Название: Krieg und Frieden
Автор: Лев Толстой
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Große verfilmte Geschichten
isbn: 9783955011987
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»Lassen Sie die Späße«, sagte er.
»Das sind keine Späße«, fuhr Bilibin fort. »Nichts kann wahrer und trauriger sein. Diese drei Herren reiten ganz allein auf die Brücke und heben weiße Tücher in die Höhe; sie versichern, es sei ein Waffenstillstand abgeschlossen, und sie, die Marschälle, kämen, um mit dem Fürsten Auersperg das Erforderliche zu besprechen. Der wachhabende Offizier läßt sie in den Brückenkopf hinein. Sie erzählen ihm tausend Gascogner Schwindelgeschichten, sagen, der Krieg sei beendet, Kaiser Franz habe mit Bonaparte eine Zusammenkunft verabredet, und sie selbst hätten den Wunsch, mit dem Fürsten Auersperg zu reden, und was solcher Gasconaden mehr sind. Der Offizier schickt zu Auersperg, um diesen holen zu lassen; die Herren Marschälle umarmen die Offiziere, scherzen und setzen sich auf die Kanonen; unterdessen aber rückt ein französisches Bataillon unbeachtet auf die Brücke, wirft die Säcke mit Brennstoffen ins Wasser und nähert sich dem Brückenkopf. Endlich erscheint der Generalleutnant selbst, unser lieber Fürst Auersperg von Mautern. ›Liebenswürdiger Gegner! Perle des österreichischen Heeres, Held der Türkenkriege! Die Feindschaft ist beendet; wir können einander die Hand reichen. Der Kaiser Napoleon brennt vor Verlangen, den Fürsten Auersperg kennenzulernen.‹ Mit einem Wort, diese Herren, die nicht umsonst Gascogner sind, überschütten Auersperg derartig mit schönen Worten, und dieser ist so entzückt über seine schnell entstandene Intimität mit den französischen Marschällen, so geblendet von dem Anblick des Mantels und der Straußfedern und der Brillantagraffe Murats, daß er nur das Feuer der Edelsteine sieht und nicht an das Feuer denkt, das er auf die Feinde geben lassen müßte.« (Trotz der Lebhaftigkeit seiner Darstellung vergaß Bilibin nicht, nach diesem Witzwort einen Augenblick innezuhalten, um seinem Zuhörer Zeit zu lassen, es gebührend zu bewundern.) »Das französische Bataillon dringt im Laufschritt in den Brückenkopf ein, vernagelt die Kanonen, und die Brücke ist genommen. Nein, und was das allerschönste ist«, fuhr er fort, und es schien, als ob der Reiz seiner eigenen Erzählung ihm zu einer gewissen Beruhigung von seiner Aufregung verhülfe, »der Sergeant, der bei der Kanone aufgestellt war, auf deren Signalschuß die Mine angezündet und die Brücke in die Luft gesprengt werden sollte, dieser Sergeant wollte, als er sah, daß das französische Militär auf die Brücke gelaufen kam, schon den Signalschuß abgeben, aber Lannes hielt ihm den Arm zurück. Der Sergeant, der augenscheinlich klüger war als sein General, tritt zu Auersperg heran und sagt: ›Fürst, man betrügt Sie; da kommen die Franzosen!‹ Murat sieht, daß sie ihr Spiel verloren haben, wenn sie den Sergeanten weiterreden lassen. Mit erheucheltem Staunen (der echte Gascogner!) wendet er sich zu Auersperg: ›Ich werde irre an der in der ganzen Welt so gepriesenen österreichischen Disziplin‹, sagt er; ›Sie erlauben Ihrem Untergebenen in dieser Weise zu Ihnen zu reden?‹ Das war wahrhaft genial! Der Fürst Auersperg fühlt sich in seiner Ehre gekränkt und läßt den Sergeanten in Arrest setzen. Nein, da müssen Sie aber doch zugeben, daß diese ganze Geschichte von der Taborbrücke reizend ist. Das ist weder Dummheit noch Feigheit ...«
»Vielleicht ist es Verrat«, sagte Fürst Andrei und stellte sich lebhaft die grauen russischen Soldatenmäntel, die Wunden, den Pulverqualm, das Knattern des Gewehrfeuers und den Ruhm vor, der ihn erwartete.
»Auch das nicht. Der Hof kommt dadurch in eine sehr üble Lage«, fuhr Bilibin fort. »Es ist weder Verrat noch Feigheit noch Dummheit; es ist dieselbe Geschichte wie bei Ulm ...« Er schien nachzudenken, wie wenn er nach einem Ausdruck suchte. »Es ist Mack in neuer Auflage. Wir sind ›gemackt‹«, schloß er in dem Gefühl, ein Witzwort gesagt zu haben, ein neues Witzwort, und zwar von der Art, daß sich hoffen ließ, es werde weiterkolportiert werden.
Die Falten, die seine Stirn bisher bedeckt hatten, zogen sich schnell auseinander, ein deutliches Anzeichen des Vergnügens, das ihm sein Bonmot machte; leise lächelnd begann er seine Nägel zu betrachten.
»Wohin wollen Sie?« fragte er plötzlich den Fürsten Andrei, der aufstand und nach seinem Zimmer zu ging.
»Ich will fort.«
»Wohin?«
»Zur Armee.«
»Aber Sie wollten doch noch ein paar Tage bei uns bleiben?«
»Jetzt halte ich für notwendig, sogleich abzureisen.«
Fürst Andrei ordnete das Erforderliche für seine Abreise an und begab sich auf sein Zimmer.
»Wissen Sie was, mein Lieber«, sagte Bilibin, der bald darauf zu ihm ins Zimmer trat. »Ich habe über Sie nachgedacht. Warum wollen Sie eigentlich hinreisen?«
Und wie zum Beweis der Unbestreitbarkeit des Arguments, das er vorbringen wollte, verschwanden alle Falten von seinem Gesicht.
Fürst Andrei sah seinen Wirt fragend an und antwortete nichts.
»Warum wollen Sie hinreisen? Ich weiß, Sie halten es für Ihre Pflicht, jetzt zur Armee zu eilen, weil die Armee in Gefahr ist. Ich verstehe das, mein Lieber; das ist Heroismus ...«
»Keineswegs«, erwiderte Fürst Andrei.
»Aber Sie sind ein Philosoph; so seien Sie es denn auch ganz, und betrachten Sie die Dinge auch von der andern Seite; dann werden Sie einsehen, daß Ihre Pflicht vielmehr darin besteht, sich selbst zu erhalten. Überlassen Sie es anderen, die zu nichts anderem taugen, unter den vorliegenden Umständen weiterzukämpfen ... Sie haben keinen Befehl, zurückzufahren, und von hier sind Sie nicht entlassen; folglich können Sie bleiben und mit uns fahren, wohin uns unser unglückliches Schicksal führen wird. Es heißt, wir gehen nach Olmütz. Olmütz ist eine sehr angenehme Stadt. Wir beide können bequem zusammen in meinem Wagen fahren.«
»Hören Sie auf mit Ihren Scherzen, Bilibin«, sagte Bolkonski.
»Ich rede zu Ihnen so, wie ich denke, und als Freund. Erwägen Sie selbst: wohin und wozu wollen Sie jetzt wegfahren, während Sie doch bei uns bleiben können? Eines von zwei Dingen erwartet Sie mit Bestimmtheit« (er zog die Haut über der linken Schläfe in Falten): »entweder kommen Sie gar nicht bis zur Armee, und es wird schon vorher Friede geschlossen, oder Niederlage und Schmach wird mit der ganzen Kutusowschen Armee auch Ihnen zuteil.«
Hier zog Bilibin die Haut wieder auseinander, überzeugt, daß sein Dilemma unwiderleglich sei.
»Erwägungen darf ich hierbei nicht anstellen«, antwortete Fürst Andrei kühl und dachte: »Ich fahre hin, um die Armee zu retten.«
»Mein Lieber, Sie sind ein Held«, sagte Bilibin.
XIII
Bolkonski machte dem Kriegsminister einen Abschiedsbesuch und fuhr dann noch in derselben Nacht zur Armee ab, obwohl er selbst nicht wußte, wo er sie finden könne, und Gefahr lief, auf dem Weg nach Krems von den Franzosen abgefangen zu werden.
In Brünn war der Hof nebst der gesamten Hofgesellschaft mit Einpacken beschäftigt, und das schwerere Gepäck war bereits nach Olmütz abgegangen. Bei Hetzelsdorf gelangte Fürst Andrei auf die Landstraße, auf der sich mit der größten Eile und in der größten Unordnung die russische Armee fortbewegte. Die Straße war von Fuhrwerken, die sich aufstauten, dermaßen angefüllt, daß es für den Fürsten ein Ding der Unmöglichkeit war, in seinem Wagen weiterzufahren. Er ließ sich daher von einem Kosakenoffizier ein Pferd und einen Kosaken geben und ritt, die langen Wagenzüge überholend, hungrig und müde auf der Landstraße hin, um den Oberkommandierenden und seinen eigenen СКАЧАТЬ