National Geographic Bildband: Vogelreich. 300 berührende Fotografien vom Aussterben bedrohter Vögel.. Noah Strycker
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СКАЧАТЬ hatte, verzauberte die High Society Europas derart, dass sein Urheber – der »amerikanische Waldmensch« – zu internationalem Ruhm aufstieg. Und auch heute noch inspirieren seine fast 200 Jahre alten Bilder Vogelliebhaber auf der ganzen Welt.

      Es ist interessant, dass die größte Vogelschutzorganisation in den Vereinigten Staaten heute Audubons Namen trägt, war er doch in erster Linie Maler. Er studierte die Tiere zwar auch auf andere Weise, indem er etwa am ersten Beringungsexperiment in Nordamerika teilnahm oder später auch auf die Bedrohungen der Vogelpopulationen einging, am berühmtesten aber ist er für seine Porträts.

      Brillenpinguin (Spheniscus demersus), stark gefährdet

      Ebenso wie die frühen Höhlenmalereien diente auch Birds of America einem Zweck, der dem Künstler vermutlich noch nicht voll bewusst gewesen ist. Einige der in dem Band abgebildeten Vögel, darunter der Karolinasittich, die Wandertaube, die Labradorente, der Riesenalk, der Eskimo-Brachvogel und das Heidehuhn, sind inzwischen ausgestorben. Das Kunstwerk feiert eine Landschaft, die es nicht mehr gibt.

      Heute denken viele Menschen bei Umweltschutz an Geld, Politik, Gesetze und Vorschriften. Aber das ist nur ein kleiner Teil der Geschichte, der das Wunder, das Vögel und Natur für uns sind und das Menschen wie Audubon uns näherbringen können, außen vor lässt.

      Nur wenige wild lebende Tiere lassen sich so leicht beobachten wie Vögel. Sie sind überall um uns herum. Und ebenso wie wir sind sie im Gegensatz zu zahlreichen Säugetieren, Reptilien, Amphibien, Insekten und Meeresbewohnern, die sich auf andere Sinne verlassen, überwiegend audiovisuelle Geschöpfe. Wir können viele Verhaltensweisen von Vögeln verstehen und uns daran erfreuen, und jeder hat Zugang zu ihnen.

      Es ist lange her, dass Vögel wie zu Audubons Zeiten millionenfach ihres Fleisches und ihrer Federn wegen oder einfach aus Vergnügen getötet wurden. Das Entsetzen über die Wasservogeljagd führte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den ersten bundesweiten Naturschutzgesetzen. Zur gleichen Zeit wurden das US-amerikanische National Wildlife Refuge System und in Großbritannien die Royal Society for the Protection of Birds gegründet. Das Buch Der stumme Frühling, das sich mit dem Einfluss von Pestiziden auf Vögel und andere Tiere beschäftigt, zog eine umfassende Naturschutzbewegung in den 1960er-Jahren sowie 1970 die Gründung der U.S. Environmental Protection Agency nach sich. Es waren die Vögel, die in den vergangenen Jahrzehnten weltweite Diskussionen über gefährdete Arten, Biodiversität und zuletzt den Klimawandel auslösten.

      Alles, was es braucht, ist ein wenig Magie – der zündende Funke, der überspringt, wenn jemand einen Vogel sieht und fasziniert ist. So kann selbst die winzigste Flamme die ganze Welt in Brand stecken.

      Vogelbeobachter mögen eine verwegene Bande von Akademikern, Jägern, Spielern, Poeten, Sportlern und Suchenden sein, doch in erster Linie sind sie Sammler – von Sichtungen, Wissen, Erfahrung.

      So jedenfalls hat es bei mir angefangen. Ich habe als Kind alles gesammelt, was mir zwischen die Finger kam: Briefmarken, Münzen, Steine, Visitenkarten und Zane-Grey-Taschenbücher. Und als mein Lehrer in der fünften Klasse eine Futterstation aus Plastik vor dem Fenster unseres Klassenzimmers anbrachte, begann ich, auch Vogelsichtungen zu sammeln.

      Vögel haben etwas, das die obsessive Ader in der menschlichen Natur anspricht. Sie lassen sich fein säuberlich in Arten einteilen (meistens jedenfalls), die sich durch jeweils eigene Gewohnheiten und Erscheinungsformen auszeichnen. Eines der ersten Dinge, die man als Vogelbeobachter lernt, ist, dass man sie oft nur dann findet, wenn man an den richtigen Orten nach ihnen sucht. So wird die Vogelbeobachtung zur Schatzsuche, bei der man von Hinweisen zur scheuen Beute geführt wird.

      Hausgimpel (Haemorhous mexicanus), nicht gefährdet

      Beim Studium der Vögel kommen verschiedene Methoden der Katalogisierung zur Anwendung, von Carl von Linnés binomialer Nomenklatur – die lateinische Klassifizierung wird auch heute noch verwendet – bis zum derzeitigen Sammelsurium der Vogelführer, in denen praktisch jede Spezies auf Erden beschrieben ist. Und jede Methode versucht, die Vogelwelt zu beziffern und auf handliche Schnipsel herunterzubrechen. Die Natur ist so überwältigend, dass wir uns ihr am liebsten in Fragmenten nähern und die Stücke anschließend wieder zu etwas Sinnstiftendem zusammensetzen.

      Meine kindliche Obsession wuchs sich schließlich zu einer handfesten Karriere als Vollzeit-Vogelnerd aus. Ich arbeitete jahrelang an Feldforschungsprojekten mit und nistete mich monatelang auf windgepeitschten Inseln und in brütend heißen Regenwäldern ein. Doch ich war immer noch aufgeregt, wenn ich eine neue Vogelspezies sah, und allmählich wurde mir klar, dass es für die kurze Zeit einfach zu viele Vögel gab. Deshalb beschloss ich 2015, ich war damals 28, meinen eigenen Katalog zu erstellen und mein ganz persönliches »Big Year« in Angriff zu nehmen: in einem Jahr so viele Vogelarten wie möglich zu dokumentieren.

      Der logistische Aufwand dafür war beinahe unvorstellbar. Ich besuchte 41 Länder auf allen sieben Kontinenten und nahm mir dabei nicht einen einzigen Tag frei. Mit meinem mageren Budget schlief ich auf Sofas, in Flugzeugen und im Dschungel, wenn ich überhaupt schlafen konnte. Um das Tageslicht voll auszunutzen, stand ich jeden Tag schon vor Morgengrauen auf und reiste nachts. Am Ende hatte ich mithilfe Hunderter begeisterter Vogelliebhaber rund um den Globus 6.042 Spezies verzeichnet, also durchschnittlich eine Vogelart pro Wachstunde und über die Hälfte aller Vogelarten der Erde – ein neuer Weltrekord.

      Nach meiner Rückkehr stellte ich fest, dass sich meine Sicht der Dinge verändert hatte. Zahlen und Rekorde bedeuteten mir nun weniger als das Abenteuer, alle Vögel Amerikas zu dokumentieren, das Audubons Vorhaben zu Beginn des 19. Jahrhunderts widerspiegelte. In meiner erschöpfenden Suche nach den Tieren hatte ich eine größere Fläche unseres Planeten überquert, als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben bereisen, und durch die Komprimierung der Reise auf ein einziges Jahr hatte ich einzigartige Einblicke in die Vogelwelt der Jetztzeit gewonnen.

      Sich mit Umweltfragen auseinanderzusetzen ist ungeheuer deprimierend, vor allem bei einer Reise in die Tropen, wo die Wälder durch Brandrodungslandwirtschaft, Palmölplantagen und umfassende Abholzung in rasender Geschwindigkeit vernichtet werden. In meinem »Big Year« habe ich mit eigenen Augen beobachten können, wie die Bevölkerungsexplosion, insbesondere in Afrika und Asien, Habitate verschlingt. Auch von den Folgen des Klimawandels erfuhr ich aus erster Hand: Die Menschen erzählten mir wieder und wieder, wie unvorhersehbar die Bedingungen in ihrem Umfeld geworden waren und die Populationen von Mensch und Vogel gleichermaßen angriffen.

      Ich fand aber auch eine unerwartet lebhafte Gemeinschaft von Vogelenthusiasten an Orten wie China, Borneo, Kenia, Brasilien und Guatemala vor, Orte, an denen die Vogelbeobachtung nicht gerade eine lange Tradition hat. In den vergangenen zehn Jahren haben Vögel dank Internet, Digitalfotografie und anderen Technologien eine ganz neue Generation dazu inspiriert, in die Natur hinauszugehen. Auch in entlegenen Winkeln der Welt finden die Menschen mittlerweile Wege, ihre gefiederten Freunde zu schützen und sich mit Gleichgesinnten darüber auszutauschen. Was einst ein Nischenzeitvertreib war, hat sich heimlich, still und leise zu einem weltweit verbreiteten Hobby entwickelt.

      Es mutet seltsam an, dass ausgerechnet das digitale Zeitalter die Menschen zur Rückkehr zur Natur angespornt hat. Ob nun als Gegenreaktion auf zu viel Zeit vor einem Bildschirm oder als Bewegung, die durch neue Technologien erst möglich gemacht wurde – immer mehr Menschen entdecken die Welt der Vögel für sich. Und das zu einer Zeit, da die Tiere selbst einer ungewissen Zukunft entgegensehen. Ich kehrte aus meinem »Big Year« mit einer optimistischeren Sicht der Dinge zurück: Trotz täglich neuer düsterer Prognosen gibt es sehr viele Menschen, denen die Natur ungeheuer am Herzen liegt.

      Und mit СКАЧАТЬ