Apropos Gestern. Georg Markus
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Название: Apropos Gestern

Автор: Georg Markus

Издательство: Bookwire

Жанр: Афоризмы и цитаты

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isbn: 9783902998927

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СКАЧАТЬ war. Künstler, Staatsmänner und Sportler wie Leonard Bernstein, Herbert von Karajan, Curd Jürgens und Franz Beckenbauer standen im Mittelpunkt der Feste, es kamen Prinz Philip von Großbritannien, der französische Ministerpräsident Jacques Chirac, Bayerns Franz Josef Strauß und der deutsche Verleger Axel Springer, von dem ich nicht ahnen konnte, dass er zwei Jahre später mein neuer Chef sein würde. Schau ich mir das Theater um die heutigen Opernbälle an, dann habe ich die damaligen in äußerst angenehmer Erinnerung.

      Im Nahen Osten brach 1973 der Jom-Kippur-Krieg aus. Das World Trade Center in New York wurde eröffnet. Konrad Lorenz erhielt den Nobelpreis für Medizin. Carl XVI. Gustaf folgte dem verstorbenen Gustav VI. Adolf als König von Schweden. Es starben die Politiker Lyndon B. Johnson und David Ben Gurion, der Maler Pablo Picasso, der Regisseur John Ford, die Schriftsteller Ingeborg Bachmann und Karl Heinrich Waggerl, die Schauspieler Lex Barker, Anna Magnani, Willy Fritsch, Willy Birgel und der Leichtathlet Paavo Nurmi.

      HENRY KAM OHNE KRIEGSERKLÄRUNG

      In Kissingers Geburtsstadt Fürth

      Als Präsident Richard Nixon in diesem Jahr seinen Berater Henry Kissinger zum Außenminister der Vereinigten Staaten ernannte, war das ein Grund für mich, nach Fürth bei Nürnberg, in die Geburtsstadt des charismatischen Politikers, zu fahren, um dort Zeitzeugen seiner Kindheit und Jugend zu befragen. Kissinger hatte einmal gemeint, dass sein Leben in Fürth »ohne tiefe Eindrücke verlaufen« sei. Doch Jean Mendel, der Fürther Kaufmann und Freund Henrys aus Kindheitstagen, glaubte nicht ganz an diese Version des neuen Außenministers: »Der Heinz ist ein cleverer Junge und ein geschickter Diplomat«, erklärte mir Herr Mendel, »heute braucht er Deutschland als wichtigen Verhandlungspartner. Aber ich weiß, dass er sehr stark unter den Nationalsozialisten gelitten hat.«

      Am 15. August 1938 verließ die jüdische Familie Kissinger, bestehend aus Vater Louis, einem Studienrat, Mutter Paula sowie den Söhnen Heinz und Walter die Stadt Fürth fluchtartig, da für sie das Leben im »Tausendjährigen Reich« unerträglich geworden war. Den Vater hatte man bereits 1933 »wegen seiner jüdischen Herkunft« im Alter von 46 Jahren als Geschichts- und Geografielehrer zwangsweise pensioniert, und die Buben waren stets von »arischen« Kindern anderer Schulen verprügelt worden.

      In erster Linie erinnerte sich Jean Mendel an Henrys Fußballleidenschaft. »Wir waren beide im Nachwuchsteam der Fürther Kleeblattelf, das ist die hiesige Spielvereinigung.« Kissinger ließ sich noch als Außenminister von der deutschen Botschaft in Washington die Regionalergebnisse übermitteln und zeigte sich von den Leistungen »seiner« Fürther Mannschaft meist enttäuscht.

      Bela Rosenkranz war Henrys letzte lebende Klassenkameradin, die ich in Fürth noch antreffen konnte. Alle anderen Mitschüler Heinz Alfred Kissingers in der Israelitischen Realschule waren ausgewandert oder von den Nazis ermordet worden. »Vorne, in der ersten Reihe«, wusste Frau Rosenkranz noch, »da sind die Musterschüler gesessen. Aber da war der Heinz nie dabei. Er galt als eher durchschnittlich begabt, und in Englisch war er besonders schlecht, da hatte er ein ›Genügend‹.«

      Das war wohl mit ein Grund, warum Kissinger auch als Nixons Sicherheitsberater und Außenminister immer noch seinen starken deutschen Akzent hatte. Wirklich gut war er nur in Geschichte, erinnerte sich Frau Rosenkranz – in dem Fach, das er vor Antritt seiner politischen Karriere an der Harvard-Universität lehrte.

      Die ehemalige Klassenkameradin wohnte gegenüber von Kissingers Geburtshaus. Heinz hatte das Licht der Welt am 27. Mai 1923 in einer kleinen Balkonwohnung eines zweistöckigen Eckhauses in der Fürther Mathildenstraße 23 erblickt.

      In den USA war es für die Familie Kissinger anfangs schwer. Der Vater musste sich mit allen möglichen Berufen durchschlagen und der bei der Ankunft im Exil fünfzehnjährige Englisch-Schwächling Heinz bereitete sich auf eine Karriere als Buchhalter vor. Er bekam dann aber die Möglichkeit in Harvard zu studieren und nannte sich Henry. Sein Bruder Walter wurde ein erfolgreicher Geschäftsmann.

      Henry Kissinger hat Fürth nach seiner Emigration mehrmals besucht. Zuerst als Soldat der US-Armee und später, 1959, als amerikanischer Universitätsprofessor, der in seiner Heimatstadt einen Vortrag hielt.

      Als ich 1973 nach Fürth kam, befand sich der Oberbürgermeister der Stadt in ungeduldiger Erwartung des großen Sohnes, weil man ihn die längste Zeit schon mit der »Goldenen Bürgermedaille« ehren wollte. Mehrere Termine waren bereits fixiert und wieder verworfen worden, weil Henry Wichtiges dazwischenkam: Kissinger musste ständig irgendwo in der Welt Frieden stiften.

      Nur der damalige US-Botschafter in Bonn, Martin J. Hillenbrand, hatte eine Lösung parat, wie der Außenminister ehebaldigst nach Fürth zu bringen wäre: »Man müsste einen Bürgerkrieg zwischen Fürth und dem benachbarten Nürnberg anzetteln, dann käme Friedensnobelpreisträger Kissinger sofort, um Frieden zu stiften.«

      Die Goldene Bürgermedaille wurde Kissinger zwei Jahre später – auch ohne Kriegserklärung – überreicht, und 1998 erhielt er die Ehrenbürgerwürde seiner Geburtsstadt.

      DIE ANDERE SEITE

      Zusammenarbeit mit Hugo Wiener

      Durch Zufall hatte ich nach Farkas’ Tod dessen einstigen Partner und zuletzt »Erzfeind« Hugo Wiener kennengelernt. Wiener war mittlerweile Hausautor des Simpl, trat selbst als Conférencier auf und begleitete seine Frau Cissy Kraner am Klavier. Der Schöpfer von Couplets wie »Der Nowak lässt mich nicht verkommen«, »Der Vorderzahn«, »Der Vamp von Favoriten« und vieler Doppelconférencen war ein sympathischer, grundgütiger Mann, der mir aus seinem dramatischen Leben erzählte: von seinem Vater, der noch als Pianist bei den Soireen im Hause Johann Strauß aufgetreten war, über die bitteren Jahre der Emigration, die er mit Cissy Kraner in Südamerika verbrachte, bis zu seiner Rückkehr nach Wien im Jahr 1948.

      Dass wir uns auf Anhieb gut verstanden, war keine Selbstverständlichkeit, denn er wusste natürlich, dass ich für Farkas gearbeitet hatte – und das war nicht unbedingt von Vorteil. Denn Farkas und Wiener hatten sich 1965 im Bösen als Co-Autoren im Simpl getrennt, ohne dass es je zur Versöhnung gekommen wäre.

      Hatte mir Farkas seinerzeit vom Streit mit dem Ehepaar Cissy Kraner–Hugo Wiener aus seiner Warte erzählt, so lernte ich jetzt die andere Seite kennen. Fünfzehn Jahre waren Hugo Wiener und Karl Farkas ein kongeniales Team, ehe sie auseinandergingen. Nachdem sie viele Programme gemeinsam verfasst hatten, die auf den Simpl-Plakaten immer als »Farkas-Revuen« angekündigt wurden, regte der bescheidene Hugo Wiener an, in Zukunft doch die Namen beider Autoren zu nennen, wie es ja auch vor dem Krieg »Die Farkas-Grünbaum-Revuen« gegeben hatte. Farkas war sofort einverstanden: »Gut, wir nennen unsere Programme von jetzt an ›Die Farkas-Wiener-Revue‹.«

      Doch dann kamen die Plakate, und auf denen stand: »Die Wiener Farkas-Revue«.

      Daraufhin ging die Zusammenarbeit der Brettl-Genies in die Brüche, Hugo Wiener und seine Frau Cissy Kraner verließen den Simpl.

      Ich habe Hugo Wiener als noblen alten Herrn kennengelernt. Und er hatte einen feinen Humor. So erzählte er mir, dass in den 1970er-Jahren die junge Schauspielerin Christl Erber in einer Kabarettrevue mitgewirkt hatte, die Hugo Wiener für den ORF geschrieben hatte. Sie war für die Rolle als Gott Amor in hautenge Lederhosen gesteckt worden, deren Hosenträger sich raffiniert über ihren Busen schmiegten. Als der Autor zu den Dreharbeiten ins Studio kam, fiel allen auf, dass der sonst so freundliche Hugo Wiener immer dann, wenn Christl Erber als Gott Amor auftrat, mürrisch und griesgrämig reagierte. Die Schauspielerin fasste nach mehreren Stunden, in denen sich Hugos Laune nicht und nicht gebessert hatte, all ihren Mut zusammen, um ihn zu fragen: »Herr Wiener, gefalle ich Ihnen denn gar nicht in СКАЧАТЬ