Название: Wir Sklaven von Suriname
Автор: Anton de Kom
Издательство: Bookwire
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
isbn: 9783887474041
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Doch diese Geschichte hatte noch ein Nachspiel, da unter der englischen Verwaltung einige Abkommen mit den Einheimischen getroffen worden waren. Die Holländer aber dachten nicht daran, diesen Vereinbarungen nachzukommen, vielmehr verdrängten sie die Bewohner immer weiter von ihrem Land, indem sie es in sogenannten Kaufverträgen gegen allerlei Plunder wie Messer, Spiegel und Angelgerät eintauschten. Die Indianer lehnten sich erneut auf und versuchten, sich von dem fremden Joch zu befreien. Zwar führten sie keinen richtigen Krieg mit großem Aufmarsch, doch überfielen sie in kleinen Gruppen immer wieder die Plantagen und töteten dabei zahlreiche Weiße. Gegen diese mutigen Surinamer, die durch ihre Vertrautheit mit dem Terrain den Weißen gegenüber im Vorteil waren, ließ sich wenig ausrichten. Auch eine Streitmacht von 150 bis an die Zähne bewaffneter Zeeländer, die unter Gouverneur Heinsius (1680) gegen die Indianer ins Feld zogen, musste unverrichteter Dinge wieder abrücken. Wir Surinamer von heute gedenken dieser Vorväter und ehren sie.
Die Geschichte von der Ankunft der Holländer in unserem Land wäre nicht vollständig, wenn wir es versäumten, über die unerfreulichen Reibereien zwischen Zeeland und den Generalstaaten zu berichten, die sich wie zwei Kampfhähne um das Besitzrecht von Suriname zankten. Da Crijnsen, der Fort Zeelandia befehligte, ein Zeeländer war, erhoben die Staaten von Zeeland aufgrund seines Heldenmuts Anspruch auf Souveränität. Doch die Generalstaaten konnten höhere Rechte geltend machen, immerhin hatten sie die Expedition finanziert.
Der Konflikt endete unentschieden. Zeeland blieb einstweilen im Besitz von Suriname, während man den Generalstaaten eine gewisse Oberhoheit zuerkannte. Als allerdings unter Heinsius die Aufstände der Einheimischen immer schärfere Formen annahmen, einigten sich die Staaten von Zeeland mit der Generalität letztlich darauf, diesen gefährlichen Posten 1682 der ehrbaren Westindien-Kompanie zu übereignen. Die Staaten von Zeeland erhielten dafür 260 000 Gulden. Und die Generalstaaten gewährten den neuen Eigentümern ein Hoheitsrecht über zehn Jahre.
Aus der kolonialen Kulturaufgabe der Holländer in Suriname wurde dank dieses Schriftstücks aus 32 Artikeln (eine Art Grundgesetz für Suriname) ein monopolistischer Handelsbetrieb.
Da ja die Kolonisten ihr liebes Vaterland nicht verlassen hatten, um in der Tropensonne im Schweiße ihres Angesichts ihr Brot zu verdienen, war ihr Wohlstand von der schnellen und guten Versorgung mit brauchbaren Sklaven abhängig. Für den Nachschub dieses Arbeitsviehs erhielt die Westindien-Kompanie nun das Monopol, wie es in Artikel VI des Schriftstücks wörtlich lautet: »Da die erwähnte Kolonie ohne schwarze Sklaven oder Negros nicht lohnend geführt werden kann, und niemand außer der Kompanie in diesen Länder befugt ist, Sklaven von der Küste Afrikas zu holen, wo alleinig darin gehandelt wird, so soll die Kompanie verpflichtet sein, der erwähnten Kolonie jährlich eine solche Anzahl Sklaven zu liefern, wie von dort angefordert.«7
Um die Sache aber in einem besseren Licht erscheinen zu lassen, nahm die Westindien-Kompanie zugleich die Verpflichtung auf sich, »dass die Kolonisten zu allen Zeiten versorgt sind mit einem oder mehreren Dienern Gottes, damit die Kolonisten und andere Eingesessene dort in Gottesfurcht und der Lehre der Seligkeit geleitet und unterwiesen werden können.«8
Die Westindien-Kompanie hatte ihre Blütezeit jedoch hinter sich und konnte nicht die notwendigen Mittel aufbringen, um die Kolonie, die sich durch den Fortzug der Engländer und durch die Überfälle der Indianer vollkommen im Verfall befand, wieder gewinnbringend zu machen. Deshalb verkaufte sie 1683 ein Drittel ihrer Rechte an die Stadt Amsterdam, und ein Drittel an Cornelis van Aerssen van Sommelsdyck, der in der Übertragungsurkunde auch gleich zum Gouverneur ernannt wurde. Die neuen Eigentümer nahmen daraufhin den Namen der »De Geoctroyeerde Sociëteit van Suriname« an. Die oberste Souveränität und die Verteidigung blieben allerdings weiterhin in den Händen der Generalstaaten.
Im Grunde hatte sich durch die Übertragung nichts verändert. Die Westindien-Kompanie behielt das Monopol für den Sklavenhandel, nur dass die Geoctroyeerde Sociëteit das Recht erwarb, notfalls auch selbst Sklaven zu importieren, vorausgesetzt, sie würden für jeden dieser Sklaven 15 Gulden an die Westindien-Kompanie abführen (wir würden sagen: Einfuhrzoll).
DER SKLAVENHANDEL
Auf dem endlosen tiefblauen Ozean fährt eine Fregatte, herrlich die edle Pracht ihrer Masten und Stangen, das wölbende Weiß ihrer vom Wind geblähten Segel. Keine stampfenden Maschinen treiben sie an, keine schwarzen Rauchwolken beschmutzen das blaue Himmelsgewölbe. Vom Ausguck aus gesehen liegt das Schiff unter uns wie ein weißer Fisch, die Gischt peitscht gegen das Bugspriet, zwei Matrosen an der Ruderpinne singen ein altes, altes Seemannslied.
Kein Schauspiel gleicht dem eines Dreimasters unter Takelage, es ist schöner als Heinrich Hausers Letzte Segelschiffe*, schöner als die Fregatte Johanna Maria*, es ist der Traum jener, die mitten im Getöse der großen Stadt, zwischen den Schreib- und Rechenmaschinen, vom goldenen Füllhorn vergangener Zeiten träumen.
Wir gönnen euch diese Theaterloge im Ausguck dieser alten Schiffe, wir gönnen euch den Seewind in den Haaren und unter euch das Lied der Matrosen, die auf dem Mast das Bramsegel reffen.
Und doch möchten wir euch warnen. Seid nicht so kühn, von eurem hohen Logenplatz in die Wanten zu klettern, oder wenn euch das zu gefährlich erscheint, durch das Mannloch nach unten. Setzt keinen Fuß auf die Strickleitern, die zum Achterdeck führen, wie blitzblank gescheuert es von oben auch aussehen mag.
Oben atmest du die vom Teergeruch stechende Luft und den salzigen Seewind.
Unten stinkt es schon eine Meile leewärts nach Schweiß und den Ausscheidungen von tausend in einen Raum gepferchten Sklaven.
Hier oben hörst du den Schrei der Albatrosse, die singenden Matrosen und das Meeresrauschen.
Unten aber das Wimmern der Sklaven, die Schreie einer Frau, die in den Wehen liegt, und die Peitsche, die auf die Rücken der Schwarzen niedersaust.
Die Räume unter Deck werden dir nicht gefallen, diese dreckigen Brutstätten von Unrat und Ungeziefer, in denen Männer von Frauen getrennt sind, alle in Ketten liegen und, um Platz zu gewinnen, zusammengezwängt sind und in ihrer Verzweiflung jammern. Auch du wirst etwas vom Kummer und der Verzweiflung der Schwarzen spüren, verschleppt von Zuhause, weit weg von ihren Verwandten, krank vom Schaukeln der Wellen und der schlechten Verpflegung, voller Angst vor der ihnen unbekannten Zukunft.
Und obendrein ist es nicht gänzlich ungefährlich, sich nach unten zu begeben. Es kann passieren, dass ein Sklave in Raserei über den Aufpasser herfällt, in der Hoffnung, niedergeschlagen zu werden. Es ist sogar vorgekommen, dass auf einem Schiff alle Sklaven einen Aufstand gewagt haben. Wir wissen, dass es so war, 1751 auf der »Middelburgs Welvaren«.
Zwei oder drei Tage, nachdem das Schiff die afrikanische Küste mit dem Ziel Guyana verlassen hatte, lehnten sich die Sklaven gegen die bestialische Behandlung durch die Weißen auf. Ohne Waffen versuchten sie, gegen die schwer bewaffnete Schiffsmannschaft zu rebellieren. Wir wissen, dass von 62 Sklaven nur 30 am Leben geblieben sind, während von der weißen Besatzung »zum Glück kein einziger Mann verloren ging«.9
*Heinrich Hauser: Die letzten Segelschiffe (1930)
*Arthur van Schendel: Die Fregatte Johanna Maria (1930; dt. 1933)
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