Mission: Verantwortung. Uwe Heimowski
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Название: Mission: Verantwortung

Автор: Uwe Heimowski

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

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isbn: 9783862567317

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СКАЧАТЬ für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, außerdem stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Gesundheit sowie im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union und im 2. Untersuchungsausschuss.

      Wurzeln – Vom Mitfahren zum Mithelfen

       Wir kennen uns seit vielen Jahren, haben eine Menge miteinander unternommen, sind Freunde. Und doch gelingt es Frank Heinrich immer wieder, mich zu überraschen. Zum Beispiel dann, wenn er die Geschichte und Geschichten seines Lebens erzählt. Das tut er meistens mit einem lächelnden Gesicht – eben „Happy Heinrich“.

       Frank, deine Biografie ist recht bewegt und auch ungewöhnlich. Da war am Anfang dein Weg in die Heilsarmee, dein Einsatz für die Menschen, die oft am Rande der Gesellschaft stehen, und dann der überraschende Sprung in den Bundestag. Das war buchstäblich einmalig, denn du bist der erste Heilsarmeeoffizier in der Geschichte der Bundesrepublik, der in den Bundestag gewählt wurde. Verrate mir einmal: Wie kommt ein Mann der Heilsarmee in den Bundestag?

      Die Frage stellt man mir laufend – und ich selbst stelle sie mir auch immer wieder. Es kommt mir an manchen Tagen immer noch wie ein Märchen vor – selbst nach dreieinhalb Jahren im Bundestag. Trotzdem habe ich mich mittlerweile gut eingelebt.

      Wenn ich die Frage seriös beantworten möchte, muss ich sie runter brechen auf meinen ganz persönlichen Weg. Ein Rezept, wie man von der Heilsarmee in den Bundestag gelangt, gibt es nicht – wie überhaupt die Wege in die Politik so vielfältig sind wie die Abgeordneten selber.

      Mein persönlicher Weg war immer von einer Affinität zu politischen Themen begleitet. Damit meine ich nicht in erster Linie Parteipolitik, und auch nicht, dass ich dachte, bei jedem Thema mitreden zu können. Aber es gab bestimmte Themen, die mich umgetrieben haben oder die mich maßlos ärgern konnten: Ungerechtigkeit etwa, alles, wo das Gegenteil von Solidarität passiert und wo dann selbst die Kommunikation scheitert: sei es zwischen einzelnen Menschen oder sei es zwischen ganzen gesellschaftlichen Gruppen, wenn etwa die weniger gut Situierten auf „die da oben“ schimpfen, oder die Wohlhabenden auf „die da unten“ herab schauen.

      Wahrscheinlich bin ich wohl auch deshalb gerade bei der Heilsarmee gelandet, weil mir die Ungerechtigkeit in der Gesellschaft etwas mehr auf den Keks gegangen ist als dem Durchschnitt.

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      Frank Heinrich im Gespräch mit Uwe Heimowski.

       Ich merke, dass die Frage der Ungerechtigkeit dich ziemlich stark bewegt. So stark, dass sie sogar deinen Lebensweg entscheidend geprägt hat. Wie ist es dazu gekommen? Welche praktischen Erfahrungen mit Ungerechtigkeiten hast du denn persönlich gemacht?

      Ich habe schon so meine Erfahrungen mit der Ungerechtigkeit gemacht, allerdings weniger am eigenen Leib, was ja in der Regel ein starker Antrieb wäre. Mich haben vor allem meine Reisen hinter den sogenannten „eisernen Vorhang“ bewegt und die Schicksale von Menschen in Osteuropa, denen ich begegnet bin. Mit meinen Eltern bin ich damals etliche Male in den „Ostblock“, wie man es nannte, gefahren. Meistens nach Rumänien, aber auch in die DDR, nach Polen, Ungarn, Jugoslawien und bald nach der Wende auch in die Ukraine. Auf diesen Reisen erlebte ich mit, wie gravierend sich die Lebensumstände innerhalb von nur wenigen Kilometern änderten. Zugleich gab es aber auch so vieles, was uns und die Christen, die wir besuchten, miteinander verband. Da lebten Menschen in einem völlig anderen politischen System und unter äußerem Druck, aber unsere Herzen schlugen doch für die gleiche Sache.

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      Begegnungen hinter dem „Eisernen Vorhang“ (Ungarn, 1983).

       Meinst du damit, dass die Menschen damals in Deutschland und Rumänien eigentlich dieselben waren, trotz der recht unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Umstände?

      Nein, natürlich nicht ganz. Es gab sehr wohl einen großen Unterschied zwischen den Menschen im Osten und uns Besuchern aus dem Westen, und der war schon etwas überraschend: Wir Westler waren in der Regel die unzufriedenen und undankbaren Leute. Natürlich kann man das nicht verallgemeinern, aber ich habe das durchaus so erlebt.

      Ich erinnere mich noch an einen Abend, den ich im ärmsten Teil von Rumänien verbrachte. Leider spreche ich die Sprache nicht und verstehe nur einige wenige Wörter. Wir waren zu einer Gebetsversammlung eingeladen und hatten an diesem Abend keinen Übersetzer dabei, aber ein Wort hörte ich immer wieder heraus: Multumesc! – Danke! In den Gebeten, in denen die Menschen aus der Gemeinde ihre tiefen Empfindungen ausdrückten, kam dieses Wort laufend vor: Danke! Ich habe damals gedacht: So etwas erlebe ich bei uns nicht. Das hat mich als jungen Menschen schon sehr bewegt.

       Du hast gesagt, dass du bei diesen Reisen eine Menge über Ungerechtigkeit gelernt hast. An welche Situationen denkst du dabei? Wie hast du die Ungerechtigkeit erlebt?

      Neben den unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedingungen war es vor allem der politische Druck. Unter dem kommunistischen Diktator Nicolae Ceauçescu lebten die Menschen mit einer ständigen Angst vor Bespitzelung oder Gefängnis. Meistens spürte ich das nur indirekt, doch dann kam ich selbst in eine Situation, in der wir von Spitzeln der Geheimpolizei Securitate verfolgt wurden. Als Jugendlicher zwischen 14 und 16 findest du das sogar noch irgendwie spannend, aber wir hatten ja auch die Gewissheit: nach einer, zwei oder spätestens drei Wochen hätten wir wieder gehen können. Aber die Jugendlichen, mit denen ich mich in Rumänien angefreundet hatte, die hätten eben nicht gehen können. Für sie gab es damals keine Aussicht auf Freiheit. Ich hatte Freunde, die wurden stark unter Druck gesetzt, andere saßen sogar in Haft. Und selbst in Deutschland wurden Freunde von mir attackiert, als sie dort vor der rumänischen Botschaft demonstrierten.

       Solidaritätskundgebungen für Rumänien – warst du damals mit dabei und hast mit ihnen dort demonstriert?

      Ja, ich war mit eingeladen. Veranstalter waren christliche Gruppierungen, die befreundet waren mit Christen in anderen Ländern, in dem Fall in Rumänien. Sicher, das war eine kleine Demonstration, aber wir wollten der Politik deutlich machen, dass es in Deutschland solidarische Christen gibt, Menschen, die nicht einfach über die Verfolgung in Rumänien hinweg sehen wollten.

       Man könnte also sagen, dass dich deine Erfahrungen im Ostblock „politisiert“ haben, oder? Du hast dich eingesetzt, demonstriert, deinen Mund aufgemacht. Woher kommt eine solche Bereitschaft, so ein Engagement? Hat man das in den Genen? Wer oder was hat dich an dem Punkt geprägt?

      Da kommen wahrscheinlich zwei Dinge zusammen. Einerseits war da der Arbeitsplatz meiner Eltern, die in einem Altenheim mitarbeiteten. Es wurde diakonisch geführt, man praktizierte dort eine große Solidarität. In dieser Einrichtung lebten Leute, die sonst auf der Straße gelandet wären. Sie hatten aus unterschiedlichen Gründen keine Rentenversicherung bezahlt oder hatten selbst von Spenden gelebt und keine Vorsorge für das Alter treffen können. Jetzt lebte man in „urchristlicher Gemeinschaft“ unter einem Dach. Da gab es Arme und Reiche, aber alle bekamen das Gleiche: Kost, Logis, Zahnbürste und vielleicht auch mal Urlaubsgeld. Ich habe dabei ganz praktisch mitbekommen, wie schwierig manche Lebensumstände sein können, und mir wurde vorgelebt, dass man mit echter Solidarität viel ausgleichen kann. Die Starken teilten mit den Schwachen.

      Andererseits waren da aber auch meine Erlebnisse in Rumänien. Mein Vater wurde in diese Arbeit buchstäblich „hineingeschwemmt“. Das muss so um 1970 gewesen sein. Damals gab es im Sommer eine schwere Überschwemmung СКАЧАТЬ