, die im Laufe der Jahrhunderte neben der königlichen Pfalz und der Abtei Fraumünster herangewachsen war, gehörte mit dem Bischof von Konstanz, dem Abt von St. Gallen, Savoyen und Bern zu den Reichsgliedern, die sich durch die Bildung eines habsburgischen Staates in den Oberen Landen bedroht fühlten. Das gab den Anlaß zu dem auf drei Jahre geschlossenen Bunde Zürichs mit Schwyz und Uri. Die Eidgenossen bildeten einen ständigen Rat von sechs Züricher Bürgern und sechs Vertretern der Länder: es waren für Uri Werner von Attinghausen, Bernhard Schüpfer und Konrad Herr von Erstfelden, für Schwyz Konrad ab Iberg, Rudolf Stauffacher und Konrad Huser. So hören wir endlich bestimmte Namen, und es sind Namen darunter, denen Sage und Dichtung edlen Erzklang verliehen haben. Über zwanzig Jahre später leitete Werner Stauffacher die Schwyzer, als sie wieder einmal das Kloster Einsiedeln überfielen, mit dem sie über ein zwischen ihnen liegendes Stück Land stritten. Ohne Scheu vor der gottgeweihten Stätte führten sie Mönche und Knechte des Klosters gefangen fort, nachdem sie das Kloster verwüstet hatten. Vielleicht war er ein Sohn der stolzen Stauffacherin, die ihrem verzagenden Manne den Rat gab, sich mit den Urnern zur Befreiung der Länder zu verschwören.

      Der Bund mit Zürich ging bald wieder auseinander, weil die Politik der Reichsstädte in dieser Sache mehrfach wechselte. Die Männer am See dagegen hielten an ihrem Grundgedanken fest, dem unzerbrechlichen Zauberring, den sie um sich geschlossen hatten und wenn es nützlich schien und möglich war, ein wenig, nicht zu viel erweiterten. Daß die Verbindung gegen Habsburg zunächst eine Niederlage erlitt, focht sie nicht an. Die Schwyzer machten damals ein wichtiges Gesetz im Sinne der Freiheit: sie verboten jede Übertragung von Grundbesitz an Landfremde und Klöster und bestimmten, daß kirchliches und grundherrliches Gut im Lande steuerpflichtig sei. Übrigens fuhren sie fort, die Kaiserkämpfe auszunützen. Adolf von Nassauen, Feind der Habsburger, bestätigte willig den Urnern und Schwyzern ihre Freiheitsbriefe. Mit Albrecht, dem Sohne Rudolfs, erneuerte sich die Gefahr, bis ein früher, gewaltsamer Tod sie verscheuchte. Heinrich VII. bestätigte nicht nur den Urnern und Schwyzern, die sich ihm vorstellten, als er im Jahre 1309 sich in Konstanz aufhielt, ihre von den früheren Kaisern ausgestellten Privilegien, sondern auch den Unterwaldnern, die solche gar nicht besaßen, so daß nun die drei Waldstätte sich über ihre Reichsunmittelbarkeit ausweisen konnten. Die Söhne des ermordeten Habsburgers beruhigten sich dabei nicht; nachdem sie sich mit dem Kaiser versöhnt hatten, hielt Leopold ihm vor, daß die den Waldstätten erteilten Rechte gewissen Rechten ihrer Dynastie widersprächen, und erlangte von Heinrich das Versprechen, er werde die Habsburger Herrschaftsansprüche untersuchen lassen und dann die Entscheidung treffen. Das war im Jahre 1311, als er vor Brescia lag. Zwei Jahre später räumte wieder der Tod die den Waldstätten drohende Gefahr hinweg: der noch junge Kaiser starb. Die darauf erfolgende doppelte Königswahl war für die Waldstätte ein glücklicher Umstand, denn Ludwig der Bayer suchte natürlich alle Gegner Habsburgs an sich zu fesseln und lud sie selbst ein, sich ihm anzuschließen, hob auch die Reichsacht auf, der die Schwyzer wegen ihrer gegen das Kloster Einsiedeln verübten Übeltaten verfallen waren. So waren die kleinen Länder in die große Zwietracht hineingerissen, die das Reich zerteilte, die nur mit den Waffen ausgefochten werden konnte. Herzog Leopold beschloß, die Waldstätte, rebellische Bauern, endgültig seinem Hause wieder zu unterwerfen. Es war nicht anzunehmen, daß die unbedeutenden Täler dem österreichischen Herzog, wenn er einmal seine Kräfte sammelte, widerstehen könnten. Etwa 20 000 Mann brachte er zusammen, lauter in den Waffen geübte Ritter, österreichische Lehens- und Dienstleute, hauptsächlich aus den schwäbischen Landen. Während der Herzog diese gegen Schwyz führen wollte, leitete Graf Otto von Straßberg, Leopolds Stellvertreter in den burgundischen Gegenden, ein zweites Heer über den Brünig gegen Unterwalden. Hilfe hatten die Länder keine; Zürich hielt zu Österreich, mit Bern bestand noch keine Verbindung, Luzern war durch die österreichische Herrschaft gebunden. Von den Urnern indessen kam Zuzug nach Schwyz, denn man wußte dort, daß der Herzog beim Engpaß von Morgarten, als dem einzig unbeschützten Punkt, einzufallen beabsichtigte. Dort warteten die Bauern und schleuderten auf die Angreifer, die mit einem leichten Sieg rechneten, Felsblöcke herunter. Die entsetzten Ritter, die zurückweichen wollten, drückten auf die noch nichts ahnenden nachrückenden, und ein furchtbares Gedränge entstand; die nicht vom Feinde vernichtet wurden, ertranken in dem See, der die Flucht versperrte. Der Chronist verglich sie mit Fischen, die in einem Fanggarn gefangen werden. Es war der 15. November des Jahres 1315, als diese erstaunliche Schlacht stattfand, mehr eine Katastrophe als eine Schlacht. Die Kunde davon verbreitete solchen Schrecken, daß Graf Otto von Straßberg für besser fand, mit seinem Heer umzukehren, und so hastig flüchtete, daß er sich eine Verletzung zuzog, an der er starb. In den drei Ländern schlugen die Herzen hoch. In Strömen war das Blut der Ritter geflossen, das ihre hatten sie gespart für die Zukunft. Am 9. Dezember erneuerten sie bei Brunnen ihren Ewigen Bund. Er war diesmal in deutscher Sprache verfaßt und nannte Österreich als den Feind, gegen den er sich richtete. Aufrecht standen sie da als bewährte Kämpfer und Sieger, gesättigt mit Ruhm und Ehren. Ludwig der Bayer lobte ihre Treue und beschenkte sie mit Gnaden, indem er, außer daß er ihre Reichsunmittelbarkeit bestätigte, den Habsburgern die Rechte aberkannte, die sie an den Waldstätten zu haben behaupteten. Zwei Jahre nach der Schlacht wurde der Landammann von Uri zum Reichsvogt von Urseren und Livinen und damit zum Aufseher über den Gotthardverkehr ernannt. So waren denn die Waldstätte dicht an den Berg hinangerückt, der ihres Schicksals Herr war; sie hatten, das fühlten sie, an seine Felsen angeklammert einen festen Stand, den menschliche Kraft nicht erschüttern konnte. Nun führten sie allmählich auch die urtümliche Germanenfreiheit wieder ein, die ihrem Sinn entsprach. Es hatte unter ihnen einen Adel gegeben, der sich nicht rechtlich über den Freien erhob, dem nur soviel Ehrerbietung und Gehorsam gezollt wurde, wie persönlicher Tüchtigkeit freiwillig gewährt wurde. Den Lehens- oder Dienst-Adel, der jetzt herrschte, machten seine Ansprüche und Übergriffe verhaßt; weil sie keine Geschlechter aufkommen lassen wollten, die den freien Bauern unterdrückten, vertrieben sie die adligen Familien, die unter ihnen heimisch waren. Den Herrschaften, die Rechte in Uri hatten, wurden diese abgekauft. In Unterwalden СКАЧАТЬ