Gesammelte Werke. Джек Лондон
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Джек Лондон

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788026884484

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СКАЧАТЬ er eine Minute später träumerisch.

      Martin nahm ein Bad, und als er fertig war, merkte er, daß sein Chef verschwunden war. Vermutlich war er fortgegangen, um ein Glas Bier zu trinken, aber es war zu weit nach dem Dorfe, als daß Martin Lust gehabt hätte, sich davon zu überzeugen. Er hatte die Schuhe ausgezogen, lag auf dem Bett und versuchte nachzudenken. Nach einem Buche griff er nicht. Er war zu müde, um sich schläfrig zu fühlen, und blieb gedankenlos und halb betäubt vor Müdigkeit liegen, bis es Zeit war, Abendbrot zu essen. Joe erschien auch bei dieser Gelegenheit nicht, und als der Gärtner bemerkte, daß er wahrscheinlich die Fenster in der Bar einschlüge, wußte Martin Bescheid. Nach dem Abendessen ging er zu Bett, und am nächsten Morgen fühlte er sich herrlich ausgeruht. Joe war immer noch fort, und Martin erwischte eine Sonntagszeitung und legte sich in einen schattigen Winkel unter Bäumen. Der Vormittag verging, er wußte nicht wie. Er schlief nicht, niemand störte ihn, und er wurde nicht fertig mit der Zeitung. Nach dem Mittagessen nahm er sie wieder vor und schlief über ihr ein.

      So verging der Sonntag, und am Montagmorgen hatte er alle Hände voll zu tun, um Wäsche zu sortieren, während Joe, ein Handtuch straff um den Kopf gebunden, stöhnte, mit den schrecklichsten Flüchen auf die Waschmaschine losfuhr und Seifenlösung mischte. »Ich kann nichts dafür«, erklärte er. »Wenn Sonnabend abend kommt, muß ich trinken.«

      Eine zweite Woche verging, und jeden Abend wurde derselbe verzweifelte Kampf unter den elektrischen Lampen fortgesetzt und erreichte seinen Höhepunkt am Sonnabend nachmittag um drei, wenn Joe wieder seinen kläglichen Triumph genoß und dann ins Dorf schlenderte, um Vergessen zu suchen. Martins Sonntag verging ganz wie der vorige. Er schlief im Schatten der Bäume, arbeitete sich planlos durch die Zeitung hindurch und verbrachte viele Stunden damit, auf dem Rücken zu liegen, nichts zu tun und nichts zu denken. Er war zu schlaff, um zu denken, wenn er auch unzufrieden mit sich war. Er verabscheute sich, als ob er degradiert worden oder unsagbar faul wäre. Jeder göttliche Funke in ihm war erloschen, jede Spur von Ehrgeiz verschwunden, er hatte nicht Lebenskraft genug, um sich noch von ihnen anspornen zu lassen. Er war tot. Seine Seele schien tot. Er war ein Tier, ein Arbeitstier. Er sah nicht die Schönheit des Sonnenscheins, der durch die grünen Blätter schimmerte, die blaue Himmelswölbung plauderte ihm nicht wie in alten Tagen von der Größe und den Geheimnissen des Weltalls, die zitternd auf ihre Offenbarung warteten. Das Leben war unerträglich, langweilig und dumm, und er hatte einen schlechten Geschmack im Munde. Er beneidete Joe, der im Dorf war, lärmte, weinerlich über sentimentale Dinge frohlockte, fanatisch und herrlich betrunken war und nicht an den Montagmorgen und die abstumpfende Plackerei der kommenden Woche dachte.

      Eine dritte Woche verging, aber dieses Leben ekelte Martin an. Ein Gefühl, kläglich gescheitert zu sein, drückte ihn nieder. Die Redakteure wußten, warum sie seine Erzählungen zurückgeschickt hatten. Das sah er jetzt klar, und er lachte über sich und die Träume, die er geträumt hatte. Ruth schickte ihm die »Seelyrik« durch die Post zurück. Er las ihren Brief ohne Gemütsbewegung. Sie tat ihr Bestes, um ihm zu sagen, wie die Gedichte ihr gefallen hätten, und daß sie schön seien. Aber sie konnte nicht lügen, und sie konnte sich selbst nicht die Wahrheit verheimlichen. Sie wußte, daß die Gedichte mißglückt waren, und er las ihre Mißbilligung aus jeder Zeile des Briefes heraus, der so offenbar von Pflichtgefühl und nicht von Begeisterung diktiert war. Und sie hatte recht. Davon war er selbst vollkommen überzeugt, als er die Gedichte las. Schönheit und Wunder waren von ihnen gewichen, und als er sie gelesen hatte, ertappte er sich bei der Frage, was er wohl gedacht haben mochte, als er sie schrieb. Seine kühnen Sätze wirkten direkt komisch auf ihn. Seine sorgsam gewählten Ausdrücke waren reine Ungeheuer, und das Ganze war sinnlos, unwirklich, unmöglich. Er würde »Seelyrik« sofort verbrannt haben, hätte er Energie genug besessen, ein Feuer anzumachen. Der Maschinenraum war ja da, aber es war eine Anstrengung und nicht der Mühe wert, das Manuskript bis zum Ofen zu tragen. Seine ganze Energie wurde verbraucht, um anderer Leute Wäsche zu waschen. Für sich persönlich behielt er keine übrig.

      Er beschloß, sich am nächsten Sonntag zusammenzunehmen und Ruths Brief zu beantworten. Als aber der Sonnabendnachmittag kam und er mit der Arbeit fertig war und gebadet hatte, überwältigte ihn der Wunsch, zu vergessen. »Ich glaube, ich gehe ins Dorf und sehe, was Joe macht«, sagte er bei sich und wußte im selben Augenblick, daß er log. Aber er hatte keine Zeit, über die Lüge nachzudenken. Hätte er Energie genug gehabt, so hätte er sich geweigert, über die Lüge nachzudenken, weil er vergessen wollte. Er ging ins Dorf, langsam, und als ob er keinen festen Plan hätte. Als er aber in die Nähe des Wirtshauses kam, beschleunigte er unwillkürlich seinen Gang.

      »Ich glaubte, du säßest auf dem Wasserwagen«, lautete Joes Gruß.

      Martin geruhte nicht, sich zu entschuldigen, sondern rief nach Whisky und füllte sich sein Glas bis zum Rande, ehe er die Flasche weitergehen ließ.

      »Mach' mal ein bißchen Dampf dahinter«, sagte er rauh.

      Der andere spielte mit der Flasche, und Martin, der nicht auf ihn warten wollte, leerte das Glas auf einen Zug und füllte es wieder.

      »Jetzt kann ich auch auf dich warten«, sagte er grimmig. »Aber beeil' dich ein bißchen.«

      Joe beeilte sich, und sie tranken miteinander.

      »Die Arbeit ist schuld daran, was?« fragte Joe.

      Aber Martin wollte sich nicht auf eine Diskussion einlassen.

      »Ich weiß, es ist die reine Hölle,« fuhr der andere fort, »aber ich hätte doch lieber gesehen, wenn du nicht vom Wagen gestiegen wärst, Mart. Na ja, also Prost!«

      Martin trank zögernd und stieß seine Befehle und Einladungen mit einer Verbissenheit aus, die dem Kellner, einem weibischen jungen Bauernburschen mit wasserblauen Augen und gescheiteltem Haar, imponierte.

      »Es ist ein Skandal, wie die uns armen Teufel schinden lassen«, bemerkte Joe; »wenn ich nicht über die Stränge schlüge, würde ich losbrechen und die ganze Bude abbrennen. Ich sag' dir, dies ist meine einzige Rettung.«

      Aber Martin antwortete nicht. Noch ein paar Glas, und der Whisky begann die Würmer in seinem Hirn krabbeln zu lassen. Ja, das war Leben – der erste Hauch von Leben, den er seit drei Wochen spürte. Seine Träume erwachten wieder. Alles Wunderbare und Schöne wanderte wieder neben ihm, und er fühlte die Fähigkeit, Großes zu verrichten. Er versuchte es Joe zu erzählen, aber der hatte seine eigenen Visionen, unfehlbare Pläne, wie er der Sklaverei und der Wäscherei entrinnen und selbst Besitzer einer großen Dampfwäscherei werden wollte.

      »Ich sage dir, Mart, in meiner Wäscherei lasse ich keine Kinder schuften – nie im Leben. Und kein Mensch darf nach sechs Uhr arbeiten. Verstehst du? Ich will Maschinen und Leute genug haben, um die Arbeit in menschlicher Zeit zu schaffen, und, Mart, so wahr ich lebe: dich mache ich zum Aufseher über die ganze Geschichte – die ganze Geschichte. Hör' meinen Plan! Ich klettere auf den Wasserwagen und spare mein Geld zwei Jahre – verstanden, und dann – –«

      Aber Martin wandte sich ab und überließ es ihm, seine Pläne dem Kellner zu erzählen, bis dieser Ehrenmann fortgerufen wurde, um zwei Bauern zu bedienen, die Martin im Augenblick ihres Eintretens zu einem Glas eingeladen hatte. Martins Freigebigkeit war geradezu königlich, er lud alles ein – Tagelöhner, einen Stallknecht und den Gärtnergehilfen vom Hotel, den Kellner und den furchtsamen Vagabunden, der wie ein Schatten zur Tür hereingeglitten war und wie ein Schatten um das Ende der Bar herumhuschte.

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