Unterm Birnbaum. Theodor Fontane
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Читать онлайн книгу Unterm Birnbaum - Theodor Fontane страница 3

Название: Unterm Birnbaum

Автор: Theodor Fontane

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788726614633

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СКАЧАТЬ bereden Se’t nich, Hradscheck. Nei, nei.

      Man sall nix bereden. Ook sien Glück nich.“

      Und damit ließ sie den Nachbar stehn und humpelte wieder auf ihr Haus zu.

      Hradscheck aber sah ihr ärgerlich und verlegen nach. Und er hatte wohl Grund dazu. War doch die Jeschke, so freundlich und zutulich sie tat, eine schlimme Nachbarschaft und quacksalberte nicht bloß, sondern machte auch sympathische Kuren, besprach Blut und wußte, wer sterben würde. Sie sah dann die Nacht vorher einen Sarg vor dem Sterbehause stehn. Und es hieß auch, „sie wisse, wie man sich unsichtbar machen könne“, was, als Hradscheck sie seinerzeit danach gefragt hatte, halb von ihr bestritten und dann halb auch wieder zugestanden war. „Sie wisse es nicht; aber das wisse sie, daß frisch ausgelassenes Lammtalg gut sei, versteht sich von einem ungeborenen Lamm und als Licht über einen roten Wollfaden gezogen; am besten aber sei Farnkrautsamen, in die Schuhe oder Stiefel geschüttet.“ Und dann hatte sie herzlich gelacht, worin Hradscheck natürlich einstimmte. Trotz dieses Lachens aber war ihm jedes Wort, als ob es ein Evangelium wäre, in Erinnerung geblieben, vor allem das „ungeborene Lamm“ und der „Farnkrautsamen“. Er glaubte nichts davon und auch wieder alles, und wenn er, seiner sonstigen Entschlossenheit unerachtet, schon vorher eine Furcht vor der alten Hexe gehabt hatte, so nach dem Gespräch über das sich Unsichtbarmachen noch viel mehr.

      *

      Und solche Furcht beschlich ihn auch heute wieder, als er sie nach dem Morgengeplauder über die „Tüffeln“ und die „Malvesieren“ in ihrem Hause verschwinden sah. Er wiederholte sich jedes ihrer Worte: „Wenn een’s Glück hebben sall. Na, Se hebben’t joa, Hradscheck. Awers bereden Se’t nich.“ Ja, so waren ihre Worte gewesen. Und was war mit dem allen gemeint? Was sollte dies ewige Reden von Glück und wieder Glück? War es Neid oder wußte sie’s besser? Hatte sie doch vielleicht mit ihrem Hokuspokus ihm in die Karten geguckt? Während er noch so sann, nahm er den Spaten wieder zur Hand und begann rüstig weiterzugraben. Er warf dabei ziemlich viel Erde heraus und war keine fünf Schritt mehr von dem alten Birnbaum, auf den der Ackerstreifen zulief, entfernt, als er auf etwas zustieß, das unter dem Schnitt des Eisens zerbrach und augenscheinlich weder Wurzel noch Stein war. Er grub also vorsichtig weiter und sah alsbald, daß er auf Arm und Schulter eines hier verscharrten Toten gestoßen war. Auch Zeugreste kamen zutage, zerschlissen und gebräunt, aber immer noch farbig und wohlerhalten genug, um erkennen zu lassen, daß es ein Soldat gewesen sein müsse.

      Wie kam der hierher?

      Hradscheck stützte sich auf die Krücke seines Grabscheits und überlegte. „Soll ich es zur Anzeige bringen? Nein. Es macht bloß Geklatsch. Und keiner mag einkehren, wo man einen Toten unterm Birnbaum gefunden hat. Also besser nicht. Er kann weiter hier liegen.“

      Und damit warf er den Armknochen, den er ausgegraben, in die Grube zurück und schüttete diese wieder zu. Während dieses Zuschüttens aber hing er all jenen Gedanken und Vorstellungen nach, wie sie ihm seit Wochen immer häufiger kamen. Kamen und gingen. Heut’ aber gingen sie nicht, sondern wurden Pläne, die Besitz von ihm nahmen und ihn, ihm selbst zum Trotz, an die Stelle bannten, auf der er stand. Was er hier zu tun hatte, war getan, es gab nichts mehr zu graben und zu schütten, aber immer noch hielt er das Grabscheit in der Hand und sah sich um, als ob er bei böser Tat ertappt worden wäre. Und fast war es so. Denn unheimlich verzerrte Gestalten (und eine davon er selbst) umdrängten ihn so faßbar und leibhaftig, daß er sich wohl fragen durfte, ob nicht andere da wären, die diese Gestalten auch sähen. Und er lugte wirklich nach der Zaunstelle hinüber. Gott sei Dank, die Jeschke war nicht da. Aber freilich, wenn die sich unsichtbar machen und sogar Tote sehen konnte, Tote, die noch nicht tot waren, warum sollte sie nicht die Gestalten sehn, die jetzt vor seiner Seele standen? Ein Grauen überlief ihn, nicht vor der Tat; nein, aber bei dem Gedanken, daß das, was erst Tat werden sollte, vielleicht schon erkannt und verraten war. Er zitterte, bis er, sich plötzlich aufraffend, den Spaten wieder in den Boden stieß.

      „Unsinn. Ein dummes altes Weib, das gerade klug genug ist, noch Dümmere hinters Licht zu führen. Aber ich will mich ihrer schon wehren, ihrer und ihrer ganzen Totenguckerei. Was ist es denn? Nichts. Sie sieht einen Sarg an der Tür stehn, und dann stirbt einer. Ja, sie sagt es, aber sagt es immer erst, wenn einer tot ist oder keinen Atem mehr hat oder das Wasser ihm schon ans Herz stößt. Ja, dann kann ich auch prophezeien. Alte Hexe, du sollst mir nicht weiter Sorge machen. Aber Ursell Wie bring’ ich’s der bei? Da liegt der Stein. Und wissen muß sie’s. Es müssen zwei sein . . .“

      Und er schwieg. Bald aber fuhr er entschlossen fort: „Ah, bah, es wird sich finden, weil sich’s finden muß. Not kennt kein Gebot. Und was sagte sie neulich, als ich das Gespräch mit ihr hatte? ,Nur nicht arm sein . . . Armut ist das Schlimmste.‘ Daran halt’ ich sie; damit zwing’ ich sie. Sie muß wollen.“

      Und so sprechend, ging er, das Grabscheit gewehrüber nehmend, wieder auf das Haus zu.

      III

      Als Hradscheck bis ah den Schwellstein gekommen war, nahm er das Grabscheit von der Schulter, lehnte die Krücke gegen das am Hause sich hinziehende Weihspalier und wusch sich die Hände, saubrer Mann, der er war, in einem Kübel, drin die Dachtraufe mündete. Danach trat er in den Flur und ging auf sein Wohnzimmer zu.

      Hier traf er Ursel. Diese saß vor einem Nähtisch am Fenster und war, trotz der frühen Stunde, schon wieder in Toilette, ja noch sorglicher und geputzter als an dem Tage, wo sie die Kränze für die Kinder geflochten hatte. Das hochanschließende Kleid, das sie trug, war auch heute schlicht und dunkelfarbig (sie wußte, daß Schwarz sie kleidete), der blanke Ledergürtel aber wurde durch eine Bronzeschnalle von auffälliger Größe zusammengehalten, während in ihren Ohrringen lange birnenförmige Bummeln von venezianischer Perlenmasse hingen. Sie wirkten anspruchsvoll und störten mehr, als sie schmückten. Aber für dergleichen gebrach es ihr an Wahrnehmung, wie denn auch der mit Schildpatt ausgelegte Nähtisch, trotz all seiner Eleganz, zu den beiden hellblauen Atlassofas nicht recht passen wollte. Noch weniger zu dem weißen Trumeau. Links neben ihr, auf dem Fensterbrett, stand ein Arbeitskästchen, darin sie, gerade als Hradscheck eintrat, nach dem Faden suchte. Sie ließ sich dabei nicht stören und sah erst auf, als der Eintretende, halb scherzhaft, aber doch mit einem Anfluge von Tadel sagte: „Nun, Ursel, schon im Staat? Und nichts mehr zu tun in der Küche?“

      „Weil es fertigwerden muß.“

      „Was?“

      „Das hier.“ Und dabei hielt sie Hradscheck ein Samtkäpsel hin, an dem sie gerade nähte. „Wenig mit Liebe.“

      „Für mich?“

      „Nein. Dazu bist du nicht fromm und, was du lieber hören wirst, auch nicht alt genug.“

      „Also für den Pastor?“

      „Geraten.“

      „Für den Pastor. Nun gut. Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, und die Freundschaft mit einem Pastor kann man doppelt brauchen. Es gibt einem solch Ansehen. Und ich habe mir auch vorgenommen, ihn wieder öfter zu besuchen und mit Ede sonntags umschichtig in die Kirche zu gehen.“

      „Das tu nur; er hat sich schon gewundert.“

      „Und hat auch recht. Denn ich bin ihm eigentlich verschuldet. Und ist noch dazu der einzige, dem ich gern verschuldet bin. Ja, du siehst mich an, Ursel. Aber es ist so. Hat er dich nicht auf den rechten Weg gebracht? Sage selbst. Wenn Eccelius nicht war, so stecktest du noch in dem alten Unsinn.“

      „Sprich nicht so. Was weißt du davon? Ihr habt ja gär keine Religion. Und Eccelius eigentlich auch nicht. Aber er ist ein guter Mann, eine Seele СКАЧАТЬ