Название: Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 4 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Norden (ab 600)
isbn: 9783740929022
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Wie ein begossener Pudel stand der junge Arzt vor dem Tresen. Zum Glück waren noch keine Patienten da, die die unerfreuliche Szene miterlebt hatten, sodass ihm wenigstens diese Peinlichkeit erspart blieb.
»Sie haben ja recht«, räumte er schuldbewusst ein und machte sich auf den Weg ins Sprechzimmer seines Vaters. »Alle beide. Mit allem, was Sie sagen«, murmelte er, bevor er verhalten an die Tür klopfte. Im Gegensatz dazu wirkte Daniel Norden Seniors »Herein« wie ein Donnerschlag. Mit eingezogenem Kopf trat Danny ein. Er schloss sorgfältig die Tür hinter sich, ehe er sich zu Daniel umdrehte.
Der saß mit verschränkten Armen hinter dem Schreibtisch und musterte seinen Sohn mit kühlem Blick.
»Sieh mal einer an!«
»Dad, es tut mir leid«, setzte Danny zu einer Entschuldigung an.
Doch Daniel ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Bist du dir eigentlich im Klaren darüber, dass du mit der untergeschobenen Blutprobe um ein Haar eine Katastrophe angerichtet hättest?«
Überrascht blickte Danny auf.
»Nein, warum?«
»Wenn ich den falschen Befund auf den Tisch bekommen und Herr Ostermann die falsche Medikation erhalten hätte, hätte er sterben können.«
»Oh Mann, Dad, das wollte ich nicht«, stieß Danny erschrocken hervor.
»Das will ich auch hoffen, dass das keine Absicht war.« Obwohl sich Daniel vorgenommen hatte, ruhig zu bleiben, redete er sich immer mehr in Rage.
»Es geht um einen Notfall«, versuchte Danny sich zu erklären, ohne zu viel zu verraten, musste aber schließlich einsehen, dass das ein Ding der Unmöglichkeit war. Der junge Arzt wusste keinen Ausweg mehr. Er hatte gesehen, dass Marika in seiner Wohnung immer schwächer wurde. Sie brauchte dringend eine anständige ärztliche Versorgung. »Ich brauche deine Hilfe«, bat er seinen Vater schließlich in seiner Not.
Dr. Nordens Atem ging schnell, und er versuchte sich zu beruhigen.
»Das wurde aber auch langsam Zeit«, hatte er schließlich ein Einsehen mit seinem sichtlich verzweifelten Sohn. »Was ist passiert?«
Ratlos zupfte Danny mit den Zähnen an der Unterlippe. Nie zuvor hatte er sich in so einem Zwiespalt befunden.
»Das darf ich dir eigentlich nicht sagen«, rang er mit sich. »Andererseits bist du auch Arzt und somit zum Schweigen verpflichtet«, dachte er laut über sein Problem nach. »Wenn ich mit dir spreche, ist es fast so, als hätte ich niemandem etwas verraten.« Sein hoffungsvoller Blick ruhte auf seinem Vater. »Ist das so?«
Ob er wollte oder nicht, musste Daniel schmunzeln.
»Ein etwas eigenartiger Gedankengang. Aber bitte, wenn es dir hilft, es so zu sehen …«
»Enorm.« Über die Maßen erleichtert, einen Ausweg aus seinem Dilemma gefunden zu haben, schlüpfte Danny auf den Stuhl vor dem Schreibtisch und erzählte in knappen Worten, was am vergangenen Abend passiert war. »Ja, und seitdem ist Marika in meiner Wohnung. Sie müsste dringend zur Behandlung in die Klinik, droht aber damit davonzulaufen, wenn ich ihr das antue.«
»Sie fürchtet, abgeschoben zu werden, weil sie keine Papiere und kein Visum hat.« Daniel ahnte, woher der Wind wehte.
»Stimmt genau. Wenn ich wenigstens herausfinden könnte, wo ihre Tante wohnt. Sie heißt Liana Turaschwili. Dann wäre wahrscheinlich schon was gewonnen. Aber so …«
Eine Weile saß Daniel Norden schweigend da und dachte nach. Als sein Vater plötzlich die Hand ausstreckte und zum Telefonhörer griff, zuckte Danny erschrocken zusammen.
»Wendy, bitte verbinden Sie mich mit der Kanzlei Sassen«, bat Dr. Norden seine verdutzte Assistentin. Gleich darauf knackte es ihm Hörer, und die Verbindung wurde hergestellt.
Atemlos lauschte Danny auf die Worte seines Vaters, die er mit seinem langjährigen Freund, dem Anwalt Martin Sassen, tauschte. Als er auflegte, lächelte er zufrieden.
»Martin setzt sich mit der Botschaft in Verbindung, um neue Papiere und auch ein Visum für Marika zu bekommen. Er ist optimistisch, dass sie hierbleiben kann, wenn die Tante hier lebt.«
Danny fiel ein Stein vom Herzen.
»Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.«
»Indem du keinen solchen Unsinn mehr anstellst«, brummte Dr. Norden und versuchte vergeblich, seine Genugtuung zu verbergen. »Obwohl ich schon zugeben muss, dass du sehr mutig gehandelt hast. Ich hätte es wahrscheinlich nicht anders gemacht.«
»Danke, Dad.« Dannys Wangen leuchteten vor Stolz über dieses unverhoffte Kompliment. »Jetzt müssen wir nur noch diese Liana Turaschwili finden.«
»Das überlassen wir mal getrost Wendy«, erklärte Daniel Norden und erhob sich aus seinem Stuhl. »Wir haben jetzt Wichtigeres zu tun.« Er ging zur Tür und bückte sich nach seiner Arzttasche, die jederzeit fertig gepackt und zum Einsatz bereit dort stand.
*
Die Nachricht über die geplatzte Hochzeit machte schnell die Runde in der Klinik.
»Das ist ja wohl die schlimmste Demütigung, die einer Frau widerfahren kann, oder?«, fragte Felicitas Norden ihren Bruder Mario Cornelius, der neben ihr in der Kaffeeküche stand.
»Und das ausgerechnet der stolzen Natascha. Ich bin gespannt, wie sie diese Niederlage wegsteckt.« Mario trank einen Schluck Kaffee und verschluckte sich fast, als ausgerechnet Natascha zur Tür herein kam. Offenbar hatte sie zu Hause nur schnell die Kleidung gewechselt. Makeup und Frisur waren noch festlich. In wilder Entschlossenheit ging sie auf die Kaffeemaschine zu und schenkte sich ebenfalls eine Tasse ein. Dann drehte sie sich zu den beiden Kollegen um und musterte sie herausfordernd. »Egal, was Sie jetzt sagen wollen: Lassen Sie es!«, erklärte sie in die verlegenen Gesichter hinein. »Es kann nur falsch sein.«
Doch Mario schlug diese Warnung unbekümmert in den Wind.
»Es tut mir so leid für Sie. Aber bestimmt hat er es nicht mit Absicht getan. Es war sicher eine Kurzschlussreaktion.«
»Wie bitte? Sie nehmen Oliver auch noch in Schutz?« Empört schnappte Natascha nach Luft. »Dabei frage ich mich gerade, warum ich mich überhaupt mit Männern abgebe. Ich trete jedenfalls nie wieder vor den Traualtar.«
»Vielleicht sollten Sie zuerst noch einmal mit ihm reden und herausfinden, was wirklich passiert ist«, versuchte Fee, beruhigend auf die aufgebrachte Kollegin einzuwirken.
Doch davon wollte Natascha erst recht nichts hören.
»Nie wieder werde ich ein Wort mit ihm wechseln. So wahr ich hier stehe!« Zum Schwur streckte sie drei Finger der rechten Hand hoch. »Das können Sie Oliver auch gern sagen, falls er es wagen sollte, hier aufzukreuzen. Was ich ihm nicht empfehlen möchte!« Natascha trank einen Schluck von ihrem rabenschwarzen Kaffee und knallte die Tasse so heftig auf den Tisch, dass Fee und Mario zusammenzuckten. Dann stürzte sie aus der Kaffeeküche, ohne sich noch einmal umzudrehen.
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