Название: Wem gehört die Zukunft?
Автор: Jaron Lanier
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Социальная психология
isbn: 9783455851137
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Wenn im Informationszeitalter ehrlich und umfassend abgerechnet würde, würden möglichst viele Informationen ökonomisch berücksichtigt und gewertet werden. Wenn jedoch »rohe« Informationen oder Informationen, die in den Rechenzentren noch nicht verknüpft wurden, nicht als Wert an sich gelten, kommt es zu einer massiven Entrechtung. Mit der Entstehung der Informationsökonomie erhebt sich wieder das alte Schreckgespenst, das wir aus unzähligen Science-Fiction-Geschichten und totalitaristischen Albträumen kennen, und nimmt apokalyptische Ausmaße an. Gewöhnliche Menschen werden in der neuen Wirtschaft keinen Wert haben, während diejenigen, die Zugang zu den großen Rechnern haben, Hyper-Werte scheffeln.
Die Idee der kostenlosen Informationen ist tragfähig, wenn nur eine begrenzte Zahl von Menschen entrechtet wird. Ich sage es nur höchst ungern: Wir würden es überleben, wenn wir lediglich die Mittelschicht der Musiker, Journalisten oder Fotografen vernichten. Nicht tragbar ist dagegen die zusätzliche Vernichtung der Mittelschichtberufe im Transportwesen, im Handwerk und im Energiebereich, in der Verwaltung oder im Bildungs- und Gesundheitsbereich. Doch zu dieser Vernichtung wird es kommen, wenn die vorherrschende Idee einer Informationsökonomie nicht verbessert und ergänzt wird.
Die Entwickler digitaler Technologien legen fest, wie Menschen heute leben, wie sie arbeiten, wie sie denken – und das anhand der Erwartungen, die sie aufgrund dummer utopistischer Szenarien hegen. Wir wollen selbstverständlich kostenlose Online-Dienste nutzen und nehmen dafür in Kauf, dass wir für die Informationen, die wir beständig liefern, nicht bezahlt werden. Das hat zur Folge, dass die meisten von uns, je wichtiger Informationen in unserer Wirtschaft werden, immer weniger wert sein werden.
Die Gewinner vor sich selbst schützen
Nützt die derzeitige Entwicklung überhaupt denjenigen, die die wichtigsten Server betreiben und nun dazu übergehen, unsere Welt zu organisieren? Kurzfristig betrachtet auf jeden Fall. Durch die Nutzung der Netzwerktechnologie und die Möglichkeit, Informationen und damit Reichtum und Macht zu konzentrieren, sind in jüngster Zeit riesige Vermögen entstanden.
Doch langfristig profitieren nicht einmal die reichsten und mächtigsten Beteiligten vom Einsatz der Netzwerktechnologie, denn auch sie sind für ihren Wohlstand auf eine wachsende Wirtschaft angewiesen. So zu tun, als ob die Daten vom Himmel gefallen wären und nicht von realen Personen kommen würden, hilft da nicht weiter, sondern führt nur zur Schrumpfung der Gesamtwirtschaft.
Je fortschrittlicher die Technik, desto mehr Tätigkeiten werden mit Informationswerkzeugen erledigt. Daher wird unsere Wirtschaft, je mehr sie sich zur Informationsökonomie wandelt, nur wachsen, wenn wir nicht weniger, sondern immer mehr Informationen zu Geld machen. Aber das tun wir nicht.
Selbst die erfolgreichsten Beteiligten untergraben das Fundament ihres eigenen Reichtums. Kapitalismus funktioniert nur, wenn es genügend erfolgreiche Menschen gibt, die als Verbraucher fungieren. Ein Marktsystem kann nur bestehen, wenn so gründlich abgerechnet wird, dass es den Wert widerspiegelt, auf dem es basiert, was, wie ich noch zeigen werde, nichts anderes heißt, als dass wir eine Mittelschicht des Informationszeitalters benötigen.
Fortschritt ist obligatorisch
Derzeit treffen zwei große Entwicklungen aufeinander, von denen die eine zu unseren Gunsten, die andere zu unseren Ungunsten verläuft. Als Gegengewicht zu den von uns erhofften paradiesischen Zuständen sehen wir uns mit Problemen wie dem Klimawandel oder der Frage konfrontiert, wie wir angesichts der stetig wachsenden Weltbevölkerung eine ausreichende Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln für alle Menschen sicherstellen sollen. Mehr Menschen als je zuvor werden Wasser und Nahrung benötigen.
Die größten Probleme unserer Zeit sind von uns selbst verursacht, allerdings haben wir auch kaum eine andere Wahl. Das Menschsein ist eine sich stets wandelnde technologische Herausforderung. Durch die Lösung des einen Problems entstehen sofort mehrere neue. Das war schon immer so und ist kein besonderes Kennzeichen unserer heutigen Zeit.
Da die Bevölkerungszahlen aufgrund der verminderten Kindersterblichkeit steigen, sind neue Hungersnöte vorprogrammiert. Wir entschlüsseln die genetischen Codes der Biologie, entwickeln erstaunliche neue Medikamente und vervielfachen unsere Fähigkeiten durch digitale Netzwerke, während wir gleichzeitig unser Klima zerstören und wichtige Rohstoffe vernichten. Und doch sind wir gezwungen, immer weiterzumachen, weil sich die Geschichte nicht umkehren lässt. Außerdem müssen wir ehrlicherweise eingestehen, dass es den Menschen in Zeiten, als die Technik noch nicht so weit entwickelt war, noch schlechter ging.
Neue technologische Ansätze zur Lösung der großen Probleme unserer Zeit werden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in irgendwelchen Garagen entwickelt werden, sondern durch die Zusammenarbeit vieler Menschen mittels gigantischer Computernetzwerke. Die Politik und Wirtschaft dieser Netzwerke werden bestimmen, wie aus neuen Möglichkeiten neue Vorteile für ganz gewöhnliche Menschen entstehen.
Fortschritt ist nie losgelöst von der Politik
Auch die raffinierteste Technologie gibt es vielleicht eines Tages in guter Qualität und für sehr wenig Geld, während gleichzeitig die wichtigsten Grundlagen fürs Überleben womöglich unbezahlbar werden. Digitale Utopien und vom Menschen geschaffene Katastrophen stehen nicht im Widerspruch zueinander. Sie können koexistieren. Das ist das Thema vieler düsterer Satiren der Science-Fiction-Literatur – man denke nur an die Geschichten von Philip K. Dick.
Die Preise für grundlegende Dinge wie Wasser und Lebensmittel könnten enorm steigen, während gleichzeitig unglaublich komplizierte Geräte wie praktisch unsichtbare Nanoroboter für Herzoperationen uns umschwirren würden wie Staubpartikel in der Luft, gesponsert von Werbekunden.
Alles auf einmal kann man nicht kostenlos anbieten, dafür ist die reale Welt zu chaotisch. Software und Netzwerke sind chaotisch. Und die Wunder der auf Informationen basierenden Technologie, die unser Leben zunehmend bestimmen, basieren auf begrenzten Ressourcen.
Die Illusion, dass alles so billig wird, dass es praktisch umsonst ist, schafft die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bildung von Kartellen, die aus allem Kapital schlagen, was nicht so günstig ist. Wenn Musik nichts kostet, dann wird eben die Handyrechnung teuer, so verrückt das auch ist. Man muss das ganze System betrachten. Egal wie klein die Schwachstelle einer Utopie sein mag, wer nach Macht strebt, wird sich genau auf diesen Punkt konzentrieren.
Zurück an den Strand
Sie sitzen am Meer – wo auch immer sich die Küste befinden mag, nachdem Miami in den Fluten versunken ist. Sie haben Durst. In jeder beliebigen Staubansammlung wimmelt es von interaktiven roboterähnlichen Geräten, seit Werbefirmen vor langer Zeit den »Smart Dust« entwickelt und auf die Welt losgelassen haben. Das heißt, dass Sie einfach nur etwas sagen müssen, irgendein Gerät wird Sie immer hören. »Ich habe Durst, ich brauche Wasser.«
Die Möwe antwortet: »Sie werden von unseren verschiedenen Sponsoren nicht als potenzieller Kunde eingestuft, daher kommen diese nicht für die Kosten Ihres Wassers auf.« Sie erklären: »Aber ich habe einen Penny.« – »Das Wasser kostet zwei Pennys.« – »Vor meiner Nase befindet sich ein ganzer Ozean. Man muss einfach nur ein bisschen Wasser für mich entsalzen!« – »Die Lizenzen für die Meerwasserentsalzung sind an Trinkwasserfirmen vergeben. Sie müssen einen Vertrag unterschreiben. Sie können sich aber jeden beliebigen Film ansehen, der jemals gedreht wurde, oder Porno-Clips oder die Simulation СКАЧАТЬ