Deutsche Geschichte (Band 1-3). Ricarda Huch
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Название: Deutsche Geschichte (Band 1-3)

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 4064066388348

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СКАЧАТЬ einfacher Glaubensbote, der mit keinem anderen Schild als seinem Glauben sich in den Rachen der Hölle wagt; sondern er reiste als der Kirchenfürst, der Legat des Papstes, umgeben von einem zahlreichen bewaffneten Gefolge, mit allerlei Reisegepäck, auch Büchern, als der höchste Geistliche Germaniens, der sich einer entfernten, noch unsicheren Gemeinde zeigen will. Zugleich aber, entsprechend der zwiefachen Richtung seines Geistes, schickte er sich an wie zum gewissen Tode, als wisse er, daß der Tod seit dem Anfang seines Lebens dort an der friesischen Küste stände und ihn erwartete. Bevor er abreiste, nahm er in Mainz Abschied von seinen Getreuen und ließ auch Lioba kommen, um sie noch einmal zu sehen und seinen Freunden zu empfehlen. Er traf die Bestimmung, daß er in Fulda bestattet sein wolle, und daß, wenn Lioba einst gestorben sein würde, ihr Leichnam zu dem seinigen in seinen Sarg gelegt werde. Die er im Leben sich ferngehalten hatte, getreu dem strengen Gebot, dem er sich unterstellt hatte, riß er im Tode an sich, in seinem herrischen Sinn sicher, daß sie so oder so die Seine war, ihm folgend in der Entsagung, ihm folgend im besten Eins werden der Liebe. Dies Hervorflammen einer ein Leben lang zurückgehaltenen Leidenschaft mochte für die Jünger des alten Mannes etwas Erschreckendes haben; sie schwiegen, aber sie getrauten sich nicht, als Lioba gestorben war, seinen Befehl auszuführen. Jedoch hielten sie die zarte Freundin des Heiligen so hoch, daß ihr als der einzigen Frau gestattet wurde, im Kloster Fulda als Gast empfangen zu werden. Sie wurde auf dem Petersberge beigesetzt; während Winfrieds Leiche, wie ungern auch Mainz auf die Überreste seines großen Erzbischofs verzichtete, seinem Willen entsprechend nach Fulda überführt und in der Kirche des Klosters bestattet wurde. Die Bibliothek bewahrt das aus dem Domschatz übernommene Buch auf, mit dem Bonifatius in unwillkürlicher Bewegung wie mit einem Schild den Streich des Mörders abzuwehren suchte, und das die Spuren des ihm geltenden Schwerthiebes trägt.

      Denn der Erzbischof fand mit 52 Begleitern den ersehnten Tod; es war, als wenn der Himmel, der dem ordnenden Herrscher beigestanden hatte, auch seinen Opfermut bestätigen wollte. Die Sonne eines heiteren Sommermorgens war eben aufgegangen, und Bonifatius erwartete bei seinen Zelten friesische Christen zur Firmung, als eine Schar friesischer Männer die Fremden überfiel, wahrscheinlich mehr von Raublust als von Glaubenshaß angetrieben. Eine Frau berichtete später, daß sie gesehen habe, wie der Erzbischof, den Arm mit dem Buch erhoben, den Todesstreich empfing.

       Inhaltsverzeichnis

      Bei der Bekämpfung der Araber hatte Karl Martell die Langobarden zu Bundesgenossen. Die guten Beziehungen zu diesem germanischen Volke zu pflegen war natürlich, und Karl hielt an der langobardenfreundlichen Politik auch dann fest, als sich ihm Gelegenheit bot, eine entgegengesetzte zu verfolgen. Es geschah nämlich, daß der Langobardenkönig Aistulf den großen Gedanken faßte, seine Herrschaft über ganz Italien auszubreiten, von dem außer Rom nur ein Zipfel im Süden und Venedig im Nordosten mehr dem Namen nach als tatsächlich noch zum Oströmischen Reich gehörten. Er eroberte Ravenna und machte sich dadurch den römischen Papst zum Feinde, der sich als Herr Roms und als solcher, wenn er es auch nicht aussprach, als Herr Italiens fühlte. Nachdem die letzten Kaiser Rom aufgegeben hatten, übernahmen die Bischöfe von Rom den Schutz der Ewigen Stadt, und ihre kirchliche Stellung, ihr sittliches Übergewicht wuchsen unmerklich mit der Seele der Weltherrscherin zusammen. Nicht alle Päpste waren sich dessen bewußt, und nicht alle konnten den Anspruch, den das Bewußtsein verlieh, vertreten; aber es war eine Tatsache, die sich immer geltend machte: weil sie Rom innehatten, mußten sie Nachfolger der römischen Cäsaren sein, weil sie das Haupt der Kirche waren, die die Welt umfassen sollte, mußten sie das Reich bis zu den Grenzen der bewohnten Erde auszudehnen suchen; aus einem zwiefachen Grunde mußten sie sich zu Herren der Welt bestimmt glauben. Ein ungeheures Herrscherbewußtsein war die Schicksalsgabe von Männern, die als Kirchenhäupter nicht nur keine weltliche Macht besaßen, sondern weltliche Macht geringschätzten, mit dem Wort allein Führer der Seelen sein sollten. Wenn der König der Langobarden König von Italien wurde, mußte er Rom zu seiner Hauptstadt machen; mußte das Haupt der Welt zum Haupt Italiens, der Papst in die Stellung eines dem König untergeordneten Bischofs herabgedrückt werden. Wie sollte er sich der herandrängenden Gefahr erwehren? Zwei christliche Mächte kamen in Betracht: der Kaiser in Byzanz, der als Nachfolger der römischen Kaiser Ansprüche auf Italien hatte, und der König des fränkischen Reiches. Zu der Zeit, als Gregor der Große zwischen den Schwertern der Langobarden lebte, wie er selbst sagte, wurde die Oberherrschaft des Kaisers von Byzanz noch anerkannt, eine Lockerung trat durch einen Zwiespalt in der Lehre ein, indem in Byzanz der Bilderdienst verboten wurde, während zwar Gregor die Anbetung der Bilder verwarf, sie aber zur Belehrung des Volkes behalten wollte. Nicht nur dieser Gegensatz jedoch, sondern gerade der zu Recht bestehende Herrschaftsanspruch der oströmischen Kaiser bewog die Päpste, den Schutz der Franken vorzuziehen: sie schienen eher in der Lage, Rom zu helfen, aber weniger in der Lage, Rom zu beherrschen. Nicht zwar an die ohnmächtigen Merowinger, die die Königskrone trugen, wandte sich Gregor III., sondern an den mächtigen Hausmeier Karl Martell mit der Bitte, ihm Schutz gegen die Langobarden zu gewähren, wogegen er ihm versprach, ihn zum römischen Konsul zu machen, eine Würde, mit der die Schutzherrschaft über Rom verbunden war. Trotz der wiederholten inständigen Bitten Gregors zog Karl, wie es scheint ohne Besinnen, das Bündnis mit den Langobarden der Freundschaft mit dem Papst vor, durchaus ein Mann der Tat, der die naheliegenden Aufgaben kühn und großartig vollbrachte, den keine innere Beziehung mit der Kirche verband. Anders waren seine Söhne Pipin und Karlmann; sie waren von Kirchenmännern erzogen, und ihr Interesse umspannte weitere Gebiete. Beide waren liebenswürdige und hervorragende Persönlichkeiten, Karlmann leichter vom Gefühl hingerissen, Pipin besonnener, tatkräftig, großmütig, ein sympathischer Mensch und schöpferischer Staatsmann. Vor dieselbe Frage gestellt wie sein Vater, entschied er im entgegengesetzten Sinn. Der erste Schritt zu einer engeren Beziehung zum Papst ging von ihm aus, indem er zwei Gesandte, den Bischof Bernhard von Würzburg und den Abt Fulrad von St. Denys, nach Rom schickte, damit ihn Papst Zacharias, ein kluger Grieche, zur Führung des Königstitels berechtigt erkläre. Man könnte meinen, die förmliche Richtigstellung eines Verhältnisses, das große Taten begründet hatten, hätte keines päpstlichen Gutachtens bedurft; allein abgesehen davon, daß Pipin die Eifersucht, den Neid und die Treulosigkeit seiner Großen kannte, liegt es im Menschen, daß er das Bedürfnis hat, sich und sein Dasein nicht nur auf die eigene Kraft und Gewalt, sondern auf einen Rechtsgrund zu stützen und mit der Vergangenheit zu verbinden. Der Gläubige wie der Ungläubige, sie wollen nicht nur besitzen, sondern mit Recht besitzen, der Unterliegende fühlt sich noch als Sieger, wenn er sich als Vertreter des Rechtes, einer höheren Entscheidung in einer anderen Region betrachten kann. Einen weltlichen Herrn konnte Pipin als Schiedsrichter nicht gelten lassen; aber das Urteil des römischen Bischofs, des Hauptes der christlichen Kirche würde allgemein als Gottesurteil aufgefaßt werden. Doch wurde die Antwort des Zacharias, es sei billig, daß derjenige, der die Macht habe, auch den Königstitel führe, und Pipin sei deshalb als König zu krönen, nur als ein für Pipins Gewissen wichtiges Gutachten angesehen und als eine Weisung an die fränkische Geistlichkeit, die als Großgrundbesitzer von ausschlaggebender Bedeutung war; die Königswahl fand nach alter germanischer Sitte durch das Heer statt. Danach wurde Pipin in Soissons von den Bischöfen gesalbt; man nimmt an, daß Bonifatius dabei tätig war.

      Papst Zacharias stand in guten Beziehungen zu den Langobarden; nach seinem Tode griff Aistulf den Plan der Eroberung Italiens wieder auf und nahm Ravenna ein. Papst Stephan II. wandte sich zuerst brieflich an Pipin und trat dann die Reise über die Alpen an, um als Schutzflehender vor dem König zu erscheinen, eine Reise, die doppelt schwierig war, weil sie durch das feindliche langobardische Gebiet ging. Pipin war entschlossen, den ihm vom Papst gewiesenen Weg einzuschlagen; aber er stand damit ziemlich allein. Unvergessen war seines Vaters langobardenfreundliche Politik, daran wollten nicht nur viele fränkische Große, sondern auch Pipins Frau, die Königin Bertrada, und sein Bruder Karlmann festhalten. Karlmann hatte die Regierung schon seit mehreren Jahren niedergelegt, war nach Rom gegangen und Mönch geworden; man nimmt an, daß er im Kloster durch ein Mitglied der königlichen Familie für die Langobarden gewonnen war. Die Sache war ihm so wichtig, daß er über die Alpen ging, um Pipin persönlich СКАЧАТЬ