Die Bekanntschaft auf der Reise. Charlotte von Ahlefeld
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Название: Die Bekanntschaft auf der Reise

Автор: Charlotte von Ahlefeld

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 4064066114848

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СКАЧАТЬ — verlohr ich Vergangenheit und Zukunft aus den Augen, — nur die Gegenwart fühlte ich, die wie ein Engel der Freude mir lächelte. Lorenz drückte mich an seine schlagende Brust, und der erste Kuß, den ich noch je von einem Manne, außer meinem Vater empfing, verschloß meine brennenden, schweigenden Lippen, die sich vergeblich zu reden bemühten.

      Mir war höchst sonderbar. Wir hatten so wenig zusammen gesprochen, und dennoch war ohne Worte eine Vertraulichkeit unter uns entstanden, in der ich zwar nichts strafbares fand, die mich aber doch erröthen machte, da ich mir nicht erklären konnte, wie es zugegangen war. — Ich werde Dich nun öfter sehn, Justine! sagte Lorenz, aber so sehr ich auch dieß wünsche, so gefällt mir doch die Art und Weise nicht, wie es geschehen soll. Weißt Du, daß Dich die gnädige Frau als Kammerjungfer zu sich nehmen will?

      Mich? rief ich voll Erstaunen. Sie hat mich ja heute zum erstenmahl gesehen. —

      Das thut nichts, antwortete Lorenz mit einem bittern Lächeln, dafür hat Dich der Kammerherr zweimahl gesehen, und mich dünkt, schon einmahl ist genug, um sich in Dich zu verlieben.

      Und wenn dieß auch wäre, versetzt' ich verlegen, so würde dieß doch gewiß kein Bewegungsgrund für die gnädige Frau seyn, mich in ihre Dienste zu nehmen.

      Du kennst die Welt noch nicht, gutes, unschuldiges Geschöpf! sagte Lorenz, aber in unserem Hause wirst Du sie kennen lernen, und wenn auch gleich von einer schlechten Seite, doch gewiß nicht zu Deinem Nachtheil. Denn das unverdorbene Herz, das Dir aus den Augen blickt, wird Dich die Künste der Verführung verachten lehren, und je mehr Du dort Gelegenheit hast, das Laster zu beobachten, je fester wirst Du Dich an die Tugend ketten. Selbst die schönen, entschuldigenden Namen, die man sogar den abscheulichsten Verbrechen giebt, werden Dich nicht blenden, und Beispiele, die andre unwiderstehlich mit sich dahin reißen, werden für Dein edles Gemüth nur Bilder der Warnung seyn. Es ist Sitte unter vielen vornehmen Leuten, die sich nicht aus Liebe, sondern aus Ehrgeiz, oder um des Geldes willen, geheirathet haben, sich gar nicht um einander bekümmern, und sich keineswegs zu stören, oder Zwang anzuthun, sie mögen nun etwas gutes oder etwas böses im Sinn haben. Auf einen solchen Fuß lebt der Kammerherr mit seiner Gemahlin. Sie hat immer ihren erklärten Liebhaber. Kömmt dieser, so ist der Herr so galant, ihm Platz zu machen; er verreiset — oder kommt ihm wenigstens nicht zur ungelegenen Zeit in den Weg. Dazu gehört nun freilich viel Gefälligkeit, denn die gnädige Frau ist sehr veränderlich, und wechselt fast mit jedem Mondenlicht ihre Anbeter. Aber dafür ist sie auch dankbar, und thut wieder alles mögliche, was sein Vergnügen vermehren kann. Mit ihrer Bewilligung hält er sich immer eine, oder auch mehrere Maitressen, und nicht selten führt sie selbst die armen Schlachtopfer seiner Wollust entgegen, die sein gieriges Auge sich ersehen hat. Sie lobt oder tadelt seinen Geschmack ganz unpartheiisch, und findet es höchst spaßhaft, daß sie meistens alle drei Vierteljahr genöthigt ist, eine andre Kammerjungfer zu nehmen. — Warum ist sie denn dazu genöthigt? fragt' ich mit aller der Unschuld meines damaligen Alters, die noch kein Blick in die verdorbenen Sitten der großen Welt entweiht hatte. Lorenz wurde roth — er schlug die Augen nieder, und besann sich. O wie verschönert Bescheidenheit den Mann wie das Weib! Diese Bemerkung macht' ich bald darauf, als der Sinn seiner vorigen Rede sich klärer mir entwickelte. Justine! sprach er verlegen — ich kann Dir nicht deutlich sagen, warum? Die Ausschweifungen des Kammerherrn — — denk Dir das übrige, und wenn Deine reine Seele keine so schmutzigen Vorstellungen zu fassen vermag, so begnüge Dich damit, mir zu glauben, daß der Kammerherr ein sehr schlechter, und für die meisten Deines Geschlechts gefährlicher Mann ist.

      Meine Wangen waren mit den seinigen erröthet; — ich suchte dem Gespräch eine andre Wendung zu geben. Ist's aber auch Recht, sagt' ich zu ihm, daß Er so freimüthig die Fehler Seines Herrn entschleiert? —

      Wenn ich es thue, versetzte er sanft und ernst, so geschieht es, weil die Wahrheit mir heilig ist, sie mag Tugenden oder Laster beleuchten, und weil ich es nicht einer bittern Erfahrung überlassen will, Dir den Abgrund zu zeigen, den Du kennen mußt, um ihn zu vermeiden. O Justine, fuhr er mit einem Seufzer fort, es ist hart — sehr hart für mich, einem Menschen dienen zu müssen, den ich verachte. Härter noch ist's von dem Verhängniß, daß es alle Macht, mich zu beglücken eben in die Hände legte, aus denen ich so ungern Wohlthaten empfange. Doch nein — ich übereilte mich. Ich that dem Schicksal Unrecht. — Mehr Macht, als ihm, gab es Dir im ersten Augenblick unserer Bekanntschaft, über das Wohl oder Wehe meiner Zukunft zu entscheiden. O laß mich hören, wie Du sie anwenden willst? —

      Er stand vor mir mit liebetrunknen, gerührten, strahlenden Blicken, und hielt meine bebenden Hände zwischen den seinen. Ich verstand seine Frage, denn das liebende Herz, das in seinen Augen sich mahlte, war für das meine kein Räthsel mehr — aber Schaam und Schüchternheit verschlossen meine Lippen, und so gingen einige Momente schweigend, aber unvergeßlich glücklich vorüber. Nun, Justine! sagt' er leiser, da ich nicht antwortete, willst Du mir kein Wort der Hoffnung sagen? — Du hast mich verstanden — ich seh es an Deinem Erröthen. Darf ich hoffen, wenn einst eine günstige Wendung meiner Lage mir ein ruhiges Plätzchen giebt, was uns beide ernähren kann — darf ich hoffen, daß Du es dann mit mir theilen wirst? —

      Die Offenheit seines Wesens, und die Zärtlichkeit, die in dem Tone seiner schönen, kraftvollen Stimme lag, lockte süße Thränen in mein Auge. Verstellung war mir fremd — und hätte ich sie auch gekannt — diese Minute war zu heilig, um hinter ihrem neblichten Schleier die mächtigen, großen Gefühle zu verbergen, die meine Seele auf den Schwingen der Liebe zu ihm erhob. Unwillkührlich breiteten sich statt einer Antwort meine Arme aus — ich fühlte sie innig von den seinigen umschlungen, und an seine Brust geschmiegt, meine heiße Wange bedeckt von seinen Küssen, wand die Umarmung mit der ich ihn an mich schloß, zum heiligen Schwure, der ihm Liebe und Treue gelobte.

      Wir kehrten endlich aus den höhern Regionen, in denen wir schwärmten, zur wirklichen Welt zurück — aber wie verändert schien mir diese seit dem seligen Augenblick, der unsre Herzen vereinigt hatte. In ungetrübter Klarheit, wie in einem Lichtmeer schwammen alle Gegenstände, die mich umgaben; Liebe und Hoffnung strahlten ihren goldenen Schimmer auf die Zukunft, die mir sonst nur in nächtliches Dunkel gehüllt, erschienen war.

      Aber Lorenz, sagt' ich endlich, und ohne zu wissen wie es zuging, verlohr sich das schüchterne Er, mit dem ich ihn zuerst angeredet hatte, in das vertrauliche, süße Du der hingebenden Liebe, — kannst Du mir wohl dazu rathen, daß ich einwilligen soll, wenn die gnädige Frau mir anträgt, ihr zu dienen? Nach der Schilderung, die Du mir von ihrem häuslichen Leben entworfen hast, schaudert mir vor dem Gedanken, mit hinein verwickelt zu werden. Ich bin zu einfach — krumme Wege kann ich nicht gehen, und wenn sie selbst zu Glanz und Reichthum führten. Auch ist mir es unmöglich, von außen kalt zu seyn, wenn in meinem Innern warme Empfindungen sich regen. Ich werde es verrathen, daß ich Dich liebe — ich werde den Kammerherrn mit Abscheu zurückweisen, wenn er es wagt, mir unanständige Anträge zu thun — — ich werde seiner Gemahlin nicht verhehlen können, daß ich ihre Gesinnungen und ihre Lebensart verachte — — mit einem Wort, ich tauge nicht unter Menschen, die ich nicht schätzen kann.

      Entzückt drückte Lorenz seine warmen Lippen auf meine Hand. O Justine! rief er aus, wenn Du wüßtest, wie sehr ich Dich liebte, Du müßtest mir für das hohe Vertrauen danken, daß ich in Deine Tugend setze, und mit dem ich Dich bitte, allen den Stürmen, die dir entgegen brausen werden, zum Trotz, dennoch nach Spillingen zu ziehn. Es ist das einzige Mittel, uns künftig sehen zu können, denn meine jetzige Lage erlaubt mir noch nicht, öffentlich um Dich zu werben. Mein Dienst ist streng, und verstattet mir nur höchst selten eine freie Stunde, und auch diese nicht, ohne daß meine übrigen Verhältnisse meinen Willen nicht auf's äußerste beschränkten. Wollte ich auch des Nachts zu Dir eilen, so könnte dieß nur mit der größten Behutsamkeit von Deiner und meiner Seite geschehen, und wenn irgend ein Lauscher es ahndete, so wär' es mit dem Verlust Deines guten, unbescholtenen Rufs verbunden, der mir noch theurer ist, als der meine. Der Kammerherr hat bisher meistens nur mit gemeindenkenden leichtsinnigen Dirnen zu СКАЧАТЬ