Frühling auf Huntington Castle. Imelda Arran
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Название: Frühling auf Huntington Castle

Автор: Imelda Arran

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783937013336

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СКАЧАТЬ davon?“

      „Ja, das wäre großartig!“

      Xavier hatte im Zimmer der alten Duchesse die Briefe gefunden, auch etwas Geld und Schmuck in dem Geheimfach, das Madeleine ihm beschrieben hatte. Das Geld würde sie nach England bringen, den Schmuck konnten sie dort verkaufen, um den Rest des Weges zu ihren Verwandten mit leidlicher Bequemlichkeit zurückzulegen. Xavier hatte alles so wohl durchdacht, und Madeleine war ihm dankbar, dass er sie mit Gesprächen über ihre Verwandten in England von ihrem Schmerz ablenkte. Er ließ sie alles erzählen, was sie wusste. Gemeinsam lasen sie eines abends bei einer Rast die Briefe, die der Onkel auf Englisch geschrieben hatte. Das war kein leichtes Unterfangen, denn im Schein ihres kleinen Lagerfeuers war die Schrift schwer zu erkennen, und der Onkel schrieb in sehr eigenwilligen Zügen. Madeleine erklärte Xavier Dinge, die er nicht verstand, weil er die beteiligten Personen nicht kannte oder ihr Onkel Dinge erwähnte, die die Mutter in vorherigen Briefen geschrieben haben musste.

      „Wieso tun Sie das?“ fragte Madeleine einmal unvermittelt.

      „Was?“ In Xaviers Frage lag ein leiser Schrecken, den er jedoch schnell überspielte, indem er sich von ihr abwandte und frische Äste aufs Feuer warf.

      „Mich retten, mich trösten, in Sicherheit bringen?“

      „Das Schicksal hat uns zusammengeworfen. Ihr seid ohne Familie, genau wie ich. Mein Vater hat Eurem Vater gedient, davor hat sein Vater Eurem Großvater gedient. Ich wüsste gar nichts anderes zu tun, als nun Euch zu dienen. Außer Euch habe ich niemanden mehr, und Ihr habt niemanden mehr außer mir. Da ist es doch nur natürlich, dass wir uns zusammentun, nicht wahr? Aber nun sollten wir uns nicht weiter mit dieser Trauer befassen“, sagte er mit einer wegwerfenden Geste. „Erzählt mir lieber mehr von Eurer Familie. Das lenkt uns beide ab. In England liegt unser beider Zukunft. Darauf sollten wir uns konzentrieren. - Für heute ist es genug. Wir sollten das Feuer löschen und schlafen.“ Er warf Erde und Gras, das schon feucht vom Nachttau war, auf das Feuer, bis nur noch winzige Funken glommen. Madeleine wickelte sich in ihre Jacke und schaute zu, wie die Funken ganz und gar verloschen. Nicht mehr lange und sie würde wieder in einem richtigen Bett schlafen. Sie konnte es kaum erwarten, endlich nach England zu kommen.

      Madeleine hatte Freude daran, Xavier Englisch beizubringen. Er war ein gelehriger Schüler, und verwundert stellte sie fest, dass er schon lange sehr aufmerksam ihrem Unterricht gefolgt sein musste, den die Mutter ihr und ihrem Bruder in Englisch gegeben hatte. Sein Akzent war deutlich stärker als ihr eigener, aber mit etwas gutem Willen konnte man verstehen, was er sagte. Madeleine hoffte sehr, dass die Engländer - vor allem ihr Onkel und die Tante - guten Willens waren, damit Xavier sich schnell einleben würde. Bald konnten sie sich fließend in Englisch unterhalten, was sie aber nur taten, solange sie alleine waren. Sobald sie in Harfleur angelangt waren, sprachen sie wieder französisch.

      „Ich werde Euch fortan mit ‘du’ und ‘Bursche’ ansprechen, damit wir glaubwürdig sind. Ich hoffe, Ihr werdet mir das verzeihen. Ich werde auch ab und an streng mit Euch sein müssen, wenn es die Situation erfordert. Lasst uns dann nicht auffliegen, indem Ihr aufbegehrt. Ihr seid nun mein Bursche, der meine Befehle erhält und ausführt. - Zeigt mir Eure Hände!“ Verwirrt hielt Madeleine ihm ihre Hände hin. Es war ihr unangenehm, dass er ihre Hände so eingehend betrachtete, sie sogar berührte, um sie nach innen und außen zu wenden. Ihre Hände hatten in den letzten Wochen nicht nur ihre feine Blässe verloren, sondern auch jede Zartheit. Es waren mittlerweile tatsächlich die Hände eines jungen Burschen, denn ihre Fingernägel waren nicht nur schmutzig, sondern auch eingerissen; mühsam hatte sie sie mit einem kleinen Messerchen in Form gebracht. Die Haut war trocken und hatte sogar Schwielen von dem Wanderstab, den Xavier ihr in die Hand gedrückt hatte, damit sie es etwas leichter haben möge.

      „Eure Hände sehen ganz gut aus. Glaubwürdig.Versteht Ihr? Man darf Euch auf keinen Fall als junge Frau erkennen, denn sonst sind wir verloren. Bleibt immer bei mir, dann wird schon alles gut gehen.“

      Xavier hatte schnell zwei Plätze auf einem Schiff besorgt, das ihn und Madeleine nach England übersetzte. Noch nie hatte Madeleine ein Schiff bestiegen. Fremde Gerüche strömten auf sie ein:Teer, salzige Luft, das Holz des Schiffes; selbst das riesige Segel, das sich in der Morgensonne blähte, verströmte einen eigenen Duft. Hätte sie ihre Familie nicht tot und ohne Begräbnis zurücklassen müssen, wäre anstelle Xaviers ihr Bruder bei ihr gewesen, hätte sie es als ein großartiges Abenteuer empfinden können. Aber so war ihr Herz schwer, als sie die Küste Frankreichs verschwinden sah. Ganz klein wurde die Küstenlinie, bald konnte sie nur noch den Leuchtturm erkennen, und dann war Frankreich und mit ihm ihr altes Leben, im Morgendunst verschwunden. Sie ahnte, dass sie Frankreich nie mehr wiedersehen würde. Ihr einziger Trost war, dass sie dem Comte de Beauchamps sicher entronnen war.

      Am folgenden Morgen kam England in Sicht. Sobald sie englischen Boden unter den Füßen hatten, fühlten sie sich sicher. Hier konnte ihnen nichts geschehen - so glaubten sie zumindest. Madeleine schaute sich mit großen Augen in diesem Land um, aus dem ihre Mutter kam, und das sie selbst noch nie betreten hatte. Das geschäftige Treiben des Hafens, all das Neue, ließ ihr keine Zeit für Trauer. Anders als in Harfleur saß ihnen nicht die Angst im Nacken, entdeckt zu werden. Also schlenderten sie gemächlich am Quai entlang. Die Lagerhäuser waren mit Teer gestrichen, um dem beständigen Seewind standzuhalten. An Seilwinden wurden Säcke emporgezogen und in die großen Fenster gehievt. Hafenarbeiter löschten Ladung oder brachten Fracht auf die Schiffe. Schänken waren da, vor denen junge Frauen sehr vertraut mit Seeleuten sprachen, sich sogar in aller Öffentlichkeit küssen ließen! Machten sich diese Frauen denn gar keine Sorgen um ihren Ruf?

      Madeleine erschrak, als ein Anker direkt neben ihr ins Wasser rauschte und sie einige Spritzer abbekam. Schon begann sie zu zetern, aber Xavier packte sie im Genick und drückte ihr seine andere Hand auf den Mund. So zerrte er sie zur Seite, zwischen zwei Lagerhäuser.

      „Burschen fiepsen nicht herum wie Mädchen, wenn sie ein wenig nass geworden sind. Also schweigt!“ Xavier klang sehr ärgerlich, und er schaute sie noch einmal sehr durchdringend an, bevor er sie wieder losließ.

      „Xavier, was fällt Ihnen ein!“ fauchte sie, da drückte er sie gegen die Wand, dass ihr fast der Atem verging.

      „Schweigt! Augenblicklich! Oder ich lasse Euch jetzt und hier sofort stehen! Ihr seid mein Bursche und tut genau das, was ich Euch befehle.“

      „Wieso muss ich denn immer noch als Ihr Bursche auftreten? Wir sind jetzt in England. Da könnte ich auch als ich selbst reisen“, erwiderte sie trotzig und verschränkte ihre Arme, soweit ihr dies unter Xaviers festem Griff möglich war.

      „Ich habe genau gesehen, mit welchem Blick Ihr die Frauen dort drüben gerade angeschaut habt. Denkt Ihr denn wirklich, es ist Eurem Ruf förderlich, wenn Ihr als junge Frau allein reist, nur von einem Mann begleitet, mit dem Ihr nicht verwandt seid?“

      „Xavier, machen Sie sich nicht lächerlich! Sie sind mein Diener. Als solcher können Sie mich begleiten.“

      „Wenn Ihr wirklich standesgemäß als Ihr selbst reisen wollt, müsst Ihr Euch nicht wundern, wenn sich die englischen Herren nicht gerade um Eure Hand reißen. Auch wenn wir beide hier in aller Unschuld reisen, wird man von Eurer Reise erfahren und Fragen stellen. Unangenehme Fragen, die ich dann beantworten darf. Ich will mich nicht bei Eurem Onkel gleich in ein schlechtes Licht rücken.“

      „Wie kommen Sie auf den abwegigen Gedanken, dass ich hier in England einen Ehemann finden will? Vielleicht ist es mir sogar viel lieber, wenn die englischen Herren mich in Ruhe lassen. Eines sage ich Ihnen, Xavier: Ich bin dem Comte de Beauchamps entkommen und werde mich mit Zähnen und Klauen wehren gegen eine vorteilhafte Heirat mit einem uralten, schielenden Dumpfbeutel.“

      Xaviers СКАЧАТЬ