Название: Seewölfe - Piraten der Weltmeere 35
Автор: John Curtis
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
isbn: 9783954392926
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Aber irgend etwas mußte geschehen, darüber war Valdez sich im klaren, und darüber hatte er den ganzen Tag schon nachgegrübelt. Sie mußten auf jeden Fall von dieser Insel wieder fort. Es konnte Jahre dauern, bis sich mal wieder ein Schiff hierher verirrte. Angenommen, die Piraten besetzten die Karavelle. Im offenen Kampf, das war ihm ebenfalls klar, konnte er das vor Anker liegende Schiff, auf dem im Moment immer noch einsam und verlassen der Generalkapitän Don Francisco Rodriguez hauste, nicht erobern. Er und seine Männer brauchten das Schiff jedoch, wenn sie überhaupt eine Chance haben wollten, Spanien jemals wiederzusehen.
Außerdem gab es da noch einen weiteren Punkt, der Valdez erhebliche Kopfschmerzen bereitete. Früher oder später würden ihn die anderen – unter der Führung der Piraten – jagen und auch stellen, schon damit für alles, was noch geschehen würde, keine Zeugen mehr existierten. Ganz besonders diese Maria Juanita fürchtete er.
So hatte Valdez das einzige getan, was er unter diesen Umständen tun konnte: Er hatte seine Chance wahrgenommen.
Während die Piraten mit Juanita und ihren Mädchen eine geradezu schamlose Orgie feierten, bei der es Vergewaltigungen vor aller Augen am laufenden Band gab, schlich er mit seinem Trupp von Männern an den Piraten vorbei zum Strand, vor dem die Karavelle lag. Ein Boot hatte er nicht, so mußten sie das letzte Stück eben schwimmen. Valdez und die Seinen hatten Glück, die Haie ließen sich in dieser Nacht nicht blikken.
Der Generalkapitän empfing Valdez und seine Männer mit Freuden. So wenig er sich früher jemals um den alten Haudegen gekümmert hatte, in der gegenwärtigen Situation war ihm ein solcher Mann hochwillkommen. Aus diesem Grund hatte er auch keinerlei Einwände, daß Valdez an Bord das Kommando übernahm – natürlich, ohne den Generalkapitän selbst mit irgendeiner Weisung zu behelligen.
Zu dem Zeitpunkt, als Juanita und Caligu miteinander berieten, wie sie die Karavelle noch im Laufe der Nacht in ihre Hand kriegen konnten, ohne daß es den anderen Spaniern auf der Insel auffallen würde, stand Valdez zusammen mit dem Generalkapitän auf dem Achterkastell des Schiffes.
„Bei Morgengrauen müssen wir die Anker lichten, Valdez“, sagte Don Rodriguez gerade und spürte Ärger in sich aufsteigen, als Valdez den Kopf schüttelte.
„Das können wir nicht, Senor“, erwiderte er ruhig. „Von meinen Männern ist keiner Seemann. Wir sind nicht imstande, dieses Schiff zu segeln. Wir brauchen wenigstens ein paar Leute von der alten Besatzung. Aber die werden wir nicht kriegen, denn die Piraten werden sich die Galeone selbst unter den Nagel reißen wollen.“
Der Generalkapitän sah Valdez an. Er zupfte an seinen kostbaren Kleidern aus Samt und Seide.
„Aber wenn das nicht geht, Valdez“, er schüttelte konsterniert den Kopf, „dann war die Besetzung der Karavelle doch völlig sinnlos. Was wollen Sie dann mit dem Schiff? Und wie wollen Sie ohne Besatzung je nach Spanien zurückkehren?“
Valdez trat an das Schanzkleid. Einen Moment starrte er in die dunklen Fluten, auf denen sich das Schiff langsam hob und senkte.
„Nein, Senor, es war nicht sinnlos, die Karavelle zu besetzen. Es gibt da eine Möglichkeit ...“
Er konnte seinen Satz nicht zu Ende sprechen, denn in diesem Moment enterte eine der Wachen zum Achterkastell auf.
„Senor – da drüben in der Bucht – ich glaube, die Piraten wollen jetzt unser Schiff kapern, wir ...“
Mit ein paar Schritten war Valdez an der achteren Reling des Achterkastells. Wortlos starrte er auf die Wasserfläche der Bucht hinaus. Und richtig, auch er erkannte das große Boot, das eben mit allerlei Gerät beladen wurde. Deutlich sahen sie die Männer im Schein der Feuer hin und her eilen und Waffen und Geräte an Bord des Bootes verstauen.
„Du hast recht, Alfredo“, sagte er nach einer Weile. „Ich glaube auch, daß sie es jetzt versuchen wollen. Ganz bestimmt rechnen sie nicht damit, daß wir bereits an Bord sind. Aber wir werden ihnen einen heißen Empfang bereiten, den sie nicht so schnell vergessen werden.“
Der Generalkapitän trat auf Valdez zu.
„Was haben Sie vor, Valdez? Nein, das können wir nicht riskieren, uns mit diesen Piraten anzulegen. Die hängen einen nach dem anderen von uns an die Rahnock, wenn wir unterliegen. Es ist besser, wenn ich jetzt wieder das Kommando an Bord und die volle Verantwortung für das übernehme, was geschieht.“
Valdez trat hart an den Generalkapitän heran.
„Aufknüpfen werden sie uns sowieso, ganz gleich, ob wir unterliegen oder kapitulieren. Nein, das alles ist kein Ausweg für uns. Deshalb trete ich Ihnen das Kommando auch nicht wieder ab. Ich fühle mich für meine Männer verantwortlich. Wir werden kämpfen, Senor.“
Valdez versammelte sein Häuflein von Soldaten um sich und erklärte ihnen, was er vorhatte.
Die Männer überlegten einen Augenblick, aber dann stimmten sie zu.
„Valdez hat recht. Wir müssen den Kerlen einen heißen Empfang bereiten, nur dann, wenn wir sie jetzt zurückschlagen, haben wir eine Chance.“
Don Rodriguez hatte aber immer noch nicht begriffen.
„Und dann, wenn wir sie wirklich abgeschlagen haben? Sie werden einen zweiten Angriff versuchen, dann werden wir die Verlierer sein. Und überhaupt, was nutzt es uns denn, wenn wir erreichen, daß sie unser Schiff nicht entern? Wie sollen wir dann nach Spanien segeln? Sie haben doch selbst gesagt, Valdez, daß ...“
Valdez verlor die Geduld. Er wunderte sich jetzt nicht mehr, daß die Spanier solche Schlappen gegen El Draque und den legendären Seewolf einstekken mußten, wenn solche Trottel zu Generalkapitänen ernannt wurden, die derartig begriffsstutzig waren.
„Warten Sie es ab, Senor. Ich versichere Ihnen, daß ich genau weiß, wie ich erreichen werde, was ich erreichen will. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, wir müssen unsere Vorbereitungen treffen.“
Valdez verließ das Achterkastell und eilte mit seinen Männern über das Deck. Wenige Augenblicke später herrschte an Bord der ehemaligen „Isabella IV. – ex Cartagena“ geschäftiges Treiben. Aber die Männer vermieden jedes laute Kommando, kein offenes Licht wurde an Deck gezeigt.
Für Caligu und seine Piraten erweckte die Karavelle den Anschein, als ob sie nach wie vor völlig verlassen daläge.
Als das Boot vom Strand abstieß, saß Caligu wieder am Ruder. Neben ihm Maria Juanita, die wie versessen darauf gewesen war, mit von der Partie zu sein. Auch sie hielt ein langes Entermesser in der Hand.
Das Boot stieß ab, die Piraten tauchten die Riemen ein. Caligu hatte seine besten Männer ausgewählt – und er konnte eigentlich gar nicht sagen, warum. Er rechnete mit keinem Widerstand, dennoch warnte ihn sein Instinkt immer wieder. Irgend etwas mit dem Schiff da draußen auf der anderen Seite der Bucht stimmte nicht.
Juanita sah, wie er in die Dunkelheit lauschte, während die Piraten die umwickelten Riemen nahezu geräuschlos ins Wasser tauchten – eine Maßnahme, über die sie gemurrt und gelästert hatten, aber Caligu war unerbittlich geblieben.
„Du siehst Gespenster, Caligu“, sagte Juanita, „Auf diesem Kahn hockt nur der feiste Generalkapitän, und der ist nun wirklich nicht zum Fürchten.“ Sie stieß ein gurrendes Lachen aus. „Also, wenn ich mir wieder vorstelle, wie er mich oder eine von uns ...“ Sie schüttelte sich vor Lachen.
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