Wegweiser durch das sächsisch-böhmische Erzgebirge. Berlet Bruno
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Название: Wegweiser durch das sächsisch-böhmische Erzgebirge

Автор: Berlet Bruno

Издательство: Bookwire

Жанр: Путеводители

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isbn: 4064066113964

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СКАЧАТЬ Musseline und Kattune und allerlei bunte Waaren. Fünfzig Jahre nach dem Betreten der neuen industriellen Bahn mögen in und um Chemnitz 2000 Handstühle in Thätigkeit gewesen sein. Die Strumpfwirkerei war in Chemnitz schon 1728 eingeführt worden; sie gewann aber erst grosse Bedeutung als es dem Kaufmann Esche in Limbach (1776) gelungen war, mit Hülfe zweier geschickten Arbeiter den von dem Engländer Lee erfundenen Strumpfwirkerstuhl nachzubauen.

      Auch die erzgebirgische Frauenindustrie erhielt im Laufe des 18. Jahrhunderts eine Zugabe. Die aus Bialystock gebürtige Clara Angermann, welche sich mit dem Förster Nollain in Eibenstock vermählte, hatte in einem polnischen Kloster das Tambouriren – das Sticken mit der Häkelnadel – gelernt und verpflanzte es (1775) nach Eibenstock.

      Rechnet man zu dem Allen, dass der Bergbau durch die 1765 in Freiberg errichtete Bergakademie zur Wissenschaft erhoben wurde und man nun im Stande war, in grösseren »Teufen« abzubauen und minder edle Erze zu verhütten, so wird man begreifen, dass schon im verflossenen Jahrhundert das Erzgebirge ein Hauptindustriegebiet für Sachsen, ja für ganz Deutschland wurde. Dabei ist jedoch anzuerkennen, dass die Grossindustrie erst seit Anwendung der Maschinen und der Einführung des fabrikmässigen kaufmännischen Betriebes entstanden ist. Der Gebrauch der Spinnmaschine (erfunden 1775 durch Richard Arkwright in England), die Anwendung des Jacquard- und des Kraft- oder mechanischen Webstuhles und die Benutzung des Rundstuhles (Strumpfstuhles) wirkten entscheidend. Wurde auch die Handspinnmaschine in die Rumpelkammer verwiesen, wurde auch das Webeschifflein der Hand des Arbeiters entzogen und der gewöhnliche Strumpfwirkerstuhl auf gewisse Arbeiten beschränkt, so wuchs die Production doch ungemein und wurden bei ihr überhaupt vielmehr Leute beschäftigt, denn früher.

      Auch bei der Klöppelei und Stickerei traten Maschinen auf; so dort die 1809 von Heathcoat in Nottingham erfundene und rasch vervollkommnete Bobbinetmaschine, welche einfache Spitzen sehr billig herstellt, und hier die von den Schweizern aufgebrachte Stickmaschine, welche 200–500 Nadeln durch einen Hebeldruck in Bewegung setzt und darum nicht zu verwickelte Garnituren um einen geringen Preis liefert. Beide Maschinen machten der Frauenarbeit gefährliche Concurrenz, drückten die Löhne herab und drohten, der weiblichen Hand, welche früher das Spinnrad und neuerdings durch die Strick- und Nähmaschine fast das Strick- und Nähzeug verloren hat, auch den Klöppel und die Sticknadel zu entwinden; aber durch den Uebergang zu künstlicheren Mustern und die Verbindung von Maschinen- und Handarbeit ist es ihr dennoch gelungen, sich neben und mit den Maschinen zu behaupten.

      13. Angabe der Industriebezirke. – Wie anderwärts, so hat sich auch im Erzgebirge fast jeder einzelne Industriezweig auf einem bestimmten Gebiete heimisch gemacht und wird da mit verwandten Beschäftigungen beinahe ausschliesslich betrieben. Je nach der Wichtigkeit des Gewerbes nimmt ein solches Gebiet mehrere Quadratmeilen ein, oder beschränkt sich auf einen kleineren, ja oft sehr kleinen Flächenraum. Die Holzschleifereien und Sägemühlen, die Baumwoll-, Woll- und Flachsspinnereien, kurz alle Fabriken, welche Wasserkraft benutzen, folgten erklärlicher Weise den Flussläufen und finden sich besonders in den Thälern der Sehma, der Zschopau, der Flöha, der Chemnitz, sowie der Zwota und Biela.

      

      Als die wichtigsten Industriebezirke haben wir zu nennen:

      a) den Metallbergbau-Bezirk. Man baut auf allerlei Metalle, besonders auf Zinn, Eisen und Silber. Für den Silberbergbau ist Freiberg und Umgegend massgebend; Zinn wird namentlich in Altenberg, Eisen um Schwarzenberg gegraben. Zur guten Verwerthung der geförderten Erze hat man mehrere Hüttenwerke angelegt, so: die Silber- oder Obermuldner Hütten bei Freiberg, die grossartigsten metallurgischen Anstalten des Erzgebirges; die Marienhütte in Zwickau, das bedeutendste Eisenwerk von Sachsen; Hohöfen – meist mit Giessereien, Hammer- und Walzwerken verbunden – in der Nähe von Döhlen und Kallich, sowie von Eibenstock und Schwarzenberg; die Zinnhütten im Marienberger und Altenberger Reviere; die Gifthütte bei Altenberg, die Saigerhütte zu Grünthal und die Blaufarbenwerke zu Oberschlema und Pfannenstiel.

      b) den Kohlenbergbau-Bezirk. Dieser umfasst das Erzgebirgische und Potschappler Kohlenbassin; für jenes ist Zwickau, für dieses Potschappel selbst Mittelpunkt. Die Kohlenförderung hat in neuester Zeit ungemein zugenommen; man kann rechnen, dass jährlich 40,000,000 Centner Steinkohlen ausgebracht werden, wovon ¾ auf Zwickau und Umgegend und ¼ auf den Plaueschen Grund entfallen. – In der Nähe der Kohlenwerke sind meist bedeutende Coaksbrennereien entstanden.

      c) den Waldbezirk. Hierzu gehören alle grösseren Waldungen des Erzgebirges, besonders die bedeutenden Forste um Auerbach und Schöneck, um Schwarzenberg und Crottendorf. Schon im Walde selbst sind viele Leute thätig, so: die Holzhauer, Köhler, Pechsieder und Russbrenner; noch mehr aber beschäftigen sich in dem Hause mit Verarbeitung des vom Walde gelieferten Holzes. In Lauter (bei Schwarzenberg) fertigt man Körbe (Spannkörbe) aus Fichtenholz, in Waldkirchen und Grünhainichen allerlei Haus- und Küchengeräth; Johanngeorgenstadt liefert feine Tischlerwaaren; Klingenthal sowie Markneukirchen musikalische Instrumente; in Rabenau betreibt man Stuhlbauerei und um Olbernhau und Seifen allgemein die Fabrikation von Spielwaaren.

      d) den Weberbezirk. Hauptort hierfür ist Chemnitz, doch hat sich die Weberei von da auch nach Glauchau, Meerane, Frankenberg, Ernstthal, Hohenstein und dem Mülsener Grund, sowie nordwärts selbst bis Lunzenau und Rochlitz verbreitet. Im Voigtlande herrscht die Weissbaumwollenweberei vor. – Die Weberei hat in den meisten Orten auch Färberei, Zeugdruck und Appretur hervorgerufen.

      e) den Strumpfwirkerbezirk, welcher seine Anhaltspunkte in Chemnitz, Limbach und Stollberg findet.

      f) den Posamentierbezirk mit den Ortschaften Annaberg, Buchholz, Schlettau, Scheibenberg, Geyer, Ehrenfriedersdorf und Wolkenstein.

      g) den Spitzenklöppeleibezirk, welcher von der Umgegend Marienbergs über Drehbach und Zwönitz bis Schneeberg und von da über Johanngeorgenstadt, Wiesenthal u. Kupferberg bis Reitzenhain und Pobershau sich erstreckt.

      h) den Näh- und Stickereibezirk, welcher einestheils an Eibenstock und anderntheils an Plauen sich anlehnt; und

      i) den Strohflechtebezirk, welcher die Gegend zwischen Altenberg, Dippoldiswalde und Lauenstein einnimmt.

      Ausserdem sind mehrere nur an einzelnen Orten auftretende Industriezweige namhaft zu machen. In Chemnitz blüht die erst 1826 eingerichtete Maschinenbauerei, so dass daselbst Locomotiven, Förderzeuge für Bergwerke, mechanische Webstühle, Pumpen und Feuerspritzen, Pflug-, Säe- und Dreschmaschinen und allerlei Werkzeuge, Bohr- und Hobelmaschinen gefertigt werden. – Kirchberg, Zschopau, Oederan, Hainichen haben Tuchfabrikation; Annaberg und Buchholz die Fabrikation von Krinolinen und Korsets; Buchholz, Freiberg und Chemnitz liefern Kartonagen; Johanngeorgenstadt und besonders Joachimsthal Handschuhe; in Karlsfeld werden Schwarzwälder Uhren, in Glashütte Taschenuhren gefertigt.

      Und damit ist die Angabe der kleinen Industriezweige noch nicht erschöpft: Freiberg liefert Leonische (Lyoner) d. h. unächte Gold- und Silbertressen, Wiesenthal Stecknadeln, Schönheide allerlei Arten von Bürsten; Lauter, Beierfeld, Bernsbach und Grünhain fertigen die verschiedensten Blechwaaren, besonders auch Blechlöffel; Zöblitz hat seine Serpentindrechselei und Bernsbach seine Feuerschwamm- und Bockau seine Medicinbereitung.

      14. Baudenkmäler. – Das Erzgebirge hat, als spät besiedelt, nicht viel Baudenkmäler aufzuweisen. Die schönste Gabe ist »die goldene Pforte« im Dome zu Freiberg, welche vielleicht das Höchste mit darstellt, was altdeutsche Kunst geschaffen hat. Sie gehört dem 13. Jahrhundert an und ist im romanischen oder Rundbogenstyle erbaut, СКАЧАТЬ