Название: Reisen im Kongogebiet
Автор: Richard Buttner
Издательство: Bookwire
Жанр: Путеводители
Серия: Edition Erdmann
isbn: 9783843803533
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Der nächste Tag war anstrengender. Die Sonne schien bereits am frühen Morgen heiß auf uns hernieder, der gelbrote Boden – auf manchen marktplatzgroßen Stellen ohne eine Spur von Vegetation – reflektierte die Strahlen in einer für die Augen schmerzhaften Weise. Immer neue Bergkegel erhoben sich vor uns – am Bach Maunse im schattigen Ufergebüsch erst machten wir Halt, um die heißeste Tageszeit vorübergehen zu lassen. Am Nachmittag stiegen wir zum Plateau von Kainsa hinauf. Dasselbe fällt mit seinem östlichen Rande sehr scharf zum Tal des Lukangu ab, das auf beiden Seiten von 150 bis 200 Meter hohen mauerartigen Bergzügen begrenzt ist. Auf der Höhe desjenigen Plateaus erst wollte Pansu den Tagesmarsch beschließen. Halsbrecherische Gebirgswege im hier sichtbar werdenden Gneisgestein und über gewaltige Felsblöcke führten uns in kurzer Zeit zum Lukangu hinab, dessen tief eingeschnittenes Bett zur Zeit nur wenig Wasser führte, so daß dasselbe leicht durchwatet werden konnte, während die Uferböschungen den belasteten Leuten schwere Anstrengungen machten. Das Taldorf passierend hatten wir zu den östlichen Talwänden aufzusteigen und, auf dem Plateau angelangt, einem weiten und wasserlosen Pfade über ödeste Kampine zu folgen, bis wir völlig erschöpft nach Sonnenuntergang in Lukangesi ankamen, d.h. Premierleutnant Schulze, ich selbst, Malewo und Pansu. Geraume Zeit nachher, bei vollster Dunkelheit, stellten sich die Loangoleute und Kornelius ein, so daß wir erst zu später Abendstunde die Vorbereitungen zum Mahl und zur Ruhe treffen konnten.
Über das auf einer mit Palmen bestandenen Anhöhe gelegene Dorf Kinga – ein auf der Route vom Kongo nach San Salvador mehrfach vorkommender Dorfname – erreichten wir am folgenden Tage in Ntaila Bansa die Höhe der westlichen Talwände des Mposuflusses, auf dessen breite Niederung, sowie ferne östliche Bergzüge man eine weite Ausschau hat. Zum Tal herniedersteigend fanden wir vor dem Dorf der Bansa Mposu einen kleinen Marktplatz, eine kitanda, wo die Leute für blaue Glasperlen einige Vorräte erstehen konnten, wie Maniokbrot oder chiquanga (das ist ein Teig, hergestellt aus gewässerten und darauf in Mörsern gestampften Maniokwurzeln, der in geschlossenen Gefäßen im Wasserdampf aufgekocht worden ist und in Form von gepreßten Broten in Bananen- oder Phryniumblätter gewickelt zu Kauf gebracht wird), Erdnüsse oder ginguba, Planten und mit vielem roten Pfeffer, ndungu, gewürztes Schweinefleisch, mbisi ngulu.
Im Dorf hatten wir einen Zoll für die Benutzung der von den Eingeborenen aus einigen Baumstämmen und Lianen hergestellten Brücke über den Mposufluß zu bezahlen.
Die in San Salvador etablierten Handelshäuser und Missionen haben mit den Bewohnern des Mposudorfes, wie auch mit denen des Lundadorfes Kongo dia lemba, Verträge abgeschlossen, nach welchen ihre Trägerkarawanen gegen eine jährliche Abgabe unbehelligt passieren. Wir mußten uns in weitläufige Unterhandlungen mit den Dorfleuten einlassen, die zuerst einen unglaublich hohen Preis für die Erteilung der Erlaubnis, die Brücke zu benutzen, forderten, aber durch Pansus Vermittelung einigten wir uns schließlich auf vier Gewehre, also zwei Stücke von turkish red, einem bei den Eingeborenen damals sehr beliebten von der englischen Mission eingeführten roten Stoff. Ich war erstaunt, daß Pansu, Sohn des Königs von Kongo, in so demütiger Weise mit dem Chief des Dorfes verkehrte, denn ersterer kniete vor diesem nieder und begrüßte ihn mit mehrfachem Händeklatschen, bis er nach gnädigem Gegengruß die knieende in eine hockende Stellung veränderte und in die Verhandlungen eintrat. Allerdings gehen das Ansehen und die Würde der Männer nicht auf die Söhne, sondern auf die Schwestersöhne über. Dennoch war die Demütigung Pansus ein deutliches Anzeichen für die seinem Vater gebliebene geringe Macht.
Nachdem die Angelegenheit geordnet war, verließen wir das Dorf und kamen zur Brücke, deren Passage Klettertieren und Eingeborenen auch nicht allzu schwer wird, von einem Europäer aber ein schon nicht gewöhnliches Maß von Geschicklichkeit fordert. Die braunen Wasser des Mposu stürzen in beschleunigter Strömung in etwa zwanzig oder fünfundzwanzig Meter Breite zwischen mehrere Meter hohen Ufern in nördlicher Richtung dahin, um in Entfernung einiger Meilen die Lunda aufzunehmen und nordwestlich dem Kongo zuzufließen, wo der Mposu Vivi gegenüber einmündet. Den Weg eine kurze Strecke weiter verfolgend, hatten wir ein ausgedehntes morastiges Gebiet zu passieren, dessen Durchschreitung durch scharfkantige parallelziehende Kalksteinklippen – eine Bildung von geologischem Interesse – recht unbequem ist. Die Ränder dieses Sumpfes sind mit einem hübschen Bestand von Weinpalmen (Raphia vinifera), den Bambuspalmen der Kongesen, bedeckt, auf die aufmerksam zu machen Pansu und Malewo nicht unterließen, wie sie auch vom Pfade einen Abstecher machten, um uns zu der Hütte oder vielmehr dem Sonnendach einiger Eingeborenen zu führen, die dem Sammeln des Palmweins obliegen zu hatten. Unter dem Dach fanden sich die Bewohner nicht vor, auf unser lautes Rufen aber stellten sie sich bald mit mehreren wohlgefüllten Kalebassen frischen Palmsaftes ein, der uns nach dem Marsch und in der heißen Vormittagssonne köstlich mundete. Der Preis der von uns erstandenen beiden weitbauchigen Gefäße betrug zwei Taschentücher.
Nach Überschreitung eines niedrigen Bergzuges wurde in einem Gebüsch des Loos- oder Lusuflusses Halt gemacht, wo wir, nach einem erfrischenden Bad in dem selten klaren Wasser, unser Mittagsmahl hatten. Als wir am Nachmittage zum Nfosubach gelangten, einem sehr unbedeutenden Wasser, und darüber einen Baumstamm als Brücke gelegt fanden, benutzten Premierleutnant Schulze und ich denselben, wodurch sofort aus dem Gebüsch ein Dutzend habgierige Eingeborene hervorgelockt wurden, die mit einer hohen Brückengeldforderung an uns herantraten. Wir ließen nun unsere Leute das Wässerchen durchwaten, das ihnen kaum zu den Knöcheln reichte, hatten aber um des lieben Friedens willen für uns selbst ein Taschentuch zu hinterlegen.
Des Abends kamen wir zu unserem vierten Nachtlager in Kongo dia lemba (Kongo in der Mitte), einem mäßigen Dorfe auf palmbestandener Anhöhe, dessen Bewohner sofort mit uns in Verhandlung über die für die Passage der Lunda zu zahlende Abgabe treten wollten, trotzdem sie bisher gar keine Brücke gebaut hatten, und wir somit genötigt waren den Fluß, so gut es gehen würde, zu durchwaten. Sie glaubten indessen wohl selbst nicht mit ihren Forderungen durchzudringen und rechneten uns daher für das Nachtquartier in elender Hütte und einige Nahrungsmittel einen hohen Preis an, den zu zahlen wir uns auch nicht weigern konnten, um nicht den voraussichtlich bald nachkommenden Herren Unannehmlichkeiten zu bereiten. Nichtsdestoweniger überschüttete man uns am folgenden Morgen mit Drohungen, als wir zur Übergangsstelle aufbrachen, die nach einem halbstündigen Marsch und dem Abstieg auf dem steilen buschbewachsenen Abfall der Lundaschlucht erreicht wurde.
Zum Glück war bisher noch wenig Regen gefallen und der Fluß, dessen Breite etwa fünfzig bis siebzig Meter betragen mochte, an der Furt noch recht gut zu passieren. Das Wasser reichte uns allerdings bis zur halben Brusthöhe und die kleinen Boys mußten von den größeren über die tiefsten Stellen getragen werden.
Später durchschritten wir eine enge Bergschlucht, die mit so üppiger Buschvegetation angefüllt war, wie ich sie in diesem öden Lande kaum noch anzutreffen glaubte und in der Tat auch erst wieder im Bergwald von Kisulu gefunden habe. Rubiaceen, Connaraceen, Myrtaceen, Combretaceen, Biolaceen, Euphorbiaceen und Palmen boten den Anblick eines echt tropischen Buschwaldes, Araceen, Zingiberaceen, Melastomaceen und die Vertreter vieler anderer tropischer Familien drängten sich dem Auge des Botanikers entgegen. Mit Überschreitung der Lukossa war das Ende der Schlucht erreicht und hier erweckte der Anblick der kahlen und eng zusammentretenden Bergmauern dem Reisenden ein beklommenes Gefühl.
Eine oder zwei Stunden weiteren Marsches führten durch ziemlich ebene Grassteppe zum Dorfe Elau, wo unsere Loangos aber erst zwei oder drei Stunden später ohne einen Grund der Verzögerung anlangten und zwar der Koch, welchen wir hungrigen Magens ersehnten, als der allerletzte, dem dann freilich ein wenig freundlicher Empfang zu Teil wurde. In Elau versieht eine Frau die Funktionen des Dorfchiefs; auf den uns gespendeten Palmwein überreichte ich ihr eine goldschimmernde Halskette als Gegengeschenk.
Der Abend fand uns in Bansa Ndembo, einem hübsch in Terrassen angelegten Dorf, wo die Bewohnerschaft uns willig Nahrungsmittel verkaufte – die Loangos hatten in Tondoa für die Reise ausreichende Reisrationen erhalten – und ein geräumiges Haus für uns leer gemacht wurde. In der Nacht ging ein gewaltiges Gewitter auf uns nieder, СКАЧАТЬ