PROJEKT GALILEI. Stefan Bouxsein
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Название: PROJEKT GALILEI

Автор: Stefan Bouxsein

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Mordkommission Frankfurt

isbn: 9783939362395

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СКАЧАТЬ sich die junge Frau aus der Nähe. Aufgeplatzte Lippen, ein verletztes Auge, ein ausgerissenes Haarbüschel lag über ihrer nackten Brust. Hämatome an Armen und Beinen und Würgemale am Hals. Der Anblick schnürte der Kommissarin für einen Moment die Luft ab. Das Opfer trug nur Strapse und einen String. Die restlichen Kleidungsstücke waren in der Suite zerstreut, lagen teilweise zerrissen auf dem Boden herum. Eine Bluse, ein kurzer Rock, ein BH, ein Blazer. Neben jedem Kleidungsstück war von der Spurensicherung ein kleines Schild mit einer Nummer aufgestellt worden.

      Lena Leisig nahm die anderen Leute, die am Tatort noch ihre Arbeit verrichteten, gar nicht wahr. Sie wollte sich einen ersten Eindruck von der Tat und dem Tatort verschaffen, bevor sie sich mit den Kollegen von der Spurensicherung und der Gerichtsmedizinerin austauschte. Sie öffnete die Tür zu einem begehbaren Kleiderschrank. Darin hingen ausschließlich Anzüge, Hemden und Krawatten. In der Suite wohnte eindeutig ein Mann.

      Es war der erste Fall für die frischgebackene Hauptkommissarin und ihr Einstieg im neuen Job bei der Frankfurter Mordkommission. Sie war erst 28 Jahre alt. Jetzt sah sie, worauf sie sich dabei eingelassen hatte. Einen brutalen Mord, dessen Aufklärung nicht sehr schwer sein dürfte. Sie musste eigentlich nur in Erfahrung bringen, wer diese Suite bewohnte.

      Die Tote war eine wunderschöne Frau gewesen. Lena schätzte sie auf Anfang bis Mitte zwanzig. Auf den ersten Blick handelte es sich bei dem Opfer um eine Frau aus dem arabischen Raum. Vielleicht war sie auch Perserin. So genau konnte Lena die Ethnien nicht auseinanderhalten. Schon gar nicht bei einer Toten. Sie befand sich im Hotel Jumeirah, das zu einer Kette mit Sitz in Dubai gehörte. Das Fünf-Sterne-Hotel in der Frankfurter Innenstadt war das erste Haus der international tätigen Hotelkette, das auf deutschem Boden eröffnet hatte. Lena Leisig warf einen flüchtigen Blick aus der großen Fensterfront. Die Panoramasicht auf die Frankfurter Innenstadt und dem daraus aufragenden Hochhaus der Europäischen Zentralbank am Mainufer war atemberaubend und stellte einen krassen Kontrast zu dem Anblick des Opfers in der Suite dar. Die Kommissarin hatte freie Sicht bis ins benachbarte Offenbach. Aber sie war nicht hier, um sich die Stadt anzuschauen. Ihr Blick wanderte zurück zu der Toten und der Frau, die den Leichnam kurz vor ihrem Eintreffen noch untersucht hatte.

      »Sie sind Frau Leisig?«, erkundigte sich die Frau.

      Lena Leisig nickte noch ein wenig gedankenverloren, nachdem sie sich einen ersten Eindruck vom Tatort verschafft hatte. Sie befanden sich in der großzügig gestalteten Panoramasuite, die aus einem Arbeits- und einem Wohnbereich bestand.

      »Ich bin Anna Lehmkuhl, die Gerichtsmedizinerin. Sabine Siebels hat mir schon von Ihnen erzählt. Sabine ist eine gute Freundin von mir.«

      Lena Leisig reichte Anna Lehmkuhl die Hand. »Hi. Ja, ich bin Lena Leisig. Sabine hat mir auch schon einiges von Ihnen erzählt. Freut mich, dass wir uns jetzt persönlich kennen lernen.« Lena deutete auf die tote Frau auf dem Fußboden. »Wenn der Anlass leider auch nicht sehr erfreulich ist. Ich nehme an, sie wurde vergewaltigt?«

      Anna Lehmkuhl nickte. »Ja, die Spuren sind eindeutig. Sie hat sich heftig gewehrt. Aber der Täter ist äußerst brutal vorgegangen, das sehen Sie ja selbst.«

      »Konnten Sie die Todesursache schon feststellen?« Lena ließ ihren Blick über die tote Frau schweifen. Auch im Tod strahlte sie noch einen gewissen Stolz aus, trotz des sichtbaren Martyriums, das sie über sich hat ergehen lassen müssen, und trotz der körperlichen Blöße. Oder vielleicht auch genau deswegen. Weil sie so schön war. Schön und unnahbar. So stellte Lena sich die junge Frau vor, als noch Leben in ihr war.

      »Nach der ersten Leichenschau spricht alles für einen Erstickungstod. Sie wurde erwürgt.« Anna Lehmkuhl packte ihre Utensilien zusammen, während sie Lena ihre Erkenntnisse mitteilte.

      »Wissen wir schon, wer sie ist?«

      »Nein. Außer ihrer Kleidung haben wir keine persönlichen Sachen gefunden. Keine Handtasche, keine Geldbörse, keinen Ausweis.«

      Lena inspizierte die auf dem Boden verteilten Kleidungsstücke. »Der Blazer und die Bluse stammen aus einer Luxusboutique«, stellte sie fest. »Die High Heels kosteten bestimmt auch ein kleines Vermögen. Auf wen ist das Zimmer gebucht?«

      Anna Lehmkuhl zuckte die Schultern. »Das zu klären, gehört jetzt zu Ihren Aufgaben. Das Hotelpersonal ist jedenfalls ziemlich nervös und auf äußerste Diskretion bedacht.« Das Handy der Gerichtsmedizinerin kündigte einen Anruf an. Anna Lehmkuhl schaute kurz auf das Display und nahm das Gespräch entgegen. »Hallo, Till. Kann ich dich in ein paar Minuten zurückrufen? Ich bin gerade an einem Tatort.« Anna Lehmkuhl zog die Augenbrauen hoch, als sie hörte, was ihr Lebenspartner Till Krüger ihr zu sagen hatte. »Was? Wieso?« Sie nickte verwirrt, während sie ihrem Freund kurz zuhörte. Dann beendete sie das Gespräch und sah Lena Leisig an. »Das war mein Freund. Till Krüger. Er ist Hauptkommissar beim LKA Wiesbaden.«

      »Ja, ich weiß. Sabine hat mir schon einige alte Anekdoten erzählt. Till Krüger war ja schließlich mein Vor-Vorgänger und hat mit Sabines Mann bei der Frankfurter Mordkommission Geschichte geschrieben.«

      »Das kann man wohl so sagen. Sie können Till jetzt persönlich kennen lernen. Er sitzt in der Suite nebenan und erwartet uns.«

      Lena schaute Anna ungläubig an. »Wieso das?«

      »Das hat er mir nicht verraten. Kommen Sie, ich bin auch gespannt, was er hier zu suchen hat.«

      »Hallo, Anna«, begrüßte Till seine Freundin. »Hallo, Frau Leisig.«

      »Hallo, Herr Krüger. Das schaut ja fast so aus, als wäre das hier doch nicht mein Fall.« Till saß vor einem Monitor, auf dem er das Geschehen im Zimmer nebenan beobachtete. Um seinen Hals hing ein Kopfhörer.

      »Hast du bei dem Mord etwa zugeschaut?«, fragte Anna fassungslos.

      »Natürlich nicht«, beschwichtigte Till kopfschüttelnd. »Sie lag schon tot vor dem Bett, als ich hier Stellung bezogen habe. Ich war es, der die Polizei verständigt hat. Aber offiziell bin ich gar nicht hier. Deswegen ist und bleibt es auch Ihr Fall, Frau Leisig. Ich möchte allerdings zeitnah über Ihre Ermittlungsergebnisse unterrichtet werden.«

      »Im Gegenzug wollen Sie mir aber nicht verraten, was Sie hier tun, oder?« Lena Leisig wirkte nicht gerade erfreut darüber, bei ihrem ersten Mordfall gleich mit dem LKA konfrontiert zu sein.

      »Die Suite nebenan wurde von Gerold Haferstein gebucht«, zeigte Till sich kooperativ. »Wir beobachten ihn rund um die Uhr. Haferstein ist ein Geschäftsmann mit Hauptbetätigungsfeld internationalem Waffenhandel. Nach unseren Informationen wollte er sich heute Abend in seiner Suite mit Hassani Aziz treffen. Aziz ist Marokkaner und eine zwielichtige Figur. Ihm werden Kontakte zu verschiedenen Terrororganisationen zugeschrieben. Wir haben den begründeten Verdacht, dass er als Kontaktmann mit Gerold Haferstein einen nicht unbedeutenden Waffendeal einfädeln sollte. Deswegen bin ich hier. Wir wollen die Hintermänner von Aziz identifizieren. Die Tote da drüben bringt jetzt natürlich alles durcheinander, und ich habe leider keine Ahnung, warum sie ermordet in Hafersteins Suite liegt. Haferstein kann damit nichts zu tun haben. Den hatten wir den ganzen Tag über auf dem Radar.«

      »Na super«, stöhnte Lena Leisig.

      »Finden Sie heraus, wer die Dame war«, sagte Till. »Dann rufen Sie mich an. Vielleicht ist der Fall für Sie dann schon beendet.« Till reichte Lena Leisig seine Karte.

      »Sie wollen mich doch verarschen«, seufzte Lena Leisig resigniert. »Wenn Gerold Haferstein die Suite gemietet hat, hat er die Frau da drüben auch in ihren jetzigen Zustand befördert. Aber Sie geben ihm ein Alibi, um weiter seine Geschäftstätigkeiten beobachten zu können. СКАЧАТЬ