Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman. Viola Maybach
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Название: Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman

Автор: Viola Maybach

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der kleine Fürst Staffel

isbn: 9783740970284

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СКАЧАТЬ und ohne Schuhe. Die Theaterwelt fragt sich noch heute, nach über fünfzig Jahren, was damals vorgefallen ist. Sowohl Wilhelm als auch Benedikt, die kurz zuvor mit dem goldenen Verdienstkreuz einer der höchsten Orden der Stadt erhalten hatte, schwiegen beharrlich über den Vorfall. Gerüchteweise wurde die Diva am gleichen Abend an einem Würstelstand gesichtet, wo sie eine Flasche Bier trank und dann in ein Taxi sprang. Da sie kein Geld mit sich trug, bezahlte sie das Bier mit einer Perlenkette und den Taxifahrer mit ihrer Nerzstola. Angeblich erlitt Benedikt noch in derselben Nacht eine Fehlgeburt.

      Später versuchte sich Benedikt neben dem Theater auch in verschiedenen Filmrollen, zuletzt sah man die Grande Dame als Mordverdächtige in einer ›Tatort‹-Folge. Dann wurde es still um den einstigen Star. War sie eine der erfolgreichsten Künstlerinnen des vorigen Jahrhunderts, so hatte sie privat weniger Glück. Nachdem ihre Beziehung zu Wilhelm zerbrochen war, scheiterte auch ihre Ehe mit dem um viele Jahre älteren Industriellen Peter Weitenberger. Wie man aus vertraulichen Kreisen hört, hatte er sie wiederholt betrogen. Trotzdem kümmerte sie sich nach seinem Schlaganfall rührend um ihren Ex-Mann, der nach einigen wirtschaftlichen Fehlentscheidungen finanziell ruiniert war. Benedikt nahm ihn in ihrem Haus auf und pflegte ihn bis zu seinem Tod zwei Jahre später. Angeblich soll sie einer befreundeten Kollegin folgende Worte gesagt haben: »Peter ist alles, was ich habe, denn ich habe nun einmal keine Kinder. Mein Mann war nach einer Kriegsverletzung unfruchtbar.«

      Heute lebt Lilo Benedikt zurückgezogen und einsam am Rande von Wien.‹

      »Nein, nicht einsam!«, protestierte Verena leise. »Sie hat Anna und nun auch mich. Und sie hat mit meiner Oma eine wunderbare Freundin in Hamburg!« Beim Gedanken an ihre Großmutter stiegen Verena die Tränen in die Augen. Wie sehr sehnte sie sich nach dem Trost der lieben alten Frau! Ob sie ihre Koffer packen und wieder nach Hause fahren sollte? Von wegen Neubeginn! Vom Regen in die Traufe war sie gekommen! Zuerst Bernd, dann Markus. Was die Mutter des einen, war die Schwester des anderen … Verena seufzte. Und nun noch Lilos Geschichte, die sich gut in das Muster fügte!

      Waren es nicht immer die Männer, die das Unheil brachten? Nein, sie hatte erst einmal genug von dieser Spezies. Sie würde jetzt einmal an sich selbst denken, und sonst nur noch an Lilo, Anna und Herrn Franz. Und sie würde malen. Dafür war der Kummer wenigstens gut – er machte kreativ.

      Zornig sprang Verena auf und schleuderte das Klatschmagazin in den nächsten Mülleimer. Obwohl immer noch die Sonne schien, die Kinder lachten und die Menschen um sie herum vergnügt waren, hatte der Tag für Verena seinen Glanz verloren. War sie denn immer auf der Verliererseite?

      Erst als sie die verwunderten Blicke der Passanten bemerkte, wurde ihr klar, dass sie weinte. Ziellos ging sie durch die Stadt, allein mit ihren verwirrten Gedanken, mit ihrem Zorn, und ihrem Schmerz. Herrn Franz trappelte mit, so artig, als ahnte er den Kummer seiner Freundin. Verena querte die Ringstraße und bewegte sich in Richtung Schwedenplatz, wo sich einer der besten Eissalons der Stadt befand. Doch Verena hatte heute keinen Appetit auf Eis, sie nahm nicht einmal die vielen fröhlichen Menschen um sich herum wahr. Schließlich stand sie auf der Salztorbrücke und schaute lange in das trübe Wasser des Donaukanals hinunter.

      »Was die Wiener immer mit ihrer schönen blauen Donau haben«, dachte Verena zynisch. Sie hatte diesen Fluss noch nie blau gesehen. Heute passte die Farbe des Kanals zu ihrer Stimmung. Im grauen Wasser spiegelten sich die Sonnenstrahlen und ein sanfter Wind kräuselte seine Oberfläche.

      »Pff«, machte Verena frustriert. Als ihr Handy läutete, zog sie es aus der Tasche, und dann ließ sie es einfach fallen. Es dauerte eine kurze Weile, dann war ein leises Platschen zu hören, als das Gerät und mit ihm ihre Träume versanken. Am liebsten wäre sie gleich nachgesprungen.

      Später wusste sie nicht, wie sie nach Hause gekommen war. Ihr Zuhause, das war nun wenigstens klar, jener Ort, wo sie sein durfte, wie sie war und ihren Kummer fließen lassen, das war die Backsteinvilla in Sievering.

      Sie erinnerte sich vage an einen Taxifahrer, an Annas erschrecktes Gesicht, die dem Mann einen Geldschein durchs Autofenster reichte. Sie erinnerte sich an Lilos sanfte Finger, die über ihre Wange strichen und an die Zunge von Herrn Franz, der ihren nackten Fußknöchel leckte.

      Ein weiches Bett, eine Tablette, schlafen.

      *

      Graf Markus bestellte einen weiteren Espresso. Wahrscheinlich würde er heute Nacht nicht schlafen können, aber was soll’s, dachte er. Hauptsache, ich bin bei der Besprechung mit Hassan Tahoumi gut in Form. Er sah auf seine Armbanduhr. In einer halben Stunde würde er sich mit dem Abgesandten des Scheichs treffen. Heute Abend schon würde er wissen, ob er weiterhin nur der Sohn eines berühmten Vaters oder sein eigener Chef sein würde. Natürlich hatte er nicht vor, das Unternehmen aufzugeben. Er wollte seinem Vater nicht in den Rücken fallen. Aber mit einem starken Geldgeber im Rücken würde er den Sprung vom Befehlsempfänger zum Entscheidungsträger vollziehen. Wie gerne hätte er seine Gedanken jetzt mit Verena geteilt! Doch sie war und blieb für ihn unerreichbar. Wieder klickte Markus die Kurzwahltaste seines Handys an. Wieder hörte er die unpersönliche Computerstimme sagen: »Kein Anschluss unter dieser Nummer.« Es war einfach unbegreiflich! Anfangs hatte das Telefon ja noch geläutet, aber kurz nach seinem Gespräch mit Gabriela war die Verbindung dann endgültig tot gewesen. So weit war Mailand aber nun wirklich nicht von Wien entfernt!

      Die hübsche italienische Kellnerin stellte ihm den Espresso auf den Tisch und lächelte keck. Früher einmal war Graf Markus immer für einen Flirt zu haben gewesen, und bei dieser hübschen, molligen Frau hätte er sofort zugegriffen. Doch seit er Verena kannte, war alles anders. Was er nicht mit ihr zusammen erleben oder teilen konnte, bedeutete ihm nichts.

      Graf Markus griff in die Seitentasche seines Sakkos und zog eine kleine, mit weinrotem Samt bezogene Schatulle heraus. Als er sie aufspringen ließ, kam ein glitzernder Saphir zum Vorschein und spiegelte die Lichtreflexe der Sonne. Nachdenklich betrachtete Markus den edlen Ring und dachte wehmütig an die schönen Frühlingstage, die Verena nun in Wien wohl gerade erleben durfte. Hier in Italien war der Sommer ja schon voll eingekehrt, über die Mittagszeit war es manchmal drückend heiß.

      Ob Verena wohl gerade in einem von der Frühlingssonne beschienenen Gärten saß? Sie würde ihre süße Jeansjacke tragen, die so gut zu ihren kurzen blonden Haaren passte. Markus mochte die Art, wie sie sich kleidete. Er hatte die junge Frau noch nicht oft getroffen, aber jedes Mal hatte sie legere Jeans und ein lässiges T-Shirt getragen. Flache Schuhe. Das war es, was ihm an ihr besonders gut gefiel. Dass sie es nicht nötig hatte, sich zu verstellen.

      Markus rückte seinen Stuhl ein Stück weiter in den Schatten. Natürlich wusste er, dass es viel zu früh war, Verena einen Ring zu schenken. Aber als er diesen Saphir in der Auslage des Juweliergeschäfts gesehen hatte, hatte er gespürt, dass dieser für ihn und Verena geschaffen war. Das Blau hatte dieselben Farben wie Verenas Augen. Der Reif war zart, schlicht und schön. Edel und kein bisschen protzig. Wie Verena. Markus seufzte.

      Im spiegelnden Display seines Handy kontrollierte Graf Markus rasch seine Frisur. Er wusste, dass die Araber großen Wert auf das äußere Erscheinungsbild legten und hatte extra eine Krawatte umgebunden, um den Abgesandten des Scheichs zu beeindrucken. Nun kam er sich wie verkleidet vor. Auf dem Stuhl neben ihm lag die Mappe mit seinen Entwürfen. Wenn er daran dachte, wie oft er damals mit seinem Vater gestritten hatte, der ihn zu einer handwerklichen Ausbildung gezwungen hatte! »Ich werde später doch nur im Büro sitzen, Paps, wozu muss ich wissen, wie man Holz bearbeitet?« Aber Carl Graf von Bäumler war hart geblieben und hatte sich schließlich durchgesetzt. »Als Chef des Unternehmens musst du jeden Bereich von der Pike auf kennen und beherrschen.« Bereute der Vater es heute am Ende, dass sein Sohn nicht nur graduierter Betriebswirtschaftler und ›Schreibtischtäter‹, sondern auch ausgebildeter Tischlermeister war, der im Umgang mit Holz seine Berufung entdeckt hatte? Es war das Wichtigste in seinem Leben geworden. – Oder СКАЧАТЬ