Hann Klüth. Georg Engel
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Hann Klüth - Georg Engel страница 11

Название: Hann Klüth

Автор: Georg Engel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066116545

isbn:

СКАЧАТЬ wie ein Kind, das den Affenkäfig beschaut, — er brauchte Hann als sein Publikum, als seinen Hörer — und deshalb liebte er ihn. Und auch Hann verehrte den Alten leidenschaftlich als seinen einzigen Freund. Ja, in das Wetterhäuschen zu oll Kusemann mußte der Junge.

      Vorsichtig, nach allen Seiten ausspähend, schlich der Geprügelte die wenigen Schritte bis zur Hafenmündung, wo auf einer Steinmole eine ausrangierte Badehütte stand.

      Das war der Beobachtungsposten des Lügenlotsen.

      Und richtig, da lehnte der Gesuchte in der offenen Tür, strich über seine schmucke, blaue Uniform und fuhr sich wohlig über den spitz geschorenen, grauen Kinnbart, denn oll Kusemann hielt sich trotz seiner Sechzig für einen schönen Mann, für einen Eroberer, von dem Frauen, Dirns und noch Jüngere zu erzählen wußten.

      Als er den fröstelnden Jungen gewahrte, schielte er mit seinen fröhlichen, blauen Augen auf ihn hin, denn oll Kusemann schielte ein wenig, spuckte pfeilschnell und kunstgerecht seinen Priem dem Ankömmling vor die Füße und äußerte teilnehmend: »Na, Hann, bist ins Wasser geschmissen worden?« Denn der Lügenlotse hatte durch sein Lugfenster und mit seinem Fernrohr längst das Erlebnis seines Freundes festgestellt.

      Hann stutzte.

      Was war das wieder für ein neues Wunder?

      »Woher weißt du das, oll Kusemann?«

      Statt einer Antwort wies der Angeredete mit seinem Fuß ein wenig in die Höhe, und da sah denn Hann, wie oben auf dem Dach der Hütte der gezähmte Rabe oll Kusemanns, Niklas mit Namen, hin und her hüpfte, von dem der Lotse oft mit größtem Ernst behauptet hatte, daß dieser Vogel ihm alle möglichen Geheimnisse hinterbringe.

      »Ach so,« sagte der Junge und senkte demütig den Kopf.

      Dann heulte er auf.

      »Jung, rohr nich,« tröstete oll Kusemann gutmütig und zog den Knaben in das enge Bretterloch hinein, »hör' zu. Ebenso wie dich — so is es — hm, ja — so is es Kolumbussen auch gegangen.«

      Hann, der zu seinen Füßen saß, schluckte noch.

      »Wer is Kolumbus?«

      »Was? Du weißt das nicht? — Jung, das kommt von deine verfluchtige Ungebildheit — hm, ja.« —

      Oll Kusemann schob behaglich seinen Priem hin und her und schielte unternehmungslustig auf den ruhenden Bodden, über den die Dämmerung daherzog wie eine Schlachtreihe grauer Nebelgeister. —

      »Na also — Kolumbus, je — na, Kolumbus, was is er weiter gewesen, as so'n lütter spanischer Schiffsjung? — Aberst sein Vater, der hatte sich das in den Kopf gesetzt, er sollt' was entdecken, womöglich einen ganzen Weltteil, und, um ihm das anzugewöhnen, hat er ihn auch immer im Wasser untergetümpelt als Siebenbrod heut mittag dir — na, und sühst du, was hat der Jung getan? — Ausgerissen is er, mit noch paar andere solche Ströper und hat Amerika entdeckt! Wat sagst nu?«

      Hann vergaß eine kurze Zeit sein Unglück.

      »Woher weißt du das alles?« fragte er rasch, »bist du denn dabei gewesen?«

      Diese Frage reizte den Lotsen zu einer kräftigeren Leistung.

      »Je, erzählt ich dich das noch nie? — Ich bin es ja gewesen, der da so immer in dem Mastkorb schrie: »Land — Land!«

      »Dann hast du ja Amerika entdeckt?« echote der Kleine.

      Hann versäumte vor Bewunderung, den Mund zuzumachen.

      »Das hab' ich,« bestätigte oll Kusemann behaglich. — »Das kann mir keiner streitig machen. — Und hier« — dabei zog er eine ausländische Münze aus der Tasche — »kannst du noch die spanische Medaille sehen, die ich dafür bekommen hab. Kuck — hier.«

      Hann sah hin; dann begann er wieder zu heulen.

      »Was is?«

      »Prügel,« jammerte der Junge. Und nun teilte er dem neugierig aufhorchenden Lotsen das Begebnis auf der Wiese mit, und wie er in Gegenwart von Line so entwürdigend geschlagen worden sei.

      Der Lotse wurde ungeduldig. Der kleine Bursche amüsierte ihn heute nicht. Und oll Kusemann war mehr für einen Spaß zu haben. Am liebsten war es ihm, wenn man lauschend seinen Lügenphantasien folgte.

      »Hör eins« — mißbilligte er — »was is das mit der lütten Dirn? Den ganzen Tag steckst du mit ihr zusammen. Is sie deine Braut?«

      »Was, oll Kusemann?«

      »Ob sie deine Braut is?«

      Der Junge wurde dunkelrot. Er ahnte selbst nicht, warum. Am ehesten hielt er diese Frage für eine neue Entwürdigung.

      »Na, ich mein, — na, wie soll ich dich das klarmachen? — Küßt du ihr denn? — Und faßt du ihr manchmal liebreich um? Und wenn sie eins 'n Schnupftuch verliert oder 'ne Schleife, steckst du das zu dich und hast dir damit?«

      Hann hörte furchtsam zu. All das, was der alte Lügenlotse jetzt anführte, flößte ihm eine ungeheure Furcht ein. Das Schnupftuch, die Schleife, das Umfassen, alles. Eine ängstliche Neugierde erfaßte ihn.

      Hastig schüttelte er seinen plumpen Kopf.

      »Na, dann will ich dir was sagen,« ermahnte der Alte, »wenn du das Ding so gern leiden magst, dann mußt du fix machen — denn später« — er schüttelte bedenklich das Haupt — »sie is 'ne kleine Hex, wer weiß, was später mit ihr los is — ob sie dich dann noch will? Verstehst du auch, du lütter Dämlak, was ich mein?«

      »Ne, oll Kusemann, ich versteh' dich nicht.«

      »Na, dann paß auf, der Umgang zwischen Männliche und Weibliche is nämlich sehr schnurrig — hör zu, ich will dich das erklären: Siehst du, da gibt es nämlich Männers, die von allen, aberst ich sag' dir, auch von allen Weibers geliebt werden, und die dabei gegen Damens sehr stolz sind. — So einer bin zum Beispiel ich. Ich weiß auch nicht, wie es kommt. Aber es is so!

      »Ein alter Professor drin aus der Stadt sagte mich mal, es liegt an dem Geruch. — Wie gesagt, ich hab' da noch nich drauf geacht.

      »Und zum zweiten gibt es Männers, die nu wieder ihreseits gegen die Weiber 'ne große Liebe und Andacht haben und sehr demütig gegen ihr sind. — Sieh, zu dieser zweiten Sorte wirst du woll gehören, wenn es mal so weit sein wird. Und deshalb müssen diese zweiten Schafsköpp' sich recht frühzeitig verloben und verfreien, damit ihnen die Herzallerliebsten noch in der Dummheit zulaufen. Denn später pfeifen die Frauenzimmers auf die Demütigkeit und halten das für Langweiligkeit und machen denn ganz verfluchte Chosen. — Verstehst du mir?«

      Hann starrte ihn an und hielt sich krampfhaft an der auf- und niederknarrenden Brettertür fest. Zum Umsinken müde war er, und doch hätte er gern noch mehr gehört, denn das kleinste Wort kam ihm geheimnisvoll vor, weil Line damit irgendwie in Verbindung zu stehen schien. Es wurde ihm ganz kalt vor Furcht.

      »Was nu aber deine Brautschaft anbetrifft« — wollte der Lotse seinen Spaß fortsetzen, — da wurden auf der steinernen Mole kurze Tritte laut, wie wenn leichte Holzpantöffelchen darüber klapperten, und aus den Wassernebeln, СКАЧАТЬ