Debütantenball. Michaela Baumgartner
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Название: Debütantenball

Автор: Michaela Baumgartner

Издательство: Автор

Жанр: Исторические детективы

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isbn: 9783839267141

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СКАЧАТЬ wieder ihrem einzig getreuen Freunde zu und schrieb sich den Kummer von der Seele.

      *

      »Geh Stani, du Landei, sei kein solcher Spielverderber! Der Abend hat grad erst begonnen.« Georg klopfte seinem Offizierskameraden freundschaftlich auf die Schulter. »Wien ist nicht Tulln. Jetzt bist endlich in der Hauptstadt und dann benimmst dich wie ein Kadett aus der Provinz.«

      Stanislaus grinste gequält. »Du hast leicht lachen. Schneidig wie du bist, brauchst du die Mädels nur anzulächeln und sie liegen dir zu Füßen. Aber schau mich an. Die nehmen mich an deiner Seite ja nicht einmal wahr.«

      Langsam schlenderten sie den Kohlmarkt entlang, und wie um seine Worte Lügen zu strafen, trat eine großgewachsene Brünette mit etwas zu grell geschminkten Lippen auf Stanislaus zu. »Na, wie wär’s mit uns, Süßer?«

      Rasch zog Georg seinen zaudernden Freund weiter. »Da hab ich was Besseres für dich«, flüsterte er. »Die Stanzi hat eine Cousine, die wohnt bei ihr. Die beiden freuen sich sicher, wenn wir sie zum Tanzen in den ›Wilden Mann‹ ausführen. Und wer weiß, vielleicht begleiten wir sie danach nach Hause.«

      Stanislaus, in Gedanken noch immer bei den üppigen Lippen des Nachtschattengewächses, seufzte. »Da sieht du’s wieder. Ich muss zahlen für mein Vergnügen. So eine spricht dich erst gar nicht an, weil sie weiß, dass du Schönere als sie umsonst bekommst.«

      Georg lachte laut auf. »Du bist aber auch wirklich ein Grantscherben. Endlich machst eine Eroberung, und dann ist’s dir auch nicht recht. Komm, wir holen die Stanzi ab.«

      »Was du immer redest«, murrte Stanislaus unwillig, trottete jedoch folgsam hinter seinem Freund her, der seinen Schritt beschleunigte.

      Sie bogen vom Kohlmarkt in eine Seitengasse mit wesentlich spärlicherer Straßenbeleuchtung ein. Rasch verlor Stanislaus die Orientierung. Er war erst seit ein paar Wochen in Wien stationiert und fand sich im Straßengewirr der Altstadt noch nicht zurecht. Und nicht nur das. Wien mochte zu den Metropolen Europas zählen, dennoch fehlte ihm innerhalb der mächtigen Stadtmauern die Luft zum Atmen. Jetzt, wo buchstäblich ein ganzer Kontinent auf wenigen Quadratmetern Quartier bezogen hatte, platzte die Innenstadt tatsächlich aus allen Nähten. Denn nicht nur die verhandelnden Souveräne, Fürsten und Gesandten waren nach Wien gekommen, um eine neue Weltordnung zu entwerfen und sich dabei ausgiebig zu amüsieren. In ihrem Gefolge tummelten sich Sekretäre, Schreiber und Dienstboten, Glücksritter, Unterhändler, Ärzte, Beichtväter, Porträtmaler und Karikaturisten, Beutelschneider und Kurtisanen. Sie alle brachten die Stadt beinahe zum Kollabieren.

      Stani jedenfalls hasste das laute Treiben, die dicht an dicht stehenden Häuser, die jedem Sonnenstrahl den Einlass verwehrten, den Gestank der Abwässer, die kotigen Wege und die herumhuschenden Ratten, die ihm stets wie stumme Schatten auf dem Fuß folgten. Er hasste die aufdringlichen Rufe der Händler, das rücksichtslose Gedränge, den Lärm der vorbeipreschenden Fuhrwerke – und die Buttenweiber. Beim Anblick der maskierten Frauen mit ihrer stinkenden Fracht drehte es ihm jedes Mal den Magen um. Es gab keinen Tag, an dem er sich nicht zurückwünschte in seine Heimat, sich nicht sehnte nach der wilden Schönheit der Wälder, dem Duft der Sommerwiesen und der ruhig dahinziehenden Donau.

      Schon wieder verloren sie sich in einem engwinkeligen Labyrinth schmaler Gassen, aus dem er, davon war er überzeugt, alleine niemals herausfinden würde. Georg jedoch schritt zügig voran, bis er schließlich vor einem bescheidenen Bürgerhaus Halt machte. Er bückte sich und warf kleine Steine gegen die erleuchtete Fensterscheibe im ersten Stock.

      Als hätte man sie erwartet, blickte schon nach wenigen Steinwürfen ein bildhübsches Gesicht mit einem strahlenden Lächeln zu ihnen herunter. »Wir kommen gleich.« Die Lippen, die diese Worte formten, schienen Stanislaus, anders als die der Grabennymphe, von unbeschreiblich unschuldiger Süße.

      »Stani, wie schaust denn wieder drein! Mach bloß den Mund zu, was sollen die Mädels von dir denken? So kommst nie zum Stich!« Georg schüttelte den Kopf. »Mach mir keine Schand, hörst du! Du bist ein Offizier, da brauchst nichts tun. Die sehen eine Uniform und sind bereit. Wirst sehen, da hast ein leichtes Spiel.«

      Die Tür ging auf und zwei zierlich gewachsene Mädchen in hellen Kleidern, den Schal eng um ihre Schultern geschlungen, das Haar unter züchtigen Hauben verborgen, huschten kichernd an ihnen vorbei auf die Gasse.

      Stanislaus warf Georg einen fragenden Blick zu. Der zuckte die Achseln, bedeutete ihm aber, den beiden zu folgen. Einige Minuten marschierten sie in überraschend zügigem Tempo hinter den aufgeregt miteinander tuschelnden Mädchen her, als die Größere der beiden plötzlich stehen blieb und sich zu ihnen umdrehte.

      »Jetzt kann s’ uns nimmer sehen, Mitzi.« Sie warf den beiden Männern einen koketten Blick aus veilchenblauen Augen zu. »Servas, Georg! Schön, dass du wieder mal bei mir vorbeischaust. Ich hab schon gedacht, du hast mich vergessen.«

      »Wie könnt ich dich vergessen!« Georg machte einen Schritt auf sie zu, fasste sie unterm Kinn und – Stanislaus kam aus dem Staunen nicht heraus – küsste sie ungeniert, auf offener Straße, auf den Mund.

      »Was für ein sauberes Mädel«, schoss es ihm durch den Kopf, als Stanzi sich aus Georgs Umarmung befreite und ihm einen fragenden Blick zuwarf.

      »Das ist mein Freund Stani«, stellte Georg ihn vor. »Er ist erst seit Kurzem in der Stadt und sucht Anschluss«, fügte er, zu Mitzi gewandt, hinzu, die prompt errötete, was ihrem sonst eher farblosen Gesicht einen gewissen Reiz verlieh.

      »Sehr erfreut.«

      Der verlegene Knicks, mit dem sie ihn begrüßte, gefiel Stanislaus. Galant bot er ihr seinen Arm an, den sie zögernd ergriff. Angeregt plaudernd die einen, verlegen schweigend die anderen, schlenderten die beiden Paare gemächlich durch die nächtlichen Gassen. Hin und wieder kam ihnen eine Kutsche entgegen, zwei Betrunkene grölten, hielten aber respektvoll Abstand, als sie die Uniformen der beiden Herren erkannten. Als sie schließlich das Vorstadtgasthaus »Zum Wilden Mann« erreichten, schallten ihnen Musik und lautes Gelächter entgegen. Durch die Scheiben beobachteten sie das ausgelassene Treiben, ehe Georg entschlossen die Tür aufstieß. Tatsächlich fanden sie in der überfüllten Stube einen freien Tisch in einer vor neugierigen Blicken geschützten Nische.

      Aufatmend ließ sich Stanzi als Erste auf die hölzerne Sitzbank fallen. »Ah, tut das gut. Ich bin schon seit dem frühen Morgen auf den Beinen. Die Madame von der Pepperl, bei der ich heute ausg’holfen hab, war besonders nervös. Jeden Mittwochabend eine Einladung, der Herr Baron sagt, sie wird ihn noch ruinieren. Aber sie will unbedingt so berühmt werden wie die von Arnstein. ›Wo kommen wir hin, wenn wir den Juden in Wien neben dem ganzen Geld auch noch den Glamour überlassen‹, hat sie g’sagt.«

      Rasch legte Georg ihr einen Finger auf den Mund. »Geh Stanzerl, red net so einen Unsinn. Komm her zu mir und küss mich. Das kannst viel besser.«

      Willig schmiegte sie sich an ihn und bot ihm ihre Lippen zum Kuss. Mitzi richtete ihre Augen verlegen zu Boden. Ein Anblick, der Stanislaus so berührte, dass er spontan ihre Hand nahm und küsste. Überrascht sah sie ihn an. Ihr Gesicht hatte von dem Spaziergang eine frische Farbe angenommen, ihre grauen Augen glänzten. Sanft zog er ihr die Haube vom Kopf und strich über ihr glattes flachsblondes Haar. Diesmal senkte sie ihren Blick nicht, sondern sah ihm vertrauensvoll direkt in die Augen, als sein Mund sich dem ihren näherte.

      Was für weiche Lippen, schoss ihm durch den Kopf. Dann dachte er gar nichts mehr. Denn zu seinem großen Erstaunen erwies sich Mitzi als wahre Künstlerin. Noch nie hatte ein Kuss ihn dermaßen in Aufregung versetzt. Verlegen räuspernd rückte er von ihr ab.

      »Laut СКАЧАТЬ