Gesammelte Werke. Robert Musil
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Robert Musil страница 114

Название: Gesammelte Werke

Автор: Robert Musil

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788026800347

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      Thomas: Eher, eher müßte man einen Bund aller ausgeschlossenen Menschen schließen, damit sie nicht so unterliegen. Sprich, Anselm! Finde ein ehrliches Wort!

      Anselm zu Maria: Ich bin bis zuletzt im Haus geblieben, weil ich an Sie geglaubt habe; ich töte mich, wenn Sie das Zimmer verlassen.

      Josef zu Thomas: Ich werde mein Haus reinhalten; tu in deinem, was du willst; meine Pflicht habe ich erfüllt. Er und Maria schicken sich zu gehen an.

      Anselm weist auf das Messer, das seit den Versuchen, die Lade zu sprengen, geöffnet am Schreibtisch liegt: Maria, kennen Sie dieses Messer? Ich nehme es, wenn Sie nicht mehr glauben können!

      Maria in der Türe: Ich glaube Ihnen nie mehr etwas; das Vertrauen ist verloren, Anselm. Sie wendet sich ah und folgt Josef ohne zurückzusehn.

      Anselm ruft ohnmächtig hinter ihr drein: Maria? … Maria!

      Dann greift er nach dem Messer und – man weiß nicht, was geschehen ist, so schnell spielt sich der Vorgang ab – stürzt zusammen. Thomas, der ihn schon während der ganzen Zeit scharf beobachtet hat, sieht ihn starr erstaunt an. Macht einige Schritte auf ihn zu und betrachtet ihn mit dem gleichen Staunen. Steht vor ihm scharf und gespannt, Regine ist auf der Erde hingerutscht, hat Anselms Arm gefaßt und die Hand mit ganzer Kraft gepreßt; erst nur mit den Händen, dann die Nägel einsetzend.

      Regine: Er kann sich so fest etwas einreden, daß er sich martern dafür läßt.

      Thomas: Ich sehe kein Blut; ich wette, er lügt jetzt noch.

      Regine: Er nimmt sich etwas vor und führt es durch, wenn er auch gar nicht mehr mag, bloß weil er nicht aus weiß.

      Sie hat fest und lang in Anselms Hand gebissen, der unwillkürlich sich ein Zeichen des Schmerzes entreißen läßt. Thomas stößt förmlich auf ihn nieder, kniet neben ihn, schüttelt ihn, preßt ihm schmerzhaft die Arme zusammen, reißt ihn an den Haaren.

      Thomas: Simulant! Schwindler! Unter der Haut bist du schöner als jeder, was?! Wenn du die Augen nicht aufmachst, zerstampfe ich dich! Ich reiße dir das Gesicht herunter!

      Regine: Tu ihm nichts! Er ist wehrlos!

      Thomas: Er verstellt sich ja nur.

      Regine: Laß ihn! Er ist gut –: hinter sich! Sie drängt Thomas weg und beißt wieder in Anselms Hand.

      Thomas drängt sich wieder hin: Bloß recht behalten möchte er noch. Du Beschädigter! Schäbiger mit dem Defekt! Der Gesundheit simulieren möchte!

      Anselm hat unter den Mißhandlungen die Augen aufgeschlagen.

      Thomas triumphierend: Hast du einmal die Wahrheit zugeben müssen!! Im nächsten Augenblick steht er aber, angewidert von sich selbst, auf. Qualm! Ist die Lampe zu hoch aufgeschraubt? Die Petroleumlampe, dachte ich, kann explodieren. Ah … – lacht – ich weiß, wir haben schon Elektrizität … einen Augenblick lang war mir, als lebte Mama noch und wir wären klein …

      Regine: Was wütest du gegen ihn! Er haßt dich nicht mehr als er jeden hassen muß, aber er liebt dich viel mehr.

      Thomas: Mich liebt er?! Hergekommen, um Maria zu entwenden!

      Regine: Dich liebt er wie einen Bruder, der stärker ist als er.

      Anselm hat sich mühsam aufgerichtet: Ich hasse dich. Wohin ich gehen wollte, immer warst du zuvor.

      Thomas den Satz ihm hinwerfend: Dir glaubt kein Mensch … Aber was habt ihr aus uns gemacht! Alle verachten euch, verfolgen euch, schließen euch aus!

      Regine: Über mich sind sie weggekrochen. Ich opferte mich, ließ mich beherrschen, spürte, wie ich allmählich wirklich so wurde, wie ich ihnen erschien, und – fühlte mich desto höher schweben; mit noch unsichtbaren Teilen, die auf Gefährten warteten. Sie steht auf. Nun stehe ich in Klarheit und alles ist erloschen. Ich bin heute ein vernünftiger Mensch geworden.

      Anselm zu Thomas: Du hast mich verfolgt, ob du da warst oder nicht. Wenn ein Mensch einen andren verleitet, ihm Böses zu tun, ist er schuld.

      Thomas: Das ist zwar natürlich wieder nur so gesagt, aber –

      Maria tritt ein, er bricht ab.

      Maria die bemerkt, daß etwas vorgefallen ist: Was ist? … Was war?

      Thomas: Er hat einen falschen Selbstmord versucht. Aber wahres Gefühl und falsches sind wohl am Ende beinahe das gleiche.

      Regine: Es gibt Menschen, die wahr sind hinter Lügen und unaufrichtig vor der Wahrheit.

      Thomas: Man findet einen Gefährten und es ist ein Betrüger! Man entlarvt einen Betrüger und es ist ein Gefährte!

      Maria: Ich verstehe kein Wort.

      Fräulein Mertens die man bisher nicht bemerkt hat: Ich bitte gehen zu dürfen. Ich vermag nicht mehr zu folgen. Ich vermag offenbar nicht, solche »vulkanische Menschen«, in denen »ein Rest von der Schöpfung her« noch nicht fest geworden ist, zu verstehn.

      Thomas: Sind auch Schwindel in dieser Zeit. Sie duldet nur kurze Gefühle, lange Nachdenklichkeiten.

      Maria: Ich verstehe kein Wort. Ihr habt euch versöhnt? Ich verzeihe es ihm nicht!

      Anselm: Ich habe schlecht von Ihnen gesprochen, um mein Gefühl vor fremder Berührung zu schützen!

      Thomas: Schweig, Anselm, du mußt zu Bett. Du mußt schlafen. Du mußt morgen früh fort. Ich möchte beinahe an deiner Statt dahingehen, eingewiegt von Planlosigkeit. Ihr habt ja recht. Man ist nie so sehr bei sich, als wenn man sich verliert.

      vorhang

      Dritter Aufzug

      Ein hallenartiger Mittelraum im ersten Stockwerk. Türen. Eine hölzerne Innentreppe führt hindurch. Seltsame Arabesken im Teppich. Hinten ein sehr großes Fenster mit Blick auf die Landschaft. Morgengrauen. Schwere, bequeme Holz-und Ledermöbel.

      Vom Charakter der Dinge gilt das gleiche wie im zweiten Akt; der Gesamtraum wirkt aber geschlossen, schrankinnerlich.

      Regine und Thomas in phantastischer Hauskleidung. Thomas steht von einer Lederbank im Hintergrund auf, reckt sich und kommt nach vorn, wo Regine kauert.

      Thomas: Ich schäme mich.

      Regine: Gar keinen Mann anschaun oder jeden ist das gleiche. Man kann sich ihnen ans Herz werfen, bloß weil man verrückt wird vom Fremdsein; vom Nichtverstehenkönnen wie man auch nur ihre Hand länger als nötig in der eigenen halten mag.

      Thomas: Ich habe, bevor ich für den Rest der Nacht hierher kam, noch einmal diese Notizen von dir oder Anselm über dich gelesen: ich schäme mich.

      Regine stimmt zu: Erkaltete Einbildungen. Widerwärtig nackt wie aus dem Nest gefallene Vögel. Trotzdem sie starr ins Licht blickt. Ich kann ja nicht ins Licht schaun, diesen zum Erbrechen schönen Morgen; wie ein verdorbener Weltmagen СКАЧАТЬ