Fantasy Sammelband Riyala - Tochter der Edelsteinwelt Band 1 bis 5. Antje Ippensen
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Читать онлайн книгу Fantasy Sammelband Riyala - Tochter der Edelsteinwelt Band 1 bis 5 - Antje Ippensen страница 20

СКАЧАТЬ den scharfen Raubvogelaugen machte Riyala seine schlanke Gestalt und seinen wild flatternden Haarschopf rasch aus und kreiste über ihm. Es bereitete ihrem Geist gar keine Mühe, ihren Falken zu lenken.

      An Nigels Seite aber sah sie Sandirilia, wie eine Kriegerin gekleidet und mit Schwert und Schild bewaffnet. Sie schien die einzige Frau weit und breit zu sein; mit den geschärften Sinnen ihres Falken nahm Riyala wahr, dass ihr ein ähnlicher Respekt gezollt wurde wie Nigel ... Und nun wurde ihr bewusst, dass auch viele aus dem Fahrenden Volk Seite an Seite mit dem Landvolk kämpften.

      Auch sämtliche Geräusche, Rufe, Worte erreichten kristallklar Riyalas Geist.

      „ Die Katapulte zum Tor!“, schrie der junge Rebellenführer. Sein Gesicht mit der kühnen Hakennase war angespannt, ja verbissen; in seinen Augen brannte das wilde Feuer der Revolution. Dies war Nigels große Stunde.

      Riyalas Falke schraubte sich wieder höher – sie wollte nicht, dass man auf den vermeintlichen Unglücksvogel aufmerksam wurde.

      Überall war Chaos, Aufruhr, loderten Brände, quollen Rauchschwaden in den Himmel empor ... Bestürzt erkannte Riyala, dass auch innerhalb der Stadtmauern Kämpfe ausgebrochen waren – und es war kaum zu glauben, aber unter den Stadtbewohnern gab es immer noch Riyala-Anhänger, die ihrerseits die co-lhanischen Wachen angriffen und somit indirekt zu Verbündeten der Bauernrebellen wurden.

      „ Freiheit für Riyala!“, schrien diese Menschen. „Die Tochter der Hoffnung darf nicht sterben!“ Sie glaubten offenbar, dass Riyala das Opfer einer Hof-Intrige geworden war. Einige von hnen stürzten sich auf das bereits halbfertig gezimmerte Schafott im Hof des Schwarzen Turms und zertrümmerten es.

      Und dann liefen auch noch Teile der Truppen zu Nigels Aufständischen über! Sie lieferten sich wilde Gefechte mit den loyalen Soldaten des Regentenpaares und ließen sich dann an Seilen die Mauer hinab. Das waren zweifellos Männer, die außerhalb der Stadt Verwandte hatten. – Riyala frohlockte innerlich. Aus ihrer Vogelperspektive sah es bereits so aus, als würde die Verteidigungslinie ihres Vaters zusammenbrechen. Sie entdeckte den Heros auf einer Mauerzinne, gedeckt von Leibwächtern, scharfe Befehle erteilend. Die brenzlige Lage am Stadttor, wo ununterbrochen brennende Schwefelbrocken durch die Luft zischten, brachte ihn dazu, einen Ausfall mit seinen Elitekriegern zu riskieren – wohl in der Hoffnung, sich dadurch eine Atempause zu verschaffen.

      Doch damit hatte Nigel gerechnet. Er zog seine Leute zusammen, und obwohl von den Tortürmen her unaufhörlich heißes Pech und kochender Schwefel geschüttet wurde, Pfeile und Speere hageldicht flogen, gelang es ihm, die Hundertschaft Elitesoldaten unmittelbar nach dem Ausfall abzufangen und zum Kampf zu stellen.

      Riyala beeilte sich, wieder in Nigels Nähe zu kommen. Sie sah, wie er mit seiner Kampfgefährtin Sandirilia ein kurzes Lächeln tauschte – ein kameradschaftliches Lächeln, wie ihr schien, mehr nicht. Nach all den Fehlern, die sie gemacht hatte, wollte Riyala nun nicht auch noch Eifersucht auf sich laden – zudem bewunderte sie Sandirilias Mut. Woher nahm die unterernährte junge Gauklerin nur die Kraft, ein Schwert zu führen? Und sie machte ihre Sache sogar gut.

      Binnen kurzem waren sie, Nigel und Dutzende von Bauern in heftige Nahkämpfe verwickelt. Jetzt würde die Schlacht möglicherweise eine entscheidende Wendung nehmen – denn das Tor stand offen, und immer mehr Aufständische strömten herbei.

      Auch der Heros erkannte die Gefahr und zog noch mehr Verteidiger zusammen. Er selbst eilte auf der Mauer entlang in Richtung Haupttor; seine blutrote Helmfeder wehte, die Rüstung blitzte im grellen Sonnenlicht. Seine Hand wies in Nigels Richtung.

      „ Tötet ihn!“

      Riyalas Hass auf den Vater nahm ungeahnte Ausmaße an.

      „ Nigel! Vorsicht!“, wollte sie unwillkürlich warnend schreien – doch statt dessen öffnete sich der Schnabel ihres Falken, und ein rauer, durchdringender Schrei brach hervor.

      Nigel, der sich soeben durch mehrere wuchtige Attacken freigekämpft hatte, zuckte zusammen. Er war abgelenkt, legte den Kopf in den Nacken ... und griff nach Pfeil und Bogen. Sein zu dem Falken emporgewandtes Gesicht verfinsterte sich. Erinnerte er sich an das letzte Zusammensein mit der Geliebten, die ihn verraten hatte? Schoss ihm jetzt wieder sein eigenes Wort vom „Unglücksvogel“ durch den Kopf?

      Entsetzt erkannte Riyala, wie sich ihre gute Absicht ins Gegenteil verkehrte.

      Und dann überstürzten sich die Geschehnisse so rasend schnell, dass sie unaufhaltsam in tödliches Verderben führten.

      Ein gut gezielter schwarzer Pfeil zischte in jenem Moment auf Nigel zu, in dem dieser sein Geschoss abschwirren ließ.

      Auch Sandirilias Warnruf kam zu spät!

      Die Welt explodierte in einem grässlichen, verdoppelten Todesschmerz – Riyala im Körper des Falken fühlte, wie Nigels Pfeil das silbergraue Federkleid durchdrang und das mutige Vogelherz durchbohrte – genau in dieser Sekunde brach auch Nigel zusammen, in die Brust getroffen.

       Mein Falke fällt (ich falle) wie ein Stein ... das ist Sterben ... Riyala erlitt zwiefache Qual, obgleich ihr eigener Körper in Sicherheit war. Und dann lag der Vogel mit ausgebreiteten Schwingen auf der Brust des jungen Mannes, und ihrer beider Blut vermischte sich.

      Ein dunkler Strom des Lebenssaftes brach aus Nigels Mund, und doch flüsterte er noch fast unhörbar einen Namen, während seine Hände im Todeskampf den Pfeilschaft umfassten und zugleich die Falkenfedern berührten.

      Zwei Namen, die jedoch nur einer Frau galten.

      „ Zalana ... Riyala ...“

      Niemand sonst hörte es ...

      Erst jetzt sprang Sandirilia mit einem wilden Schmerzensschrei an die Seite des Gefallenen, und ein Chor von Klagelauten erhob sich ringsum.

      Wie es Riyalas Seele gelang, zurückzukehren in ihren eigenen Körper, der halb erkaltet in der Schwarzen Turmzelle hing, wusste die junge Frau niemals zu sagen.

      Und wozu kehrte sie überhaupt zurück? Nigel war tot, und auch sie sah keinen Grund mehr zu leben.

      Aus ihrer erstarrten linken Hand rieselte mattgoldener Quarzsand zu Boden. Das Auge des Falken war zerstört.

      Riyalas Schmerz war zu tief, als dass sie hätte weinen können. Tränenlos stand sie an der Wand, und wären die Ketten nicht gewesen, so hätte sie sich keinen Augenblick länger auf den Beinen halten können.

       Wenn es mein Schicksal ist, hier elendiglich zu verschmachten, anstatt schnell zu sterben durch das Schwert des Scharfrichters, so sei es. Ich habe keinen schnellen Tod verdient ...

      Schwarze Wirbel flackerten durch ihr Gehirn, hüllten ihr Bewusstsein vollständig ein; Riyala – Tochter der Matriarchin und des Heros von Co-Lha, Edelstein-Magierin, Geliebte des gefallenen Bauernführers Nigel Dha-Na und Hochverräterin – fiel in Ohnmacht.

      *

      Als sie wieder zu sich kam, dämmerte der Abend, und in den wachsenden Schatten verschwammen die Konturen der Zelle.

      Riyala war nicht überrascht, den Edelstein-Magister vor sich stehen zu sehen.

      Mit stumpfen, trockenen Augen blickte sie ihn an. Ihre Kehle schmerzte vor Durst.

       Ich wusste, dass Ihr kommen würdet, dachte sie teilnahmslos.

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