Название: Die erste Umsegelung Asiens und Europas
Автор: Adolf Erik Nordenskiold
Издательство: Bookwire
Жанр: Путеводители
Серия: Edition Erdmann
isbn: 9783843803083
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Anfangs herrschte vollständige Eintracht zwischen unseren russischen und samojedischen Wirten; am nächsten Tag aber war ein ernster Streit im Anzug, weil die Ersteren einen von uns einluden, mit einem in der Nähe einer russischen Hütte stehenden Rentiergespann zu fahren. Die Samojeden wurden hierdurch sehr beleidigt, gaben aber, soweit sich dies mit Zeichen tun ließ, zu erkennen, dass sie selbst auch gern fahren würden, wenn wir es wünschten; und dass es ihnen mit ihrer Erklärung ernst war, zeigten sie dadurch, dass sie dann und wann den Streit abbrachen und mit ihren Rentiergespannen eine sausende Fahrt zwischen den Zelten unternahmen. Die Schlitten der Samojeden sind sowohl für die Winterfahrt auf dem Schnee wie für die Sommerfahrt auf dem Moosbett der Tundra und den wassergetränkten Mooren berechnet.
Bei den Zelten wimmelte es von kleinen schwarzen und weißen langhaarigen Hunden mit spitzer Schnauze und spitzen Ohren. Sie werden ausschließlich zum Hüten der Rentierherden gebraucht. An einigen Stellen der Küste benutzt man sie auch als Zugtiere.
Da ich wusste, dass die Samojeden auf ihren Wanderungen immer Götzenbilder mit sich schleppen, so fragte ich, ob sie mir nicht einige derselben verkaufen könnten. Anfangs antworteten sie ausweichend. Es lag zutage, dass teils ihr Aberglaube sie abhielt, auf mein Verlangen einzugehen, und teils auch, dass sie sich vor den Westeuropäern der Beschaffenheit ihrer Götzenbilder ein wenig schämten. Der Metallglanz einiger Rubelstücke, welche ich mir in Stockholm eingewechselt hatte, veranlasste jedoch schließlich eine alte Frau, alle Bedenklichkeit beiseitezusetzen. Sie ging nach einem der beladenen Schlitten hin, welche sie als Magazine zu benutzen scheinen, und suchte lange, bis sie endlich einen alten, unbrauchbaren Lederstiefel in die Hände bekam; aus diesem zog sie einen hübschen Lederstrumpf hervor, aus welchem schließlich vier Götzenbilder zum Vorschein kamen. Nach weiteren Unterhandlungen erstand ich dieselben für einen ganz ansehnlichen Preis. In dem hier vorliegenden Fall wurde der Handel durch den Umstand erleichtert, dass die alte Hexe Anna Petrowna, welche ihre Götzen verkaufte, als Christin getauft war, welcher Umstand natürlich von mir genutzt wurde, die Eigentümerin an das Unrecht zu erinnern, das sie begehe, wenn sie als Christin noch fortfahre, solche Teufeleien wie ihre »Bolvane« (Götzenbilder) zu verehren, und indem ich ihr die Notwendigkeit vorstellte, dieselben schleunigst loszuwerden. Aber meine zu gleicher Zeit sophistischen und egoistischen Behauptungen wurden von den Umstehenden, sowohl Russen wie Samojeden, missbilligt, indem sie erklärten, dass im Ganzen genommen kein besonderer Unterschied zwischen den Bolvanen der Samojeden und den Heiligenbildern der Christen existiere. Es wollte sogar scheinen, dass die Russen selbst diese Bolvane als Repräsentanten einer Art Heiliger der Samojeden in der anderen Welt ansähen.
Nachdem indessen der Götzenhandel, obwohl nicht zu meiner Zufriedenheit, weil ich für mein Geld zu wenig erhalten zu haben glaubte, zum Abschluss gebracht worden war, wurden wir ebenso wie im Jahr 1875 von einem der Russen eingeladen, in seiner Hütte Tee zu trinken. Diese bestand aus einem Hausflur und einem ungefähr vier Meter im Quadrat messenden, kaum zweieinhalb Meter hohen Zimmer. Die eine Ecke nahm ein großer Feuerherd ein; zur Seite desselben befand sich die sehr niedrige Tür und dieser gegenüber eine Fensterluke, unter welcher einige Kisten aufgestellt waren, die bei dieser Gelegenheit als Teetisch benutzt wurden. Längs der beiden übrigen Seiten des Zimmers waren an der Wand befestigte Bettstellen aus Brettern, mit Rentierfellen bedeckt. Die Fensterluke schien früher mit Glasscheiben versehen gewesen zu sein, von diesen waren aber jetzt die meisten zerschlagen und durch Bretter ersetzt worden, und man kann sich wohl kaum wundern, wenn Glas hier ein selten gesehener Luxusartikel ist.
Sobald wir in die Hütte eingetreten waren, nahmen die Vorbereitungen zu der Teegesellschaft ihren Anfang. Zucker, Brezeln, Teetassen mit Untertassen und eine Branntweinflasche wurden aus einem gewöhnlichen russischen Reisekoffer hervorgenommen. Feuer wurde gemacht, Wasser gekocht und Tee in der gewöhnlichen Weise bereitet, wobei sich eine dicke schwarze Rauchwolke in dem oberen Teil des niedrigen Zimmers ausbreitete, welches während dieser Zeit sich dicht mit einer Menge Neugieriger gefüllt hatte. Bis auf diese kleineren Unannehmlichkeiten verlief das Fest sehr angenehm unter fortwährendem Gespräch, das mit großer Lebhaftigkeit geführt wurde, obgleich der Wirt und die meisten seiner Gäste sich nur mit Schwierigkeit einander verständlich machen konnten.
Von hier begaben wir uns nach den Lederzelten der Samojeden, welche abseits der von den Russen bewohnten Holzhütten lagen. Auch hier wurden wir freundlich empfangen. Verschiedene der Zeltbewohner waren jetzt mit etwas größerer Sorgfalt in eine Tracht aus Rentierfellen gekleidet, etwa wie die Lappländer. Die Feiertagstracht der Frauen war besonders kleidsam. Dieselbe besteht aus einem ziemlich langen, am Leib eng anschließenden Kleid aus Rentierhaut, welche so dünn ist, dass sie von der Mitte an in hübschen, regelmäßigen Falten herabfällt. Der Rock ist mit zwei oder drei ungleichfarbigen Volants oder Fransen von Hundefell versehen, zwischen welchen Borten von grellfarbigen Zeugstücken aufgenäht sind. Die Fußbekleidung besteht aus hohen, hübsch und geschmackvoll eingefassten Rentierfellstiefeln. Im Sommer geht man mit bloßem Kopf. Die Frauen haben dann das schwarze struppige Haar nach hinten in zwei mit Riemen, bunten Bändern und Perlen zusammengeflochtene Haarbüschel geteilt, welche auch noch da, wo das Haar aufhört, sich in einer künstlichen Verlängerung der Flechten fortsetzen.
Die jungen Frauen schmücken sich hier also wie überall anderswo nach bestem Vermögen; aber hübsch sind sie deshalb dennoch nicht in unseren Augen. Sie wetteifern mit den Männern im Schmutz. Gleich den Männern sind sie klein von Wuchs und haben schwarzes, grobes, dem Pferdehaar ähnliches Haar, eine gelbe, oft durch Schmutz verborgene Gesichtsfarbe, kleine, schielende, gewöhnlich triefende und entzündete Augen, eine platte Nase, breite hervorstehende Kinnbacken, dünne spindelartige Beine und kleine Füße und Hände.
Die Tracht der Männer, welche derjenigen der Lappländer gleicht, besteht aus einem weiten und langen Päsk, welcher um den Leib herum durch einen mit Knöpfen und Messingbeschlägen reich verzierten Gürtel zusammengehalten wird, an welchem das Messer hängt. Die Stiefel aus Rentierfell reichen gewöhnlich bis über die Knie hinauf, und die Kopfbedeckung besteht aus einer eng ansitzenden, ebenfalls aus Rentierfell gefertigten Mütze.
Die Sommerzelte, die einzigen, die wir gesehen haben, sind konisch und mit einem Loch im Dach zum Ableiten des Rauchs versehen, der von dem in der Mitte auf dem Boden befindlichen Feuerplatz aufsteigt. Die Schlafplätze sind in vielen Zelten hinter einem Vorhang aus Baumwollzeug verborgen.
Von den Polarvölkern, mit denen ich Bekanntschaft gemacht habe, stehen die skandinavischen Lappländer ohne Zweifel am höchsten, und nach diesen kommen die Eskimos im dänischen Grönland. Beide sind christliche und des Lesens kundige Völker, welche gelernt haben, eine Menge Erzeugnisse auf dem Gebiet des Ackerbaus, des Handels und der heutigen Industrie anzuwenden. Sie sind auch jetzt noch Nomaden und Jäger, können aber nicht länger Wilde genannt werden, und der gebildete Europäer, welcher eine längere Zeit unter СКАЧАТЬ