Geld und Erfahrung. Max Eyth
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Название: Geld und Erfahrung

Автор: Max Eyth

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066113438

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СКАЧАТЬ werden. Aber schon harrten seiner neue Aufgaben in der alten Welt. In Deutschland, Österreich, Belgien hatte er zunächst tätig zu sein. Dann ging er mit seinen Pflügen ins Innere des heiligen Rußland, das er verließ, um Fowlers Maschinen in Rumänien einzubürgern. Von Rumänien zog er nach Italien, und weiter übers Mittelmeer in die heißen Gefilde Algiers. Dann beorderte man ihn in die Türkei, die er nur verließ, um nach Westindien zu fahren. Als seine Aufgabe da erfüllt war, schickte Fowler ihn nach Peru und von dort wieder nordwärts nach Kalifornien. Wahrlich, ein buntes, wechselvolles Wanderleben. Und er lebte es nicht in gemütlichem Behagen als Vergnügungsreisender: wohin er ging, folgte ihm als treue Reisegefährtin die Arbeit.

      Aber nach zwanzig Jahren solcher Tätigkeit war seine Wanderlust befriedigt. Er gab seine Stellung bei Fowler auf und kehrte nach Deutschland zurück. Freilich war er nicht der Mann dazu, sich hier ruhig auf die Bärenhaut zu legen: Erstens gründete er die große Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, deren Leitung ihm bis 1896 oblag. Und dann ging er jetzt daran, was er erlebt und erfahren hatte, schriftstellerisch festzuhalten und andern mitzuteilen. Damit beschäftigte er sich, bis ihn am 25. August 1906 der Tod abberief.

      Eyths Erzählungen dürfen also nicht als freie Erfindungen angesehen werden. Er hat in ihnen nur Bruchstücke seines eigenen, abwechslungsreichen Lebens aufgefangen und dargestellt. Er hat sich aber nicht damit begnügt, die Wirklichkeit so peinlich treu wiederzugeben, wie etwa ein Photograph es tun würde, sondern er hat jedes Stück in einheitlichen Fluß gebracht und geschickt abgerundet, wie ein Maler die darzustellende Landschaft abrundet. Und er hat seine Erlebnisse nicht rein sachlich, trocken und nüchtern heruntererzählt, sondern er hat die Erzählung mit seinem köstlichen, herzerquickenden Humor gewürzt. Er sieht all die kleinen Schwächen und Absonderlichkeiten der Menschen, mit denen er zu tun hat. Aber sie machen ihn nicht zum Griesgram und nicht zum bissigen Spötter. Er freut sich an ihnen und möchte die Menschen gar nicht ohne sie sehen. Er lacht über sie ein gesundes, herzhaftes Lachen und weiß uns dies Lachen durch seine Darstellung mitzuteilen. Seine Bücher sind voll gesunder Lebenskraft und Lebensfreude. Das macht sie dem Leser lieb und wert, und das ist der Grund, daß sie eine so große Verbreitung gefunden haben.

       Hamburg.

       Dr. Carl Müller-Rastatt.

       Inhaltsverzeichnis

      »Passen Sie auf, Mister Eyth, wenn ich Ihnen die Geschichte noch nicht erzählt haben sollte: Vor drei Jahren begegnete mir im Broadway in New York ein junger Engländer, frisch und grün, wie sie die Alte Welt manchmal noch liefert. Er hatte schon drei Wochen in der Metropole der Neuen verbummelt und darüber nachgedacht, wie er es angreifen könne, sein Glück zu machen, und hatte sogar mich darüber befragt, obgleich ich damals so wenig wie jetzt danach aussah, als ob ich das Problem gelöst hätte. Ein Bürschchen aus guter Familie, dem seine Mama tausend Pfund in die Tasche gesteckt hatte, um ihm den Anfang zu erleichtern. Er strahlte vor Vergnügen, als ich ihn zum zweitenmal sah. Er hatte einen entfernten Vetter gefunden, der Amerika seit fünfundzwanzig Jahren kannte und schon ein halber Yankee geworden sein mußte, scharf und hell wie ein Eingeborener. Sie wollten sich assoziieren, ein Agenturgeschäft gründen, Zucker, Baumwolle, Tabak verkaufen – was weiß ich! Mein Engländer hatte das Geld, der entfernte Vetter die Erfahrung. Das mußte gehen! In fünf Jahren konnten sie Millionen verdient haben! – Zwei Jahre darauf begegnete ich ihm wieder, fast am gleichen Fleck; aber er war traurig. ›Nun, wie geht's mit der Agentur?‹ frage ich. – ›Mittelmäßig‹, sagt er zögernd. – ›Was!‹ rufe ich, ›Ihr Vetter mit der Erfahrung und Sie mit dem Geld – das mußte ja gehen!‹ – ›Wir haben uns gestern getrennt, mein Partner und ich‹, – erklärte er seufzend. ›Jetzt hat er das Geld und ich die Erfahrung!‹ – Passen Sie auf, Mister Eyth, daß ich mit Ihnen in kurzer Zeit nicht etwas Ähnliches erlebe. Seit dem Krieg sind wir alle zweimal so scharf geworden als vor fünf Jahren.«

      »Gehört habe ich die Geschichte schon, aber nicht von Ihnen«, sagte ich lachend. »Doch bange machen gilt nicht. Ein Mensch, der in Ägypten vier Jahre lang unter Mamelucken und Eunuchen gepumpt und dampfgepflügt hat und aus dem großen Baumwollkrach vor zwei Jahren lebendig herausgekrochen kommt, ist so grün nicht mehr wie Ihr Engländer. Die Griechen und Armenier von Alexandrien sind keine schlechten Lehrmeister.«

      »Mag sein«, nickte der Oberst, indem er nachdenklich an seinem zweiten Frühstücksei herumknusperte. »Ich wünsche Ihnen alles Glück zu Ihrem Glauben und Ihrer Schlauheit und wollte nur, der nächste Dampfer brächte auch mir einen Dampfpflug, der achttausend Golddollar wert wäre. Ich wollte ihn geschwind genug losgeschlagen haben, unter Kostpreis, wenn nötig.«

      Wir saßen beim Frühstück an einem der grünen Tischchen im Garten des deutschen Restaurants und Biersalons von Breitling, in der Tschapatulastraße von New Orleans, Louisiana. Der Garten war eine Schöpfung nach Erinnerungen Breitlings aus seiner deutschen Heimat und bestand aus sechs Tischchen und einem alten, knorrigen, schlecht belaubten Hickorybaum, an dem als natürlicher Festschmuck zerlumpte Fetzen hängenden Mooses klunkerten. Der Baum stammte ersichtlich aus der Zeit, in der der Mississippi an dieser Stelle noch wildes Swampland anzuschwemmen pflegte, und stand jetzt trübselig zwischen vier hohen Backsteinmauern, die ihm und uns den stets willkommenen Schatten gaben. Die Luft war dumpf und schwül; doch war man sozusagen im Freien. Die Mittagsglut, welche über die große Stadt hereinzog, war morgens um acht Uhr noch nicht bis in diesen Winkel gedrungen, so daß schon seit vierzehn Tagen, seitdem ich in der Nähe wohnte, mir diese Frühstücksstunde zu den angenehmeren des Tags gehörte. Breitlings Figur, die seinem Namen, sonderlich von hinten, Ehre machte, und eine zerrissene, etwas bierbefleckte »Gartenlaube« sorgten dafür, daß man sich halb in Deutschland fühlen konnte.

      Auch der Oberst, den ich hier kennen gelernt hatte, trug dazu bei. Es war ein großer, hagerer, vierzigjähriger Mann, dem man allerdings ansah, daß er einiges erlebt hatte. Schmettkow, Herr von Schmettkow erlaube ich mir ihn aus Rücksicht für seine Familie zu nennen. Er erzählte gerne von seinen leichteren Jugendstreichen, die er in die Zeit verlegte, in welcher er Rittmeister in der preußischen Garde zu Berlin gewesen sein wollte. Dies hatte wohl seine Richtigkeit; ich hatte wenigstens keinen Grund, daran zu zweifeln. Dagegen beobachtete er ein tiefes Schweigen darüber, wie es kam, daß er aufgehört hatte, es zu sein. Nach seiner eignen, etwas unzusammenhängenden Lebensskizze befand er sich plötzlich in Amerika, den üblichen Kampf ums Dasein fechtend, und zwar von der Pike auf; und von was für einer Pike! Der Ausbruch des Bürgerkriegs fand ihn bei Baltimore als Buchhalter einer Baumwollplantage, auf der Südseite der Sezessionsgrenze. Politische Grundsätze beeinflußten ihn sichtlich wenig. Er focht mit als braver Soldat und biederer Landsknecht, wo ihn der Zufall hingestellt hatte, und schied als Oberst von seinem nur noch aus vierundzwanzig Mann, meist Majoren, bestehenden Regiment, als die große Sache der Aristokratie des Südens zusammenbrach. Bei Atlanta, im letzten Gefecht, in dem sich das Regiment auszeichnete, hatte er einen Sergeanten der föderierten Armee unter Sherman samt der Kompagnie, welche dieser zufällig befehligte, beim Frühstück überrascht und gefangen genommen, oder vielleicht richtiger gesagt: er hatte Breitlings Frühstück gefangen genommen und diesen, der ihm sofort wieder entwischte, hierdurch unangenehm überrascht. Die beiden Herren konnten sich über den Hergang der Waffentat nie völlig einigen. Breitling war nach dem Friedensschluß mit andern politischen Kräften gen Süden gewandert und besaß nach kurzer amtlicher Tätigkeit als Steuereinnehmer genügende Mittel, seinen Biersalon in der Tschapatulastraße zu eröffnen. Dort überraschte ihn Oberst von Schmettkow zum zweitenmal, den ein rauhes Schicksal ebenfalls nach Louisiana verschlug. Es war hohe Zeit, denn der Oberst, einer der wenigen Deutschen, die auf der verlorenen Seite des großen Bürgerkriegs gefochten hatten, war dem Versinken nahe. Breitling hatte ein gutes, dickes Herz und zwei Töchterchen von elf und neun Jahren, die während der Kriegsjahre in СКАЧАТЬ