Название: G.F. Barner Staffel 3 – Western
Автор: G.F. Barner
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: G.F. Barner Staffel
isbn: 9783740918040
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Gezählt, denkt Gray, ja, ich habe gezählt. Wie weit? Ich weiß nicht, ich wurde so müde, ich musste schlafen. Und es schmeckte so süßlich, so widerlich. Es roch …
Seine Hände sind an der Hüfte.
In seinem Bein aber sitzt einer. Er klopft immerzu auf das Schienbein. Der Schmerz zuckt bis in die Zehen.
Poch – poch!
Da sitzt ein kleiner Kerl und hat einen Hammer. Und mit dem schlägt er York Gray immer auf das Schienbein.
Er soll aufhören, denkt York Gray, er soll aufhören, der Teufel, der bestialische, der mich quält – aufhören, aufhören!
Die Hand erreicht den Schenkel.
Und der Kerl haut ihn weiter auf das Schienbein. Die Zehen schmerzen so – oh, den Fuß bewegen.
Er bewegt den Fuß seines armen, gebrochenen Beines. Ja, der Fuß gehorcht.
Und die Hand – die Hand hält still, sie beginnt immer mehr zu zittern. Dann tastet sie wie irr auf dem Bein umher.
Linkes Bein, rechtes Bein! Wo …, wo ist das linke Bein? Es ist doch da, das Schienbein schmerzt doch …, die Zehen lassen sich bewegen, lassen sich doch …
Das Bein – mein Bein – wo ist mein Bein?
Er kommt hoch, stemmt sich auf. Es dreht sich um ihn. Schwindel kommt, packt ihn, lässt ihn stöhnen. Dann wird alles grausam klar vor seinen Augen.
Sein Bein!
Die Decke zerrt er herunter und sieht …, nur ein Bein, den Stumpf des anderen dick umwickelt, den hat er nun vor Augen. Verrückt, alles ist verrückt. Er fühlt doch, dass er die Zehen bewegen kann, den Schmerz im Schienbein, in dem der kleine Teufel sitzt, der mit dem Hammer! Und das Bein ist nicht da?
Der Traum – wie war das mit dem Traum?
Der, der den Totschläger auf den Kopf bekam, der hat es gesagt in seinen Träumen, die ihn gequält haben: »Abkneifen, du! Dir werde ich es abkneifen!«
Und dann hat sein fratzenhaft verzerrtes Gesicht sich zu einer höhnischen Maske verzogen. Er hat gedrückt, die Zangenschneiden kneifen lassen. Und Gray hat gestöhnt im Traum.
York Gray liegt still, ist zurückgesunken und stiert auf die Decke.
Es ist nicht wahr – auch das hat er nur geträumt. Das Bein ist gar nicht ab. Ja, ja, nur ein Traum, ein böser Druck im Kopf, Angst, dass er sein Bein verliert – nichts als ein Traum!
Denkt er – der Mann, der York Gray heißt und etwas kennt, das sein kleiner Bruder noch nicht erkannt hat. Jeder stirbt für sich allein!
Er versucht zu grinsen, er glaubt nicht daran. Ach, alles nur geträumt. Mit einem Bein durchs Leben gehen, was? Was ist denn schon ein einbeiniger Mensch wert, was kann er noch tun, wenn er nichts gelernt hat außer Leute aus einem Saloon zu prügeln, den Totschläger zu schwingen? Was kann er noch anfangen als Krüppel?
Geträumt, denkt York und stemmt sich wieder hoch.
Jetzt aber – jetzt bin ich wach!
Da sitzt er, stiert auf den Stumpf, kratzt sich, schlägt sich auf das Bein und stöhnt dumpf.
Die Erkenntnis, dass er niemals mehr gehen wird wie ein normaler Mensch, niemals hüpfen, laufen, springen … Die Angst würgt ihn, er sinkt zurück, keucht und hört Stimmen …
Sie reden draußen – oder drin? Wer redet da – wer spricht da neben ihm?
Schweiß rinnt ihm über das Gesicht, bedeckt den Körper, brennt an seiner Wunde. Angst ist da, die ihm den Atem abzuschnüren droht.
In der hintersten Ecke der Zelle ist es so düster, dorthin fällt kaum Licht. Dorther kommt die Stimme.
»York!«
Er reißt die Lider weit auf, blickt in die Ecke und sieht ihn dort sitzen. Er lächelt ihn an, aber seine Augen sind seltsam stumpf und glasig.
»Ja?«, fragt York flüsternd. »Was willst du, Vater, was ist?«
Sein Vater ist da – da sitzt er, hat den grauen Anzug an, den fadenscheinigen, der so mürbe ist, dass der Stoff schon an vielen Stellen geflickt werden musste.
Der Vater kichert – er hat immer gekichert, wenn er betrunken nach Hause kam. Hat nie einem was getan, der alte Gray, nur getrunken hat er – immer die Flasche in der Tasche gehabt. Und Prost hat er gesagt – zu jedem, den er traf. Auch zum Gevatter, der ihm begegnete, als er pleite war, das Fuhrgeschäft vertrunken hatte, die Familie im Elend und er …, bankrott, arm wie eine Kirchenmaus, leer die Taschen!
»York, Junge, in der Hölle ist es lustig, hihi!«
»Hihi!«, macht York Gray, sein Sohn, der Nachkomme eines Trinkers, des Bankrotteurs. »In der Hölle ist es lustig!«
Sein Vater steht auf.
»Mach mal Platz, York!«
York rutscht zur Seite – nur ein kleines Stückchen. Der alte Mann ist so schmal und dürr, dass er selbst auf einem Zaunbrett einen guten Platz finden würde.
»York, hihi, weißt du noch, wie sie uns alles aus dem Haus holen wollten, weißt du noch?«
»Ja, ja«, sagt York und erinnert sich genau. Gehörte ihnen nichts mehr, den Grays, das Haus nicht, die Möbel nicht, alles holten die Gläubiger ab, wollten sie holen, aber …
»Ist nichts mehr auf der Welt zu gewinnen, York, weißt du? Da nehmen sie dir alles weg, holen dir dein Bett heraus, auf der Erde musst du schlafen, auf der Erde, Junge. Und die Leute zeigen mit dem Finger auf dich. Einen Streich spielen so wie ich damals, York, hörst du?«
»Ja – aber welchen?«
So wie damals, denkt York – war es gestern erst? Ich bin elf Jahre alt – jawohl, ich bin elf Jahre alt. Vorgestern hatte ich Geburtstag. Und heute ist der alte Mann weggegangen. Einen Streich werde ich ihnen spielen, hihi.
Hat er auch, denkt York, hat er – zwei Tage nach meinem Geburtstag hat er ihnen einen Streich gespielt.
York, sagt die Mutter, York, geh hin und suche ihn – wer weiß, wo er wieder liegt, der Alte.
Und York geht ihn suchen, trifft zwei seiner Schulfreunde. Der eine sieht ihn und streckt den Finger aus und plärrt: »Pleite – Pleitejunge – Säuferjunge, Pleitejunge!«
Plärrt noch viel schlimmer, als York die wilde Wut packt und auf ihn eindrischt, bis der rotschöpfige, rotznasige Lümmel aus der Nase blutet. Damals hat er angefangen – das Schlagen!
Danach geht er weiter, sucht den alten Mann in seinem fadenscheinigen Anzug, der seinen Gläubigern einen Streich spielen СКАЧАТЬ