Die Novellen um Claudia. Arnold Zweig
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Novellen um Claudia - Arnold Zweig страница 6

Название: Die Novellen um Claudia

Автор: Arnold Zweig

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066112684

isbn:

СКАЧАТЬ kleinen Jacketts an sie dachte. Sie bildeten eine moralische Ziffer. Mit einem Male traf mich diese Idee des Moralischen. Wie? Moral? Aber Geld war sicherlich stärker als Moral. Arme Leute haben Geld lieber als Moral, Arbeiter sind arme Leute, folglich, nun?« Er mußte einen Augenblick innehalten. Mitten im Sprechen wurde ihm bewußt, daß er von nun an wieder zu Monolog und Stummheit verurteilt sei; das nahm ihm den Atem. Er sah sie an, – sie dachte: um sie zu einer Äußerung zu veranlassen, und sie zog harmlos den Schluß, indem sie fand, daß seine Augen sehr gütig seien. »Folglich brachte er sie gegen Geld zum Schweigen.« Und die Form seiner Stirn wies sicherlich zarte Schönheit auf.

      »Natürlich,« rief er ungesund lebhaft aus, »man konnte sie bestechen. Reisemützchen würde für meine Bücher eine anständige Summe haben, davon konnte er ein paar Mark opfern, und meine Zeugen waren dahin, schwiegen, blieben stumm wie das Grab, um dem Volksmunde nachzureden. Und unter dem Druck dieser starken Möglichkeit blieb ich stehen, überwand Hunger und Müdigkeit und marschierte zurück. Ich kam kurz nach dreiviertel auf sieben an die Stelle, auf der ich mein Volumen ausgeliefert hatte. Niemand da. Ich durchirrte den ganzen Güterboden. Personne. Ich rief – umsonst. Endlich, um viertel acht, voll von Ekel und Unglück über meinen Leichtsinn, hungrig und müde doppelt so sehr als zuvor, ging ich nach Hause. Um acht kam ich in die Stadt. Ich wollte die Mutter des Bürgers zu Rate ziehn, die Polizei, aber ich schämte mich, und dann war es mir auch schon gleichgültig.« Wozu erzählt er mir das eigentlich, fragte sie sich in leichtem Erstaunen. Es ist nicht besonders appetitlich. Dann schämte sie sich jedoch und sagte als Buße mit hörbarer Teilnahme:

      »Ich verstehe das.« Er streifte schweigend die Asche von der Zigarre und fuhr dann fort, schneller, weil der Schluß wie ein Abgrund das Fließen der Erzählung beschleunigte, gleichsam einsog, und indem er auf ihre Hände sah, die ruhig nebeneinander auf dem Tische lagen:

      »Ich schlief schlecht diese Nacht. Am Morgen stand ich um sechs Uhr auf, am Ruhetag, am Sonntag, und ich pflegte mich sonst auch Wochentags nicht vor zehn zu erheben, ich hielt mich zur Erholung in Freiburg auf. Ich stand also um sechs auf und begab mich auf den Güterbahnhof. Natürlich traf ich keinen Menschen dort, nicht eine Seele. Ich wiederholte diese vergeblichen Spaziergänge um zehn, um halb zwölf und um vier, alle Male mit demselben Erfolge. Ich dachte nicht mehr, ich war vielmehr von der Idee besessen, das Meinige wiederzuhaben.«

      Er schwieg wieder und betrachtete seine Zigarre, die zu Ende ging. Ihr Blick ruhte nachdenklich und ein ganz klein wenig spöttisch auf ihm: eigentlich macht er davon viel Aufhebens.

      »Nun?« fragte sie endlich. Er schrak zusammen:

      »Ich bin gleich fertig,« sagte er und sah von ihrem Gesicht wieder auf den Teppich. »Montag nach neun ging mein Zug. Montag um halb sieben stand ich im Büro der Güterabfertigung. Natürlich sah ich, sowie ich eintrat, mein Paket. Es lag ordnungsgemäß da, der Mann hatte es abgeliefert, redlich, es war fertig zum Abschicken.« Er schwieg ohne aufzusehen.

      »Nun ist ja alles gut,« meinte sie geringschätzig, denn sie fühlte, daß er auf ein Wort wartete. Er stützte den Kopf in die Hand und blickte auf den Tisch:

      »Was denken Sie also, das ich getan habe?«

      »Sie haben sich entschuldigt und sind vergnügt zur Bahn gegangen«, entgegnete sie ohne Zaudern.

      »So. Ja. Nein, ich nahm das Paket an mich, sagte, es habe Eile und trug es zur Post.«

      Claudia lehnte sich langsam wie erstarrt in ihren Sessel zurück:

      »Sie trugen es zur Post?« staunte sie tief bestürzt. Und dann kam ihr die Anwandlung laut und erbarmungslos zu lachen. Sie unterdrückte sie.

      »Ja. Zu einer andern Post als das erste Mal. Ja, ich genierte mich, wissen Sie.« Er nickte mehrere Male, ohne den Kopf aus der Hand zu heben oder die Augen vom Tisch zu entfernen, lächelte traurig und sagte noch einmal: »Ja.«

      Claudias Augen sprachen von dem Schrecken, der langsam in sie hinabsank wie ein Eimer in einen dunklen Brunnen, und um ihren Mund schrieben Spott und erschrockenes Verachten eine gekrümmte Linie. Sie zürnte ihm; sie warf ihm eine stumme Frage zu: Wozu erzählen Sie mir solche läppischen Streiche? und sah ihn hart und schweigend an. Die große Uhr pochte unablässig; Doktor Walter Rohme besah reglos den Schimmer der rötlichen Lampe auf der Tischdecke, mit gebeugtem Nacken. Da sitzt er nun auf seiner Heldentat, dachte sie zornig. Warum verteidigt er sich nicht? Wo verbarg sich seine Klugheit, wo sein sonst so rührendes Zartgefühl; warum zeigte er, der bisher Grund gegeben hatte zu glauben, er werde ihren Weg vor allem Häßlichen behüten, damit nichts sie kränke und verstöre – warum zeigte er sich ihr heute so hilflos, so ausdrücklich schwach? Da saß er nun gebeugten Nackens wie ein Verurteilter und rührte sich nicht … Und sie begriff. Ein Blitz schoß auf und erleuchtete ihr alles: sie sah ihn klar wie Kristall und ganz lauter. Eine Wonne stieg aus ihr empor wie ein Eimer aus durchsonntem Brunnen, von goldenem Wasser schwer und triefend. Sie lächelte immer verstehender, immer seliger, sie fühlte eine Wärme und einen süßen Druck in ihrem Herzen und nannte es Glück. Sie hob langsam die Hand und streckte sie ihm entgegen, reichte sie ihm über den Tisch, bis die feinen Fingerspitzen seinen Handrücken berührten. Er fuhr aus toter Verzweiflung auf, blickte unbegreifend in ihre glücklichen Augen – erriet sie in einem erstickten Atemholen und küßte die Hand mit einem brennenden langen erlösten Kusse.

      »Sie müssen jetzt gehen,« sagte sie und erhob sich. »Ich danke Ihnen für diese Erzählung, ja, ich danke Ihnen.« Ihre Augen leuchteten noch immer, und noch immer hielt er ihre Hand, gerettet. »Morgen kommen Sie zum Tee, dann reden wir von Weislingen und musizieren ein wenig, wie?« Ihre Stimme klang tief und schwingend, wie er sie noch nie gehört hatte, und er drückte die geliebte Hand. »Ja,« sagte er glücklich.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAQAAAQABAAD/2wBDAAMCAgMCAgMDAwMEAwMEBQgFBQQEBQoHBwYIDAoMDAsK CwsNDhIQDQ4RDgsLEBYQERMUFRUVDA8XGBYUGBIUFRT/2wBDAQMEBAUEBQkFBQkUDQsNFBQUFBQU FBQUFBQUFBQUFBQUFBQUFBQUFBQUFBQUFBQUFBQUFBQUFBQUFBQUFBQUFBT/wAARCAWgA4QDASIA AhEBAxEB/8QAHgAAAQQDAQEBAAAAAAAAAAAABgMEBQcCCAkBAAr/xABgEAABAwIEBAQEAwUFBAUG BBcBAgMEBREABhIhBxMxQRQiUWEIMnGBFSORCRZCUqEzscHR8BckYuFDcoKi8SU0U5KU0iY1N2Nk c3R1g5OysxhEVaPCVGWEGTZFVpWkw//EABYBAQEBAAAAAAAAAAAAAAAAAAABAv/EABkRAQEBAQEB AAAAAAAAAAAAAAABETFBIf/aAAwDAQACEQMRAD8Aqts3Vh6wLkYZMC5xIMJ3wDlAtjxRxmnpjBYw DZ87XxAzHZHjijlI8Jy9XN1+bXf5dPpbe+J2QD9sQ00G59L4Bkp0j6YictVKrTDKNUiIiBLulkIO 6k+p3+m+PKdHq6axUFTHWl05RHhkJHmT9dv78S3KOhWiwXY2J6X7YCSYe223PviRYdJAvscDNBRU GYKE1Nxp2WCdSmBZNr7YnWHL4CSQu4xko3FgcN2lXF+2MnHrJsPvgMHnQxdKe/VWFI6ja9rj1wzI 1L7qPZPviZplNVp1u3A7JwDuM2ooCjsMLBFz5umFS0NAHQDHpACbWwGIsTa22MFEJNseuuEEAdcJ KBKrnAfLX2xgUKUbjphQt3N8fKWbWTtgE9ISCThMXI1HbCilBPzbnCelTyrk2T6YBMqKlbJ+5x8l rQokdffCxJUdKBsNr4y0WFhucAilGsecWPrj1cdTYuiyh64zV5k77YTuW1EpP698AkUXNwCce+Wx IUB9TbGLktDt0a+Ws7A9sQ0pL6nVJfGhv+EDqcA5f5rq1JcdS0jtv1w0XBSvUTIBUBdLYNtR7C+F 2ljSEPICkHYDqRjzwqWkevfXbAeoYYsjUs6tIKkAX0nuL98OSzHJsSVC3S1sJaU6L6iBb СКАЧАТЬ