Lichtenstein. Wilhelm Hauff
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Название: Lichtenstein

Автор: Wilhelm Hauff

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066111069

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СКАЧАТЬ es vielleicht noch gar nicht? Der Krieg ist angekündigt, schon vor einer Stunde sind unsere Absageboten ausgeritten."

      "Ich weiß es", antwortete sein finsterer Gast.

      "Nun und hüpft Euch das Herz nicht freier? Habt Ihr auch gehört— nein, das könnt Ihr nicht wissen", fuhr Dietrich fort, indem er zutraulich näher zu ihm trat, "daß die Schweizer bereits abziehen?"

      "Wie, sie ziehen?" unterbrach ihn Georg. "Also hat der Krieg schon ein Ende?"

      "Das möchte ich nicht gerade behaupten", fuhr der Ratsschreiber bedenklich fort, "der Herzog von Württemberg ist noch ein junger, mutiger Herr und hat noch Ritter und Dienstleute genug. Zwar wird er wohl keine offene Feldschlacht mehr wagen, aber er hat feste Städte und Burgen. Da ist einmal der Hellenstein und darin Stephan von Lichow, ein Mann wie Eisen. Da ist Göppingen, das Philipp von Rechberg auch nicht auf den ersten Stückschuß ergeben wird. Da ist Schorndorf, Rothenberg und Asberg, da ist vor allem Tübingen, das er tüchtig befestigt hat. Es wird noch mancher ins Gras beißen, bis Ihr Eure Rosse im Neckar tränkt."

      "Nun, nun!" fuhr er fort, als er sah, daß seine Nachrichten die finstere Stirn seines schweigenden Gastes nicht aufheitern konnten. "Wenn Ihr diese kriegerischen Botschaften nicht freundlich aufnehmt, so schenkt Ihr vielleicht einem friedlicheren Auftrag ein geneigtes Ohr. Sagt einmal, habt Ihr nicht irgendwo eine Base?"

      "Base? Ja, warum fragt Ihr?"

      "Nun seht, jetzt erst verstehe ich die verwirrten Reden, die vorhin Berta vorbrachte. Als ich aus dem Rathaus kam, winkte sie mir hinauf und befahl mir, meinen Gast heute nachmittag in ihren Garten an der Donau zu führen. Marie habe Euch etwas sehr Wichtiges an Eure Base, die sie sehr gut kenne, aufzutragen. Ihr müßt mir schon den Gefallen tun, mitzugehen. Solche Geheimnisse und Aufträge sind zwar gewöhnlich nicht weit her, und ich wollte wetten, sie geben Euch ein Müsterlein für den Webstuhl oder eine Probe seiner Wolle, oder ein tiefes Geheimnis der Kochkunst, oder gar ein paar Körnlein von einer seltenen Blume mit, denn Marie ist eine große Gärtnerin—doch wenn Ihr gestern an dem Mädchen Gefallen gefunden habt, geht Ihr wohl gerne mit."

      Mitten in dem schmerzlichen Gedanken an die Scheidestunde mußte Georg über die List der Mädchen lachen. Freundlich bot er dem guten Boten die Hand und schickte sich an, ihn in den Garten zu begleiten.

      Dieser lag an der Donau, ungefähr zweitausend Schritte unter der Brücke. Er war nicht groß, zeugte aber von Sorgfalt und Fleiß. Die schönen Obstbäume waren zwar noch nicht belaubt, und die in wunderlichen Formen abgestochenen Beete hatten noch keine Blumen, aber ein langer Taxusgang, der an dem Ufer des Flusses sich hinzog und in einer geräumigen Laube endete, gab durch sein helles Grün einen lebhaften Anblick und hinlänglichen Schutz gegen die einem weißen Hals und schönen Armen so gefährlichen Strahlen der Märzsonne. Dort, auf dem breiten, bequemen Steinsitz, wo die Lücken der Laube eine freie Aussicht die Donau hinauf und hinab gewährten, hatten die Mädchen unter mancherlei Gesprächen der jungen Männer geharrt.

      Marie saß traurig in sich gekehrt. Sie hatte den schönen Arm auf eine Lücke der Laube aufgestützt und das von Gram und Tränen müde Köpfchen in die Hand gelegt. Ihr dunkles, glänzendes Haar hob die Blässe ihres Teints um so mehr heraus, als stiller Kummer ihre Wangen gebleicht, und schlaflose Nächte dem lieblichen blauen Auge seinen sonst so überraschenden Glanz geraubt und ihm einen matteren, vielleicht nur um so anziehenderen Schimmer von Melancholie gegeben hatten. Das vollendete Bild fröhlichen Lebens, saß die frische, runde, rosige Berta neben ihr. Wie ihre gelblichen Locken mit Mariens dunkeln Haaren, ihr rundes, frisches Gesichtchen mit den ovalen, schärferen Formen ihrer Base, wie ihre freundlichen, beweglichen, hellbraunen Augen in auffallendem Kontrast standen mit dem sinnenden, geistvollen Blick Mariens, so wurde auch jede ihrer raschen lebhaften Bewegungen zum Gegensatz gegen jene stille Trauer.

      Berta schien ihre rosigste Laune hervorgeholt zu haben, um ihre Base zu trösten, oder doch ihren großen Schmerz zu zerstreuen. Sie erzählte und schwatzte, sie lachte und ahmte die Gebärde und Sprache vieler Leute nach, sie versuchte alle jene tausend kleinen Künste, womit die Natur ihre fröhliche Tochter ausstattete. Aber wir glauben, daß sie wenig ausrichtete, denn nur hie und da glitt ein wehmütiges, schnell verschwebendes Lächeln über Mariens feine Züge hin.

      Endlich ging die Gartenpforte auf. Männertritte tönten den Gang herauf und die Mädchen standen auf, die Erwarteten zu empfangen.

      "Herr von Sturmfeder", begann Berta nach den ersten Begrüßungen, "verzeiht doch, daß ich es wagte, Euch in meines Vaters Garten einzuladen. Aber meine Base Marie wünscht, Euch Aufträge an eine Freundin zu geben.—Nun, und daß wir andern nicht zu kurz kommen", setzte sie zu Herrn Kraft gewandt hinzu, "so wollen wir eins plaudern und den Abendtanz von gestern mustern." Damit ergriff sie ihres Vetters Hand und zog ihn mit sich den Gang hinab.

      Georg hatte sich zu Marie auf die Bank gesetzt. Sie lehnte sich an seine Brust und weinte heftig. Die süßesten Worte, die er ihr zuflüsterte, vermochten nicht, ihre Tränen zu stillen "Marie", sagte er, "Du warst ja sonst so stark, wie kannst Du nun gerade jetzt allen Glauben an ein besseres Geschick, alle Hoffnung aufgeben?"

      "Hoffnung?" fragte sie wehmütig, "mit unserer Hoffnung, mit unserem

       Glück ist es für ewig aus."

      "Sieh", antwortete Georg, "eben dies kann ich nicht glauben, ich trage die Gewißheit unserer Liebe in mir so innig, so tief, und ich sollte jemals glauben, daß sie untergehen könne?"

      "Du hoffst noch? So höre mich ganz an. Ich muß Dir ein tiefes Geheimnis sagen, an dem das Leben meines Vaters hängt. Mein Vater ist so sehr ein bitterer Feind des Bundes, als er ein Freund des Herzogs ist. Er ist nicht nur deswegen hier, um sein Kind abzuholen. Nein, er sucht die Pläne des Bundes zu erforschen und mit Geld und Rede zu verwirren. Und glaubst Du, ein so bitterer Gegner des Bundes werde seine einzige Tochter einem Jüngling geben, der durch unser Verderben sich emporzuschwingen sucht? Einem, der sich an Menschen anschließt, die kein Recht, sondern nur Raub suchen?"

      "Dein Eifer führt Dich zu weit, Marie", unterbrach sie der Jüngling,

       "Du mußt wissen, daß mancher Ehrenmann in diesem Heer dient!"

      "Und wenn dies wäre", fuhr jene eifrig fort, "so sind sie betrogen und verführt, wie auch Du betrogen bist."

      "Wer sagt Dir dies so gewiß?" entgegnete Georg, welcher errötete, die Partei, die er ergriffen, von einem Mädchen so erniedrigt zu sehen, obgleich er ahnte, daß sie so unrecht nicht habe. "Wer sagt Dir dies so gewiß? Kann nicht Dein Vater auch verblendet und betrogen sein? Wie mag er nur mit so vielem Eifer die Sache dieses stolzen, herrschsüchtigen Mannes führen, der seine Edlen ermordet, der seine Bürger in den Staub tritt, der an seiner Tafel das Mark des Landes verpraßt und seine Bauern verschmachten läßt?"

      "Ja, so schildern ihn seine Feinde", antwortete Marie, "so spricht man von ihm in diesem Heer; aber frage dort unten an den Ufern des Neckars, ob sie ihren angestammten Fürsten nicht lieben, wenn gleich seine Hand zuweilen schwer auf ihnen ruht. Frage jene Männer, die mit ihm ausgezogen sind, ob sie nicht freudig ihr Blut für den Enkel Eberhards geben, ehe sie diesem stolzen Herzog von Bayern, diesen räuberischen Edlen, diesen Städtern ihr Land abtreten."

      Georg schwieg eine Zeitlang nachdenklich. "Aber wie entschuldigen denn diese warmen Verteidiger den Mord des Hutten?" fragte er.

      "Ihr sprecht immer von Eurer Ehre", antwortete Marie, "und wollt nicht leiden, daß ein Herzog seine Ehre verteidige? Hutten ist nicht meuchelmörderisch gefallen, wie seine Anhänger in alle Welt ausgeschrieen haben, sondern im ehrlichen Kampf, worin der Herzog selbst sein Leben einsetzte. Ich will nicht alles verteidigen, was er tat. Aber man soll nur auch bedenken daß ein СКАЧАТЬ