Deutsche Geschichte (Band 1-3). Ricarda Huch
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Название: Deutsche Geschichte (Band 1-3)

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 4064066388348

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СКАЧАТЬ benützt wurden. Daß in die Städte königliche Pfalzen und Bischofssitze gelegt wurden, gab ihnen eine neue Bedeutung und Blüte. Das eigentliche Wesen der Stadt jedoch, ihren eigentümlichen Charakter im Gegensatz zum Lande, was sie zu Stätten des Friedens, des Rechtes und der Freiheit, zu selbständigen, hochwichtigen Gliedern des Reiches machte, das war der Markt, die Niederlassung von Kaufleuten und Gewerbetreibenden. Man sieht das bei den Gründungen neuer Städte, die seit dem 12. Jahrhundert von vielen Fürsten vorgenommen wurden, und die darin bestanden, daß der betreffende Fürst eine Anzahl von Kaufleuten zur Ansiedelung veranlaßte, indem er ihnen Vorteile in Aussicht stellte.

      Sicherlich gab es immer da, wo Pfalzen oder Bischofssitze waren, Händler; denn die zahlreichen Personen, die mit einer Hofhaltung verbunden waren, hatten Bedürfnisse an Lebensmitteln und anderen Dingen, die nicht nur durch bäuerliche und handwerkliche Hörige befriedigt werden konnten. Im Orient, der Wiege uralter Kulturen, dem Schoß märchenhafter Schätze, gab es edle Produkte und Erzeugnisse höchst verfeinerter Industrien, die aus China, Persien, Kleinasien, Indien erst in Byzanz, dann auch an den arabischen Handelsplätzen Bagdad, Damaskus, Basra, Trapezunt und Samarkand zusammenströmten. Aus China und Byzanz kamen Seide und andere kostbare Gewebe, namentlich Purpurstoffe, die im Westen zur Bekleidung und zu kirchlichen Gewändern und kirchlichem Schmuck dienten. Der Rubin von Ceylon, der Türkis und Lapislazuli von Persien, Smaragd und Saphir aus Ägypten, Beryll und Karneol und andere Halbedelsteine wurden im Westen von Männern und Frauen getragen und im Kunstgewerbe, namentlich an Reliquienbildern, verwendet. Edle Hölzer gebrauchte man beim Färben, zum Auftragen der Farben, um den Farben größere Leuchtkraft zu geben, wie auch zu feiner Schreinerarbeit, so das Aloeholz, das Brasil- und Sandelholz. Perlen kamen aus dem Indischen Ozean, Elfenbein aus Afrika und Indien. Die Kunst des Glasmachens, die von Juden betrieben wurde, brachten diese nach Venedig; aber das Glas aus dem Orient, namentlich das aus Damaskus, galt als das bessere. Moschus, Ambra und Weihrauch waren begehrte Wohlgerüche, den Balsam gebrauchte man zur Herstellung von Salböl und zum Erhalten der Leichen. Lange glaubte man, daß die Balsamsträucher, die nicht weit von Kairo am Rande der Wüste wuchsen, wo der Überlieferung nach Maria mit dem Kinde auf der Flucht nach Ägypten gerastet hatte, die einzigen auf der Welt wären. Pfeffer, Ingwer und Zimmet waren als Gewürze hochgeschätzt. Als Süßstoff verwendete man in Deutschland im allgemeinen noch lange den Honig, während der Zucker, den die Kreuzfahrer in Kleinasien kennenlernten, weil er sehr teuer war, nur als Heilmittel bei Brustleiden in die Spitäler kam. Friedrich II. sorgte für Neubelebung der Kultur des Zuckerrohrs, das durch die Araber nach Sizilien verpflanzt war.

      Die Völkerwanderung hatte den Handel in Deutschland nicht ganz beendigt: immer wanderten kluge und kühne Männer, allen Gefahren trotzend, vom Westen nach dem Osten, nach Norden und Süden, wo sie Waren eintauschen und absetzen konnten. Juden und Friesen erscheinen zuerst als Kaufleute. Von Byzanz aus ging der Strom des Handels eher nach Norden und Osten als nach dem Westen, Wikinger, Araber und Slawen waren Vermittler. Schleswig und das sagenberühmte Jumne an der Mündung der Ostsee waren Handelsplätze, die auch die Frankenreiche versorgten, in der Nähe von Elbing soll sich ein Handelsmittelpunkt der slawischen Preußen befunden haben, in Rußland waren Kiew und Nowgorod Märkte. Im zehnten Jahrhundert tauchen in Deutschland die Namen von Kaufleuten auf, die sich augenscheinlich Reichtum und Ansehen erworben hatten. Als Otto I. mit dem byzantinischen Kaiser Konstantin Porphyrogenetos freundschaftliche Beziehungen anknüpfen wollte, wählte er zum Überbringer von Geschenken einen reichen Kaufmann Luitfred, der in Mainz wohnte. Zum Führer einer Gesandtschaft nach Spanien an den Kalifen Abderrahman III. bestimmte er einen Kaufmann von Verdun, namens Ermanhard, weil der in Spanien gut bekannt war, und ließ ihm später noch einen anderen folgen. Es scheint aber, daß von Deutschland aus nur vereinzelt ein unmittelbarer Verkehr mit Byzanz gepflegt wurde; regelmäßig bezogen die deutschen Kaufleute, nachdem Jumne und Schleswig verfallen waren, die Erzeugnisse des Orients aus Italien. Erst waren es Amalfi, Salerno, Neapel und Gaeta, die mit Byzanz handelten, später trat Venedig mit diesen Städten in Wettbewerb und erlangte die Vorherrschaft. Die deutschen Kaiser trugen Sorge, günstige Verträge mit der betriebsamen Meerstadt abzuschließen. Sie blieben mit der selbständigen in besseren Beziehungen, als sie mit der abhängigen vielleicht hätten erhalten können. Durch die Lage an der Straße nach dem Süden kam Augsburg empor, durch die Lage an der Donau Regensburg; seit dem elften Jahrhundert waren die Verhältnisse in Ungarn geordnet genug, daß dieser Wasserweg benützt werden konnte. Vielerlei verband König und Kaufleute. Die Wege, die sie benützten, waren hauptsächlich die Ströme und Meere, aber auch Landwege, zunächst die alten Römerstraßen, denen sich in merowingischen und karolingischen Zeiten neue anschlossen. Die Notwendigkeit, auf Strömen und Straßen mehr Schutz zu finden, als die eigene Kraft und Waffengewandtheit sicherte, auf den Märkten mit ihren Waren zugelassen zu werden, wies sie an die Geneigtheit des Königs, dem die Straßen im Reich, Märkte, Zoll und Münze gehörten. Dem König flossen die verschiedenen Abgaben zu, die der Handel abwarf, die er allerdings in den meisten Fällen seinen kirchlichen und weltlichen Lehensleuten abtrat; aber er hatte trotzdem Interesse an der Zunahme des Verkehrs, der das Ansehen und den Reichtum der Länder hebt und der zunächst eine Angelegenheit des Friedens ist. Als Beschirmer des Friedens im Reich und in der Welt war er der natürliche Beschützer des Kaufmanns, dessen Tätigkeit auf den friedlichen Beziehungen der Völker untereinander beruhte. Weil der König sie in seinen besonderen Schutz nahm, wurden die Kaufleute im Ausland homines imperatoris, Leute des Kaisers, genannt. Es war üblich, daß der König einen neugegründeten Markt durch einen Kauf eröffnete, war er abwesend, tat es ein Stellvertreter, indem er einen Handschuh des Königs verkaufte. Ein Marktkreuz, das Bild eines bewaffneten Arms, einer bewaffneten Hand deuteten auf den königlichen Rechts- und Friedensschutz und auf die Bestrafung des Gesetzübertreters oder Friedensstörers. Verlieh der König, wie er häufig tat, Markt, Zoll und Münze an Bischöfe oder weltliche Dynasten, so blieb er doch der eigentliche Herr, der Ursprung des Rechtes, und an ihn wandte man sich im Falle der Benachteiligung. Die Nachfolger Ottos des Großen gründeten Märkte an den Plätzen, wo häufiger Aufenthalt ihrer Familie, Klostergründungen und Bischofssitze mehr oder weniger dörfliche Ansiedelungen hervorgerufen hatten; so entstanden Quedlinburg, Nordhausen, Halberstadt und namentlich Magdeburg. Außerdem erhoben sie durch Urkunden Märkte, die schon früher bestanden hatten, zu gesetzlichen, rechtmäßigen. Ein dörfliches Ansehen behielten zwar die Städte, auch die großen, noch lange; dennoch wehte eine andere Luft in der Stadt als auf dem Lande, eine Luft, die frei machte.

      Träger des neuen Geistes, der in das bäuerliche Deutschland eindrang, waren hauptsächlich die Kaufleute, und das Mittel, durch das sie wirkten, war das Geld. Sie waren auf eine andere Art reich als die Herren von Grund und Boden, die sich mit Fleisch und Eiern von ihren Bauern, mit Gewand und Mantel von ihren Lehensherren mußten versehen lassen. Ihr Geld konnte man in die Tasche stecken und damit kaufen, was einem gefiel, Menschen und Dinge, Ansehen und Freiheit. Die altgermanische Anschauung, daß Freiheit und Bürgerrecht an den Besitz von Grund und Boden gebunden sei, wurde durch sie gelockert. Auch der, welcher nichts besaß, auch der Hörige konnte in der Stadt persönlich frei und durch seine Arbeit vielleicht wohlhabend werden. Zwar fühlte sich der Kaufmann, da er frei war, dem Hörigen oder aus der Hörigkeit hervorgegangenen Handwerker ständisch übergeordnet; aber er dachte doch nicht daran, ihn in persönliche Abhängigkeit herabzudrücken, er förderte ihn sogar, indem er die Idee des Stadtbürgertums als einer gleichberechtigten Einheit schuf. Verglichen mit dem Bauer, dem Krieger, dem Geistlichen war der Kaufmann vorurteilsfrei. In den fremden Ländern erlebte er die menschlichen Eigenschaften fremder, auch heidnischer Völker; er nahm zwar seinen Gott und sein Gebet überall mit; aber er hielt sich doch, wenn das gefordert wurde, bescheiden damit zurück und fand sich mit den fremden Göttern ab. Vielleicht liebte er die Heimat inbrünstiger als der, der sie nie verließ; aber er lernte die Vorzüge der Fremden kennen und lernte sich mit ihnen zu verständigen. Obwohl er in den Waffen geübt war, bedurfte er doch noch eines anderen Mutes als der Krieger, der mit dem Schwerte zu entscheiden gewohnt war: in mancher Lage half ihm nur die dreifache Macht des Geldes, des Wortes und der Persönlichkeit. Auch dem Besitz gegenüber, obwohl Geldgewinn sein Geschäft war, war er freier als andere, weil er raschen Wechsel ohne Schuld erfuhr. Er dachte und fühlte in weiteren Grenzen als die meisten seiner Zeitgenossen. Solche Eigenschaften machten den Kaufmann fähig, aus der Stadt einen freien, geordneten Staat СКАЧАТЬ