Название: Dunkle Träume
Автор: Inka Loreen Minden
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Wächterschwingen
isbn: 9783963700408
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Die Brauen nach oben gezogen, blickte Noir ihn an. »Alles in Ordnung mit dir?«
»Hm.« Er vermied es, viele Worte zu wechseln. Außerdem musste er sich ständig zurückhalten, sich nicht zu translozieren, denn er hatte sich an diese Art der Fortbewegung gewöhnt.
Ein weiterer Stich durchzuckte sein Gehirn. Ob die Hexe versuchte, seine Gedanken zu lesen? Sie konnte das, allerdings nur bei Menschen. Mit zwei Fingern rieb er sich über die Schläfen.
»Hast du Kopfweh?« Noir stand auf und balancierte den Stapel Akten in der Hand. Akten, die er zu gern durchsehen wollte.
»Geht schon«, erwiderte er.
»Komm mal mit in mein Büro. Ich geb dir ein Pulver dagegen.«
Hexenmagie – damit wollte er nichts zu tun haben. Dennoch folgte er ihr. Sie brachte ihn dorthin, wo er bereits ewig hineinwollte. Allein.
Die Tür war mittels eines Scanners und Zahlencodes gesichert. Noirs Freund, der Magier Magnus Thorne, hatte die oberste Etage des Hauses in eine Hochsicherheitszone verwandelt. Kein Dämon konnte hier ein Portal erschaffen, und die einzelnen Wohnräume ließen sich nur mit Daumenscan öffnen. Um in Noirs Büro zu kommen, musste man zusätzlich einen Code eingeben.
»Kannst du die mal kurz halten?«
Die Hexe drückte ihm den Stapel in die Hand, dann tippte sie auf das Bedienfeld. Räuber strich um ihre Beine, sodass sie anscheinend vergaß, das Eingabefeld mit ihrem Körper abzuschirmen. Kyr lugte an ihr vorbei. 23 – 5 – 99 – 2. Einen Fingerabdruck hatte er längst nachgebildet, jetzt kannte er auch den Code.
Die Tür ging auf. Räuber bellte ein Mal, wedelte und sah zu Kyrian auf, bevor er sich ins Büro trollte. Noir winkte ihn herein. Verdammt, die Frau vertraute ihm wirklich, wie all ihren Angestellten. Wenn sie wüsste, wer er war, hätte sie ihn längst getötet oder der Magiergilde ausgeliefert. Bisher war er nicht aufgeflogen und so sollte es noch eine Weile bleiben. Seit er vor ein paar Monaten in Vincents Klan gekommen war, hatte er sich unauffällig verhalten, Noirs Aufträge gewissenhaft ausgeführt und nebenher Namen von Hexen und Magiern gesammelt.
Noir bedeutete ihm, vor ihrem Schreibtisch Platz zu nehmen, und Kyr stellte den Aktenstapel darauf ab, bevor er sich setzte. Sie ging zu einem Metallschrank, der ebenfalls mit einem Code gesichert war. Nachdem sie ihn geöffnet hatte, erkannte Kyrian allerhand Fläschchen und Beutel darin. Während Noir ihm etwas zusammenmischte, blickte er sich unauffällig im Büro um. An einer langen Wand reihte sich ein Aktenschrank an den anderen. Sie waren nicht abgesperrt. Einige Schubladen standen offen und enthielten zahlreiche Ordner. Noir hatte seit der Eröffnung ihrer Detektei vor fast einem Jahr schon sehr viele Kunden gewinnen können. Das Geschäft lief gut, besonders Suchaufträge – verlorene Artefakte, Schätze oder Dinge von rein persönlichem Wert – kamen oft herein. Vincents Goyles besaßen verschiedene Eigenschaften, die Noirs Arbeit erleichterten. Sie beschäftigte die Außenseiter und die hatten ein Dach über dem Kopf und profitierten vom Leben in einer Gemeinschaft.
Kyrian würde, sobald die Hexe wieder einmal zu ihrer Vorsorgeuntersuchung ging, hier eindringen und sich alle Namen und Adressen einprägen.
Sie schloss den Schrank und reichte ihm ein braunes Papiertütchen.
»Danke.« Er schob das Tütchen in eine hintere Hosentasche. Bei der nächsten Gelegenheit würde er es entsorgen.
»Eine Messerspitze voll in etwas Flüssigkeit gerührt, nach dem Aufstehen getrunken, müsste dir helfen«, sagte sie und setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. »Du siehst furchtbar aus. Bist du krank? Mir ist schon öfter aufgefallen, dass du morgens recht zerknautscht aussiehst.«
Er schüttelte den Kopf. »Das hab ich bereits fast mein ganzes Leben.«
»Falls es nicht besser wird, lass dich lieber mal untersuchen.«
Noir drehte einen Bilderrahmen herum, der auf ihrem Schreibtisch stand. Das Foto zeigte sie und eine Frau mit blondem Haar, die fast zwei Köpfe kleiner war als Noir. Ihre Augen leuchteten so blau wie Lapislazuli. Ein weiterer Stich fuhr durch sein Gehirn und er sah Bilder von Personen, die er sich hatte einprägen müssen, weil er sie ausliefern musste. Sie war dabei: Isla. Blondes Haar, blaue Augen, spitzes Kinn – eine elfenhafte Schönheit.
Verdammt, wäre er doch zu dieser blöden Erstuntersuchung erschienen, zu der Noir all ihre Goyles bat, dann hätte er Isla längst gefasst und hätte mit ihr ins Dunkle Land zurückkehren können.
Seine Gedanken verschwammen, weil er den Blick nicht von ihr losreißen konnte. Was war nur los mit ihm? Mühsam unterdrückte er ein Zittern. Normalerweise zeigte er keine Regung, wenn ihm eine gesuchte Person unterkam, aber diese Frau war vielleicht seine und Myras Karte in die Freiheit. Jahrelang war er als Sucher durch die Menschenwelt gestreift und hatte es schon als glücklichen Zufall gesehen, dass Noirs Freund Magnus ihn für Vincents Klan aufgespürt hatte, doch nie hätte er geglaubt, hier Isla zu finden. Sein König wollte sie haben, um jeden Preis.
Noir stellte den Rahmen an seinen Platz zurück. »Das ist meine Freundin Jenna Fairchild. Sie ist Ärztin.«
»Jenna?« Er schluckte. Da musste ein Irrtum vorliegen, das war Isla. Wenn er sich einen Namen und ein Gesicht einprägte, dann war das unwiderruflich in sein Gehirn eingebrannt. Dafür hatten sie gesorgt. Er war einer ihrer besten Jäger, ein Meisterspion. Er irrte sich nie.
»Ja, das ist diejenige, zu der du nicht wolltest.« Offen lächelte sie ihn an.
Kyr hatte sich erfolgreich vor der Einstellungsuntersuchung drücken können. »Ist sie auch eine Hexe?«, fragte er verwirrt, weil er dachte, die Antwort längst zu kennen. Er konnte sich unmöglich täuschen, sein Gedächtnis war zuverlässiger als ein Computer.
Noir nickte. »Sie arbeitet mit ihrem Vater in seiner Schönheitsklinik.«
»Sie ist Chirurgin?« Isla war Heilerin …
»Angehende. Sie assistiert ihrem Dad.«
Interessant. Vielleicht irrte er sich und diese Ärztin war nicht die Person, für die er sie hielt. Dennoch erschien sie ihm äußerst nützlich. Sie konnte ihm bei einem persönlichen Problem helfen und er käme über sie an weitere Namen von Hexen und Magiern. Vielleicht sollte er ihr einen Besuch abstatten.
Kapitel 2 – Nicolas Tremante
Nicolas schlich durch den dunklen Flur des Wohntraktes, die Schwingen dicht an den Körper gepresst. Seine nackten Füße hinterließen kein Geräusch auf dem Teppichboden, nur das raue Leder seiner langen Hose raschelte leise. Nick fühlte, dass der Kerl, den er verfolgte, etwas ausheckte. Bewegungslos verharrte der große Mann im Dunkeln und wartete offensichtlich, bis Noir ihr Büro verließ. Es war spät, sie würde es in dieser Nacht nicht mehr betreten. Seit sie schwanger war, achtete sie auf ausreichend Schlaf.
Schon ging die Bürotür auf, Noir trat heraus und Licht flammte auf. Nick kniff die Lider zusammen. Als Dämon-Gargoyle-Hybrid sah er in der Finsternis ausgezeichnet. Noir drehte ihnen den Rücken zu und ging in Richtung ihrer Wohnung. Sie hatte ihn beauftragt, ein Auge auf ihren Bruder zu haben. Sie wusste immer noch nicht, ob sie Jamie vertrauen konnte, solange er den Zash in sich nicht beherrschte.
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