G. K. Chesterton: Krimis, Aufsätze, Romane und mehr. Гилберт Кит Честертон
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Название: G. K. Chesterton: Krimis, Aufsätze, Romane und mehr

Автор: Гилберт Кит Честертон

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027207428

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СКАЧАТЬ die sieben Siegel des Beichtgeheimnisses zu lockern. Also gut – Sie behaupteten, Sie wüßten gewiß, ich sei kein seriöser Anarchist. Wollen Sie diese Ihre Behauptung auch noch angesichts dieses Ortes – seriös aufrechterhalten?«

      »Der Ort sieht aus, als verberge sich hinter all seiner Lustigkeit eine Moral«, gab Syme zu. »Aber … dürfte ich an Sie nun zwei Fragen stellen? Ja? Sie brauchen bei Ihren Antworten keine Angst zu haben, (denn wie Sie sich erinnern werden) – Sie haben mir vorher schlau genug das Versprechen abgenommen, daß ich nichts der Polizei anzeige … ein Versprechen, das ich mit tödlicher Sicherheit halten werde. Es ist aus bloßer Neugierde, daß ich die zwei Fragen stellen will. Zu allererst … was ist dieses alles? Was bezwecken Sie damit? Wollen Sie die Regierung abschaffen?«

      »Wir wollen Gott abschaffen!« sagte Gregory, und seine Augen weiteten sich fanatisch. »Wir wollen nicht nur die paar Despotismen und Polizeireglements umstürzen; diese Sorte Anarchismus existiert ja wohl, aber die ist nichts als ein Zweig der Nonkonformisten. Wir wühlen tiefer um, wir sprengen auch höher in die Luft. Wir verneinen all jene arbiträren Distinktionen wie Laster und Tugend, Treue und Verräterei, Phrasen, wie sie die bloßen Rebellen allzeit im Munde führen. Jene albernen, übergeschnappten Sentimentalisten der französischen Revolution pappelten von Menschenrechten! Wir hassen Recht und hassen Unrecht. Wir haben Recht und Unrecht abgeschafft.«

      »Und Rechts und Links«, sagte Syme mit einer heftigen Begierde. »Ich hoffe, daß Sie diese beiden auch abschaffen. Die stören mich fortwährend viel zu sehr.«

      »Sie sprachen von einer zweiten Frage«, schnappte Gregory da ein.

      »Gern, sehr gern«, fuhr Syme fort. »Aus all Ihren gegenwärtigen Handlungen und aus dieser ganzen Umgebung da spricht ein wissenschaftliches Streben nach Heimlichkeit. Ich hatte wohl einst eine Tante, die wohnte über einem Kaufladen. Aber nun treffe ich zum erstenmal Leute, die es vorziehen, unter einer Kaschemme zu wohnen. Sie haben da ein schweres eisernes Tor. Und Sie gelangen nicht anders durch dieses Tor – außer Sie erniedrigen sich so weit, daß Sie sich Mr. Chamberlain nennen. Sie umgeben sich mit stählernen Instrumenten, die den Ort, sagen wir, ergreifender machen als wie gemütlich. Darf ich fragen, wieso Sie – nachdem Sie sich so unendlich viel Mühe gemacht haben, sich derart in den Eingeweiden der Erde zu verbarrikadieren – wie Sie dann mit Ihrem ganzen Geheimnis so paradieren können, daß Sie mit jedem blödsinnigen Frauenzimmer von Saffron Park über Anarchismus reden?«

      Gregory lächelte.

      »Die Antwort ist eine äußerst einfache«, sagte er. »Ich sagte Ihnen, ich wäre ein seriöser Anarchist, und Sie glauben mir’s nicht. Auf ganz dieselbe Weise glauben’s alle und auch jene nicht. Glauben es einfach nicht und glauben es nicht … es sei denn, ich führe sie hierher an diesen infernalischen Ort.«

      Syme rauchte nachdenklich und sah ihn interessiert an. Gregory fuhr fort zu reden:

      »Könnt sein, daß Sie die Geschichte amüsiert«, sagte er. »Ganz zu Anfang, als ich einer von den Unsrigen, als ich ein Neo-Anarchist wurde, da versuchte ich es mit allen Arten von respektablen Vermummungen und Maskierungen. Ich gerierte mich als wie ein Bischof. Ich ochste und büffelte alles in mich hinein, was ich über Bischöfe in unsern anarchistischen Pamphleten, in ›Die Wahrheit über die Vampire‹ und ›Die Blutsauger im Ornat‹, nur finden konnte. Und wollte mit Bestimmtheit aus alldem herausgelesen haben: wie daß Bischöfe unerhört scheußliche alte Herren seien, die der Menschheit ein fürchterliches Geheimnis vorenthielten. Ich war total falsch unterrichtet. Sowie ich bei meinem ersten Auftreten in bischöflichen Schnallenschuhen in einem Salon mit Donnerstimme ausrief: »Nieder! nieder! nieder mit dir, töricht vermessenes Menschenwissen!« fand man irgendwie heraus, daß ich nichts weniger als ein Bischof war. Ich war auf der Stelle entlarvt. Dann spielte ich mich als ein Millionär auf. Allein ich verteidigte das Kapital mit so viel Spitzfindigkeit, daß ein Narr einsehen mochte: ich war der fleischgewordene Dalles. Dann mimte ich … versuchte ich einen Major zu mimen. Dabei bin ich das Humanitätsprinzip selbst; doch hoff ich, daß ich genug an intellektuellem Freisinn aufbringe, die Anschauung jener zu begreifen, so gleich Nietzsche die Gewalttätigkeit bewundern, den verwegenen rasenden Kampf der Natur und so – na, Sie wissen schon. Ich stürzte mich also in die Rolle des Majors. Zog mein Schwert und schwang es in einem fort. Schrie ‘Blut!’ und ‘Blut!’ und ‘Blut!’ – aber wie einer, der Himbeerlimonade bestellt. Und kommandierte oft: ‘Laßt die Schlappen und Feigen untergehen; das ist das Gesetz.’ Aber… aber … es scheint, Majore gehaben sich anders … und ich war wieder einmal entlarvt. Zuletzt lief ich in meiner Verzweiflung zum Präsidenten des Zentral-Anarchistenrates, zum größten Mann von ganz Europa.«

      »Wie heißt der?« fragte Syme.

      »Das werden Sie nicht in Erfahrung bringen«, antwortete Gregory. »Das ist seine Größe. Cäsar und Napoleon, die setzten all ihren Genius ein, gehört zu werden – und sie wurden gehört. Er, er aber setzt all seinen Genius ein, nicht gehört zu werden, und er wird nicht gehört. Aber Sie können nicht fünf Minuten lang in ein und demselbigen Raum mit ihm zusammen sein, ohne daß Sie fühlen: Cäsar ? Napoleon ? – die wären Kinder gewesen in seiner Hand.«

      Er war verstummt und war sogar ganz blaß für einen Augenblick-; dann begann er aufs neue: »Wenn immer aber eine Kunde oder ein Rat von ihm gehört wird, so ist das allemal so sensationell als wie ein Epigramm und so praktikabel als wie die Bank von England. Ich sprach zu ihm: »Welche Vermummung kaschiert mich recht vor aller Welt? Was find ich, das respektabler ist als Bischöfe und Majore?« Sah er mich an aus seinem großen, aber unentzifferbaren Gesicht: »Sie wünschen eine sichere Maske, nicht wahr? Sie wollen eine Rolle, die Ihre Unschuld und Harmlosigkeit garantiert – eine Rolle, in der Ihnen niemand jemals die Bombe anmerken soll?« Ich nickte. Da erhub er sein Löwenorgan: »Ei, so spielen Sie sich denn als Anarchist auf, Sie Schafskopf!« brüllte er, daß die Wände erbebten. »Dann wird keiner von Ihnen mehr befürchten, daß Sie so gefährliche Dinge treiben.« Und wandte mir seine breite Kehrseite zu – sonst nichts. Ich aber befolgte seinen Rat, und habs nie noch bereut seither. Ich predigte Blut und Mord jenen Weibsleuten Tag und Nacht und – bei Gott! – sie würden mir ihre Kinderwagen anvertrauen.« Syme saß da und starrte ihn an – mit etwas wie Respekt aus seinen großen blauen Augen. »Sie schleiften mich mit hierher«, sagte er. »Das ist wirklich ein patenter Witz.«

      Und nach einer Pause dann fügte er hinzu : »Und wie heißen Sie diesen Ihren gewaltigen Präsidenten?«

      »Er heißt für gewöhnlich Sonntag«, versetzte Gregory schlicht. »Sie müssen wissen: der Zentral-Anarchistenrat, der setzt sich aus sieben Mitgliedern zusammen, und die haben als Namen die Namen der sieben Tage der Woche. Er – er heißt Sonntag; manche seiner Bewunderer, die nennen ihn den Blutsonntag. Es ist kurios, und das sollte Ihnen unvergeßlich sein: in dieser heutigen Nacht, in der Sie hier hereingeschneit wurden (wenn ich mich so ausdrücken darf) – diese heutige Nacht ist ausgerechnet jene Nacht, in der unsere Filiale London, die in diesem Raume tagt, ihren Deputierten zu wählen hat, um eine Vakanz im Rat auszufüllen. Jener Herr, der so manche Zeit mit Geschick und unter allgemeinem Beifall das schwierige Amt des Donnerstag versehen hat, – der ist ganz plötzlich gestorben. Infolgedessen haben wir eine Versammlung auf diesen heutigen Abend einberufen, um einen Nachfolger zu wählen.«

      Er sprang auf seine Füße und strolchte umher, mit einem halb verlegenen Lächeln.

      »Mir ist irgendwie, als ob Sie meine Mutter wären, Syme«, fuhr er zögernd fort. »Mir ist als könnt ich Ihnen da etwas anvertrauen … und Sie haben mir ja auch versprochen, niemandem etwas zu erzählen. De facto, ich will Ihnen etwas anvertrauen, das ich mit soviel Worten nicht zu den Anarchisten sagen möchte, die in ungefähr zehn Minuten hier sein werden. Das soll alles natürlich durch eine Art Abstimmung gehen; aber ich will Ihnen gern gestehen, daß es tatsächlich jetzt schon feststeht, welches das Resultat sein wird.« Er blickte СКАЧАТЬ